Sowohl für Verteidiger als auch für Nebenklägervertreter kann die Frage entscheidend sein, wer bei einem minderjährigen Zeugen über die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts entscheidet, wenn einer der gesetzlichen Vertreter selbst Beschuldigter und der andere Geschädigter ist. Gilt § 52 Abs. 2 Satz 2 StPO entsprechend und es ist ein Ergänzungspfleger zu bestellen, oder kann der geschädigte Elternteil entscheiden? Die damit zusammenhängenden Fragen sind in der Literatur ziemlich umstritten. Mit der „quasi-familienrechtlichen“ Problematik setzt sich nun der OLG Karlsruhe, Beschl. v. 26.03.2012 – 2 WF 42/12 – auseinander. Das OLG lehnt eine analoge Anwendung des § 52 Abs. 2 Satz 2 StPO ab:
„Über die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts kann der gesetzliche Vertreter eines minderjährigen Zeugen gemäß § 52 Abs. 2 Satz 2 StPO nur dann nicht entscheiden, wenn er selbst – oder im Falle der gemeinsamen Vertretung durch beide Eltern der andere Elternteil – Beschuldigter des Ermittlungs- oder Strafverfahrens ist. Die Regelung in § 52 Abs. 2 Satz 2 StPO ist nicht analog auf den Fall anzuwenden, in denen der gesetzliche Vertreter nicht Beschuldigter in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ist, sondern Geschädigter der fraglichen Straftat.“