Ausländische Fahrerlaubnis – die unbestreitbaren Informationen kamen vom Angeklagten

Straßenverkehrsrechtlicher Dauerbrenner: Fahren mit ausländischer Fahrerlaubnis. Eine Variante um die sog. unbestreitbaren Tatsachen“, die für die Anerkennung bzw. Nichtanerkennung der im Ausland erworbenen Fahrerlaubnis eine Rolle spielen, bringt der OLG München,  Beschl. v. 30.03.2012 – 4 StRR 32/12, allerdings m.E. nicht überraschend. Ist auch keine materielle Frage, sondern eher ein verfahrensrechtliche. Denn das OLG sagt:

„Die im Strafverfahren auf freiwilliger Basis abgegebenen Angaben des Angeklagten, er habe zum Zeitpunkt der Erteilung des Führerscheins seinen Wohnsitz im Inland gehabt, sind wie vom Ausstellerstaat herrührende unbestreitbare Informationen zu werten. Sie sind Behördeninformationen des Ausstellerstaates, etwa eines Einwohnermeldeamtes mindestens gleichwertig. Denn nur der Angeklagte selbst weiß mit Bestimmtheit, ob er das für die Ausstellung eines EU-Führerscheins erforderliche Wohnsitzerfordernis mit einem Aufenthalt von mindestens 180 Tagen erfüllt.2

Dem wird man m.E. kaum etwas entgegensetzen können – es sei denn ich übersehe in der inzwischen unüberschaubaren Diskussion um die ausländische Fahrerlaubnis wichtige Umstände.

 

9 Gedanken zu „Ausländische Fahrerlaubnis – die unbestreitbaren Informationen kamen vom Angeklagten

  1. RA Wandt

    Übersehen Sie leider tatsächlich. Beim Angeklagten dürfte es sich nicht um den Ausstellerstaat gehandelt haben. Die Angaben sind somit nicht tauglich, die Gültigkeit in Abrede zu stellen (vgl. EuGH, RS Wierer, Az. C-445/08, Rdz. 54) Insoweit ist das Urteil in der Form unhaltbar.

  2. RA Wandt

    Zitat EuGH:
    “53 Die Aufzählung der Erkenntnisquellen in den Urteilen Wiedemann und Funk sowie Zerche u. a., auf die der Aufnahmemitgliedstaat sich stützen kann, um die Anerkennung eines in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins abzulehnen, ohne die gegenseitige Unterstützung oder das Verfahren des Informationsaustauschs nach Art. 12 Abs. 3 der Richtlinie 91/439 in Anspruch zu nehmen, ist daher abschließend und erschöpfend.

    54 Insoweit können die Erklärungen und Informationen, die der Inhaber dieses Führerscheins im Verwaltungsverfahren oder im gerichtlichen Verfahren in Erfüllung einer Mitwirkungspflicht erteilt hat, die ihm nach dem innerstaatlichen Recht des Aufnahmemitgliedstaats auferlegt ist, nicht als vom Ausstellermitgliedstaat herrührende unbestreitbare Informationen qualifiziert werden, die beweisen, dass der Inhaber zum Zeitpunkt der Ausstellung seines Führerscheins seinen Wohnsitz nicht in diesem Mitgliedstaat hatte.”

    Also wieder ein Fall ergebnisorientierten Arbeitens von Seiten des OLG.

  3. tsunami

    RA Wandt bezieht sich auf ein älteres Urteil des EuGH. Das neueste und auch vom OLG München zitierte EuGH-Urteil vom 1. März 2012 – B. A. (C 467/10) muss das Ganze in ein neues Licht rücken, wonach es ausschließlich dem Gericht überlassen ist, zu bewerten, ob
    vom Ausstellermitgliedstaat herrührende unbestreitbare Informationen,auch in anderer Form, etwa in einem glaubhaften Geständnis des Betroffenen, als äquivalent anzusehen sind. Insoweit ist das EuGH-Urteil, RS Wierer, Az. C-445/08 nicht mehr einscghlägig !

  4. RA Wandt

    Damit liegen Sie leider falsch. Die Grundsätze der Wierer-Entscheidung sind explizit auch in die Rechtssache Akyüz übernommen worden (vgl. dort: Rdz. 65 ff.). Damit haben wir im Gegenteil sogar eine Bestätigung der damaligen Entscheidung, keine Abkehr hiervon.

  5. Tom

    Hier nochmal ohne sinnentstellende Rechtschreibfehler – bitte vorheriges Posting löschen:

    @tsunami:
    Auch diese neuere Entscheidung C 467/10 ändert doch nichts!?

    Weiterhin gilt, dass „Erläuterungen oder Informationen, die der Inhaber eines Führerscheins im Verwaltungsverfahren oder im gerichtlichen Verfahren in Erfüllung einer ihm nach dem innerstaatlichen Recht des Aufnahmemitgliedstaats obliegenden Mitwirkungspflicht erteilt hat, nicht als vom Ausstellermitgliedstaat herrührende unbestreitbare Informationen qualifiziert werden, die beweisen, dass der Inhaber zum Zeitpunkt der Ausstellung seines Führerscheins seinen Wohnsitz nicht in diesem Mitgliedstaat hatte.“ (RdNr. 70)
    Es wurde lediglich festgestellt, dass auch die vom Einwohnermeldeamt des Ausstellungsstaates -also einer für die Führerscheinerstellung unzuständigen Behörde und somit eines Dritten- erlangte Information verwertet werden darf, da sie zwar nur indirekt erfolgt, aber dem Ausstellerstaat direkt zugerechnet werden kann. (RdNr. 71)

  6. Gast

    @ RA Wandt: Und was soll der EuGH Ihrer Meinung nach mit der in beiden Entscheidungen hervorgehobenen Einschränkung gemeint haben, dies gelte nur für „Erläuterungen oder Informationen, die der Inhaber eines Führerscheins … in Erfüllung einer ihm nach dem innerstaatlichen Recht des Aufnahmemitgliedstaats obliegenden Mitwirkungspflicht erteilt hat“?

  7. Tom

    @Gast:
    Worauf wollen Sie mit Ihrem sinnentstellendem Zitat (ich finde in der RdNr. 70 bei C 467/10 kein „dies gelte nur“) hinaus?

    Der EuGH stellt fest, dass „Erläuterungen oder Informationen, die der Inhaber eines Führerscheins im Verwaltungsverfahren oder im gerichtlichen Verfahren in Erfüllung einer ihm nach dem innerstaatlichen Recht des Aufnahmemitgliedstaats obliegenden Mitwirkungspflicht erteilt hat“ nicht ausreichen.
    Er stellt dies fest, weil sich die angegriffenen Entscheidungen auf eben soetwas stützen. Hätte sich die angegriffene Entscheidung auf die Aussagen des Hamsters meines Nachbarn gestützt, so hätte der EuGH festgestellt, dass Hamsteraussagen nicht ausreichen.

    Ich sehe da keine Einschränkungen, sondern nur klar fallbezogene Feststellungen.

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