In einem „obiter dictum“, aber sehr deutlich, äußert sich der 2. Strafsenat des BGH in BGH, Beschl. v. 23.11.2011 – 2 StR 112/11 zu folgender Verfahrensweise beim LG Darmstadt: Dort lässt die Strafkammer ein Kammermitglied, das nicht der erkennenden Kammer angehört, in der Hauptverhandlung „mitschreiben“.
Dazu der BGH:
„Im Übrigen erscheint das Vorgehen des Landgerichts, die zwar der Strafkammer, nicht aber dem erkennenden Spruchkörper angehörende Richterin „zur Entlastung“ des Berichterstatters „ebenfalls mitschreiben“ zu lassen, unter dem Blickwinkel eines möglichen – hier von den Revisionen nicht gerügten – Verstoßes gegen § 261 StPO nicht unbedenklich. Anders als Ton- und Filmaufnahmen, die als Gedächtnisstütze des Gerichts grundsätzlich zulässig sind (vgl. Meyer-Goßner StPO 54. Aufl. 2011 § 169 GVG Rn. 11), sind Auswahl und Inhalt der Mitschrift von Vorgängen in der Hauptverhandlung von den subjektiven Wahrnehmungen und Bewertungen des betreffenden Richters geprägt. Es handelt sich dabei um einen höchstpersönlichen Akt, der den „Inbegriff der Verhandlung“ aufbereitet und konkretisiert und die Grundlage für die Beratung und Urteilsfassung bildet. In dieser Funktion obliegt die Anfertigung von Mitschriften gemäß § 261 StPO allein den Mitgliedern des erkennenden Gerichts und kann nicht auf Dritte delegiert werden. „
Deutlicher als der BGH es ausdrückt kann man es m.E. kaum sagen, was davon zu halten ist: Unzulässig.
Sowas liest man natürlich gerne im Verwerfungsbeschluss 🙂
@ Stefan
Wie wahr! Allerdings wurde ein Verstoß gegen § 261 StGB im vorliegenden Fall nicht gerügt. Mangels ausdrücklicher Bezeichnung der zu Grunde liegenden Tatsachen in der Revisionsbegründung und mangels Ersichtlichkeit derselben aus dem Urteil selbst, dürfte es insofern richtig gewesen sein, die Revision zu verwerfen.
ABER: Es ist jedenfalls für den RA nicht gerade nett vom BGH, dem Angeklagten gleich im Verwerfungsbeschluss aufzuzeigen, auf welcher Basis er eine Anwaltshaftung geltend machen kann…
@ andreas:
anwaltshaftung? kann der verurteilte denn belegen, dass er – eine erfolgreiche revision vorausgesetzt – in einer neuauflage der hauptverhandlung freigesprochen worden wäre?