Der BGH, Beschl. v. 29.11.2011 – 3 StR 281/11 behandelt eine in der Praxis sicherlich nicht allzu häufige Konstellation, nämlich den Amtsanwalt in der Hauptverhandlung beim LG. Dort war einer Amtsanwältin ein umfassendes Fragerecht eingeräumt worden. Das ist unzulässig, sagt der BGH.
„-— Allerdings hat das Landgericht – wie durch das Protokoll belegt wird – der Oberamtsanwältin gesetzeswidrig in der Hauptverhandlung Verfahrensrechte eingeräumt, indem es sie umfassend hat Fragen an Beweispersonen stellen lassen. Nach § 142 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2, § 145 Abs. 2 GVG dürfen Amtsanwälte das Amt der Staatsanwaltschaft nur bei den Amtsgerichten wahrnehmen. In Verhandlungen vor den Landgerichten dürfen ihnen – unabhängig von ihrer persönlichen Qualifikation – Verfahrensrechte der Staatsanwaltschaft nicht übertragen werden, auch nicht unter Aufsicht eines Staatsanwaltes (vgl. KK/Schmidt/Schoreit, StPO, 6. Aufl., § 145 GVG Rn. 6). Dies ergibt sich schon daraus, dass einem Rechtsreferendar gemäß § 142 Abs. 3 GVG im Einzelfall die Wahrnehmung der Aufgaben eines Staatsanwalts unter dessen Aufsicht beim Landgericht übertragen werden kann, während eine entsprechende gesetzliche Regelung für Amtsanwälte fehlt.
Das gesetzliche Verbot für Amtsanwälte, Verfahrensrechte der Staatsanwaltschaft vor den Landgerichten wahrzunehmen, darf nicht durch die Einräumung eines umfassenden Fragerechts in der Hauptverhandlung nach § 240 Abs. 2 Satz 1 StPO umgangen werden. Der Vorsitzende kann nicht prozessbeteiligten Personen lediglich gestatten, einzelne Fragen unmittelbar an den Angeklagten, einen Zeugen oder einen Sachverständigen zu richten, wenn er dies nach pflichtgemäßem Ermessen im Interesse der Wahrheitsfindung für zweckmäßig hält und dadurch die berechtigten Interessen anderer Verfahrensbeteiligter nicht beeinträchtigt werden (LR/Becker, StPO, 26. Aufl., § 240 Rn. 9). Die Einräumung des Fragerechts bezieht sich dabei aber stets auf einzelne Fragen; sie darf nicht zu einer Übertragung von gesetzlich nicht vorgesehenen generellen Teilnahme- und Fragerechten an einen unzuständigen Amtsträger führen. Dem steht nicht entgegen, dass nach teilweise vertretener Ansicht Amtsanwälte in Verfahren, die sie nicht selbständig bearbeiten dürfen, als Ermittlungsassistenten zur Unterstützung des Staatsanwalts herangezogen werden können (LR/Franke, StPO, 26. Aufl., § 142 GVG Rn. 30). Denn im Falle einer solchen Zuarbeit verbleibt die Wahrnehmung der Rechte der Anklagebehörde bei dem sachbearbeitenden Staatsanwalt.“
Geholfen hat es dem Angeklagten allerdings nicht. Denn der BGH hat das Beruhen des Urteils auf dem Rechtsfehler ausgeschlossen.
„Entschuldigung! Leider ist das, was Sie suchen, nicht hier.“