Wir haben ja schon häufig über die mit der Akteneinsicht im Bußgeldverfahren betreffend vor allem die Bedienungsanleitung berichtet _ vgl. dazu auch die Zusammenstellung in meinem Beitrag in VRR 2011, 250. Hier dann eine neue Variante, mit der sich der AG Hildesheim , Beschl. v. 29.12.2011 – 31 OWi 27/11 – auseinandersetzen musste. Der Landkreis hat in dem Verfahren die Einsicht u.a. damit verweigert, dass er darauf berufen hatte, dass der Hersteller die Erlaubnis zur Einsicht verweigert habe.
Dem schiebt das AG einen Riegel vor: Das Akteneinsichtsrecht des Verteidigers in die Bedienungsanleitung eines Messgerätes sei nicht durch Urheberrechte der Herstellerfirma beschränkt. Es sei zudem von einer zumindest konkludenten Einräumung entsprechender Nutzungsrechte mit Erwerb des Messgerätes auszugehen (§ 31 Abs. 5 UrhG). Und: Die Herstellerfirma könne das Nutzungsrecht auch nicht nachträglich durch einseitige Erklärung wieder entziehen.
Der Beschluss wird jetzt im Zweifel die nächste Runde eröffnen. Nämlich: Nicht nachträgliche einseitige Erklärung, sondern vertragliche Vereinbarung zwischen Verwaltungsbehörde und Hersteller. Was ich immer noch nicht begriffen habe: Warum sträuben sich eigentlich die Hersteller/Verwaltungsbehörden so gegen eine Einsicht des Verteidigers.
Vielleicht sollte mal jemand die Anleitungen an Wikileaks übermitteln. 😉
So ganz erschließt sich mir diese Vorgehensweise der Verwaltungsbehörden und KPB nicht. Vielleicht gibt ein Schreiben dem MIK (IM NRW) vom 11.08.2011 Aufschluss. Ich hatte mit Schreiben vom 14.04.2011 auf die aktuelle Rechtsprechung hingewiesen und ersucht alle Verwaltungsbehörden und Polizeidienststellen entsprechend anzuweisen. Darauf teilt ein POK meinem Büro mit:
“ Sehr geehrter Herr Voigt,
nach Prüfung der von Ihnen aufgeworfenen Fragen bin ich zu folgendem Ergebnis gelaungt … Ein Akteneinsichtrecht steht dem Betroffenen selbst und seinem Verteidiger zu. Dies gilt auch für die Bedienungsanleitung des Messgerätes, allerdings steht der Fertigung von Kopien der urheberrechtliche Schutz der Aufzeichnungen entgegen. “
Mit den Urteilen des LG Ellwangen oder den Urteilen des AG Kleve oder auch der Entscheidung des AG Oberhausen hat man sich aber nicht auseinander gesetzt. Ich vermute das die Bußgeldstellen hier einfach Kosten für die Fertigung der Kopien sparen möchten.
Vielleicht hätte das IM NRW einfach mal einen seiner Juristen befragen sollen, anstatt einen Polizeioberkommissar. Dann wäre dem IM NRW ein so peinlicher Auftritt erspart geblieben.
Sehr geehrter Herr Voigt