Wohl ohne Rechtsanwalt bzw. anwaltlichen Beistand – hoffentlich – ist im Verfahren 1 StR 633/10 ein Schreiben an das LG (und damit an den BGH) gerichtet worden, in dem der Absender Revision gegen ein Urteil des LG Augsburg eingelegt hat. Der Absender hatte schon vorher einige Male versucht, sich dem Verfahren als Nebenkläger anzuschließen, was jeweils von der StK abgelehnt worden ist. Jetzt hat der Absender es dann auf seine „4. Anschlusserklärung/Nachbegründung der 3. Anschlusserklärung mit neuen Tatsachen“auch noch einmal vom 1. Strafsenat des BGH in BGH, Beschl. v. 02.08.2011 – 1 StR 633/10 bescheinigt bekommen: Die im Verfahren angeklagten Delikte der Steuerhinterziehung (§ 370 AO), Bestechung (§ 334 StGB) und Untreue (§ 266 StGB) sind keine Tatbestände, die im Katalog der Straftaten des § 395 Abs. 1 und 3 StPO, bei deren Verfolgung die Nebenklage zulässig ist, aufgeführt sind. Da zugleich auch die Revision auf Kosten des „Nebenklägers“ verworfen ist: Teures Lehrgeld. Aber ich vermute, dass wird dem Antragsteller egal sein.
Es gilt mal wieder der passsende Spruch: Wer lesen kann, ist klar im Vorteil…
@ dietmar frenkler:
ja, wer lesen kann, ist klar im vorteil. aber das hat der bgh offenbar nicht getan. jedenfalls nicht in der aktuellen fassung der stpo. die begründung des bgh greift jedenfalls deutlich zu kurz, denn die stpo kennt seit geraumer zeit keinen abschließenden deliktskatalog mehr. vielmehr hätte das gericht prüfen müssen, ob „besondere gründe“ gem § 395 abs. 3 stpo vorgelegen haben. im ergebnis dürfte der beschluss damit zwar wohl richtig sein, die begründung ist es jedoch nicht.
es scheint sich übrigens um das schreiber-verfahren zu handeln. da wäre schon interessant, wer durch die schreiber zur last gelegte untreue verletzt sein könnte. 😉
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&anz=759&pos=6&nr=56071&linked=pm&Blank=1
@n.n. 1): Auch 395 Abs. 3 setzt aber voraus, dass der NK durch die Tat verletzt ist. D.h. es muss auch bei anderen als den in Abs. 3 genannten Taten eine individuelle Verletzung des Nebenklägers möglich sein.
Und der Senat schreibt bei genauer Lektüre der Entscheidung sowohl,
– dass keine der „im Katalog der 395 Abs. 1, 3 genannten“ Straftaten gegeben sind
als auch
– „da auch andere zum Anschluss berechtigende Tatbestände nicht gegeben sind.“ (Textziffer 5 am Ende).
Angesichts der Delikte, um die es ging, dürfte sich ein Durchdeklinieren der gesetzgeberischen Motive zu 395 III und zur Bedeutung des Wortes „insbesondere“ erübrigt haben. Die Begründung ist daher mE nicht unrichtig.
@ klabauter:
ich vermute auch, dass es sich um einen querulanten handelt, der eben gerade nicht durch § 266 stgb (das einzige delikt, das überhaupt private rechtsgüter schützt) verletzt ist. aber genau dies wäre dann die zutreffende begründung gewesen.
dieser bezug des bgh auf katalogtaten entspricht jedenfalls nicht mehr dem geltenden recht:
„Steuerhinterziehung (§ 370 AO), Bestechung (§ 334 StGB) und Untreue (§ 266 StGB) sind keine Tatbestände, die im Katalog der Straftaten des § 395 Abs. 1 und 3 StPO, bei deren Verfolgung die Nebenklage zulässig ist, enthalten sind.“