Die mit der Wirksamkeit von Zustellungen zusammenhängenden Fragen sind immer von Bedeutung. Denn die Wirksamkeit der Zustellung ist z.B. Voraussetzung für den Erlass von Zwangsmaßnahmen oder für den Beginn des Laufs von Rechtsmittelfristen. Daher hier jetzt der Hinweis auf zwei Entscheidungen aus neuerer Zeit:
1. OLG Rostock, Beschl. v. 04.05.2011 – I Ws 101/11:
- Da eine ordnungsgemäß erstellte Postzustellungsurkunde die Korrektheit der (Ersatz) Zustellung der Ladung zur Hauptverhandlung als Voraussetzung des Erlasses eines Haftbefehls nach § 230 Abs. 2 StPO belegt, ist – soll dies entkräftet werden – der volle Beweis dahin zu führen, dass der Angeklagte anderweitig Wohnung nicht nur im melderechtlichen Sinne genommen hatte.
Entschuldigung aber die Entscheidung des OLG Rostock ist doch – so wie der Leitsatz formuliert ist – schlicht Quatsch. Die Zustellungsurkunde ist nur für diejenigen Sachen Vollbeweis, die auf ihr beurkundet werden. Bei der Ersatzzustellung nach § 180 ZPO sind das insbesondere, dass der Adressat nicht angetroffen wurde und dass das Schreiben z.B. in einen mit dem Namen des Adressaten beschrifteten Briefkasten eingeworfen wurde.
Da der Zusteller die tatsächlichen Wohnverhältnisse nicht prüfen kann, ist die Postzustellungsurkunde daher auch kein Vollbeweis dafür, dass der Adressat zum Zustellungszeitpunkt an der Zustelladresse noch wohnte. Diesbezüglich ist die Postzustellungsurkunde nur beweiskräftiges Indiz. Das hat auch das Bundesverfassungsgericht so entschieden (NJW 1992, 224 ff.), wie man in jedem ZPO-Kommentar nachlesen kann.
Erstaunlich, dass man das in Rostock offenbar anderes sieht.
Schön auch, dass das OLG die BVerfG-Entscheidung zitiert. Offenbar ein Blindzitat, sonst hätte man in der Entscheidung so nicht formulieren können. Erstaunlich.