Ein lachendes, und zumindest ein weinendes Auge hat man, wenn man LG Oldenburg, Beschl. v. 17.05.2011 – 5 Qs 109/11 liest, der eine gebührenrechtliche Problematik behandelt. Nun ja, wenn man die Frage der Gebührenbemessung insgesamt sieht, dann doch schon eher zwei weinende Augen. Im Einzelnen:
- Man freut sich, dass sich das LG der in Rechtsprechung und Literatur h.M. anschließt, wonach die zusätzliche Gebühr Nr. 5115 VV RVG auch anfällt, wenn nach einem bereits stattgefundenen Hauptverhandlungstermin der Einspruch noch zurückgenommen wird. Insoweit ist die Argumentation des LG zutreffend. Schon der Sinn und Zweck der Regelung der Nr. 5115 VV RVG – Entsprechendes gilt für die Nr. 4114 VV RVG – gebietet hier die Ansatz der Gebühr Nr. 5115 VV RVG. Die RSV sehen das derzeit leider wohl teilweise anders.
In dem Zusammenhang erstaunlich dann die gegenüber dem AG abgegebene Stellungnahme des Vertreters der Staatskasse zu der Gebührenfestsetzung. Der Vertreter der Staatskasse hat gegen den Ansatz der Nr. 5115 VV RVG votiert, sich aber mit keinem Wort mit der entgegenstehenden h.M., zu der immerhin auch zwei OLG gehören, auseinandergesetzt. Verwiesen wird nur auf Göttlich/Mümmler/Rehberg/Xanke und auf zwei amtsgerichtliche Entscheidungen (!) aus den Jahren 2006 und 2007. Das ist der erste Wermutstropfen, da man sich schon fragt, ob es eigentlich den Aufgaben eines Bezirksrevisors gerecht wird, wenn er sich offenbar blind einer Mindermeinung anschließt – zumindest entgegenstehende Rechtsprechung und Literatur nicht erwähnt – oder ob es nicht auch zu seinen Aufgaben gehört, sich mit seiner Auffassung entgegenstehender Rechtsprechung auseinanderzusetzen?
- Die zweite Träne dann, wenn man sieht, in welcher Höhe die Gebühr Nr. 5115 VV RVG angesetzt worden ist. Das LG sieht 100 € als angemessen an. Festzusetzen wären aber nach Nr. 5115 VV RVG i.V.m. Nr. 5109 VV RVG 135 € gewesen., nämlich die Mittelgebühr der Nr. 5109 VV RVG, da die zusätzliche Gebühr Nr. 5115 VV RVG– ebenso wie die Nr. 4114 VV RVG – nach Anm. 3 Satz 2 „nach der Rahmenmitte“ entsteht. Daraus wird von der zutreffenden h.M. in Rechtsprechung und Literatur der Schluss gezogen,. dass die Gebühr eine Festgebühr in Höhe der Mittelgebühr ist. Nicht verschwiegen werden soll, dass es dazu abweichende Stimmen in der Rechtsprechung gibt, obwohl man an sich angesichts des eindeutigen Wortlauts der Nr. 5115 Anm. 3 Satz 2 VV RVG nicht ernsthaft anderer Auffassung sein kann. Das LG äußert sich jedoch – ebenso wie die übrigen Stimmen in der Rechtsprechung mit keinem Wort dazu, warum man anderer Auffassung ist. Das spricht dafür, dass man dieses Problem gar nicht gesehen hat, was dann zu der Frage führt, ob denn eigentlich bei einer mit drei Berufsrichtern besetzten Strafkammer niemand mal in einen gebührenrechtlichen Kommentar schaut.