Nicht jede Missachtung der Anordnung persönlichen Erscheinens rechtfertigt einen Haftbefehl, so das LG Berlin, Beschl. v. 26.01.2011 – 537 Qs 8/11.
In der Sache ging es um ein Strafbefehlsverfahren. In dem hatte sich der Angeklagte nach seinem Einspruch gegen einen Strafbefehl trotz der Anordnung seines persönlichen Erscheinens in der Hauptverhandlung durch seinen Verteidiger vertreten lassen. Das LG hat den daraufhin ergangenen Haftbefehl des AG aufgehoben. Das AG habe den Haftbefehl nicht erlassen dürfen, weil dies unverhältnismäßig ist. Der Haftbefehl im Strafbefehlsverfahren diene nicht der Ahndung des Angeklagtenungehorsams, sondern der Sicherung der Hauptverhandlung. Daher sei vor Haftbefehlserlass zu prüfen, ob das Gericht die Hauptverhandlung trotz des Ungehorsams ohne Einbußen bei der Wahrheitsfindung, der gerechten Beurteilung des Falls und der gebotenen Einwirkung des Verfahrensablaufs auf den Angeklagten durchführen kann. Insbesondere wenn der Angeklagte bisher schweige, sei nicht ersichtlich, weshalb sein persönliches Erscheinen zur Sachaufklärung geboten sein soll.
Wie wäre der Fall zu beurteilen, wenn das Amtsgericht den Strafbefehl mangels Tatverdacht nicht erlassen hätte und dieser nur aufgrund einer erfolgreichen Beschwerde der StA anberaumt wird. Es läge zwar ein Strafbefehlsverfahren vor, aber nicht nach Einspruch. Die Vertretungsmöglichkeit ist aber nur für den Fall nach Einspruch geregelt. Der Angeklagte würde hier nur deshalb schlechter gestellt, weil neben der Verteidigung auch der Strafrichter keine Straftat sieht. Kennt jemand dazu was?
Na ja, bei Körperverletzungsdelikten wie in der hier verlinkten Entscheidung kann der persönliche Eindruck vom Angeklagten (Größe, Gewicht, Körperbau) im Vergleich zu dem des mutmaßlichen Opfers schon mal interessant sein. Hätte das AG vielleicht in die Nichtabhilfeentscheidung schreiben sollen.