In dem der Entscheidung des BGH v. 19.05.2010 – 4 StR 182/10 zugrunde liegenden Sachverhalt hatte ein Rechtsanwalt Untreue gegenüber Mandanten in 110 (!!) Fällen begangen, indem er von einem Fremdgeldkonto Geld zum persönlichen Gebrauch abgehoben hatte. An mehreren Tagen war das mehrmals geschehen. Das LG hatte auch für diese Fälle Realkonkurrenz angenommen.
Der BGH füht dazu aus: Hebt ein Rechtsanwalt von einem Fremdgeldkonto an einem Tag mehrere Male Geld zum persönlichen Verbrauch ab oder veranlasst er an einem Tag mehrere Überweisungen von diesem Konto zu seinen Gunsten, stehen diese Untreuetaten jeweils in natürlicher Handlungseinheit. Denn in diesem Fall besteht ein derart unmittelbarer räumlicher und zeitlicher Zusammenhang, dass das gesamte Handeln des Täters auch für einen Dritten objektiv als einheitliches zusammengehöriges Tun und auf einer einzigen Willensentschließung beruhend erscheint (§§ 52, 266 StGB).
Damit entfielen die jeweiligen Einzelstrafen. Ausgegangen ist das Verfahren für den RA aber wie das Horneberger Schießen: Der Erfolg hinsichtlich der Strafhöhe war „Null“, da der BGH wegen der Vielzahl der Fälle und der maßvollen Strafe ausschließen konnte, dass der Rechtsfehler Auswirkungen zu Lasten des Angeklagten hatte.
in bezug auf den prozessualen tatbegriff würde ich das sicher unterschreiben. beim materiellen tatbegriff halte ich es jedoch für sehr fraglich. da wäre doch zu klären, ob sich in der jeweiligen unterschrift ein neuer tatentschluss manifestiert oder eben nicht. das schlichte abstellen auf den 24-stunden-zeitraum eines tages mutet für mich dagegen fast willkürlich an. das wäre m.e. nur in dubio pro reo möglich, wenn keine weitere aufklärung möglich wäre.