…was ein Strafgefangener auf Transporten erleben/erdulden musste (vgl. dazu den Beschl. d. BVerfG v. 15.07.2010 – 2 BvR 1023/08).
Er war dabei zweimal jeweils kurzzeitig im Transporthaus einer niedersächsischen Strafvollzugsanstalt untergebracht. Nach der zweiten dortigen Unterbringung beantragte er beim LG u.a. die gerichtliche Feststellung, dass die zuständige JVA durch die Anordnung seiner Unterbringung in dem Transporthaus seine Menschenwürde (Art. 1 GG) verletzt habe. Dazu trug er vor, dass die Haftraumwände mit Hakenkreuzen und rassistischen, Gewalt androhenden Texten versehen gewesen seien, und es habe sich Kot an den Wänden befunden (wegen der Einzelheiten der „Ausstattung“ vgl. die Darstellung im Beschluss des BVerfG). Schon bei der früheren Unterbringung seien die Wände in dem Transporthaus in ähnlicher Weise – insbesondere mit antisemitischen Äußerungen rohster Art – beschmiert gewesen. Das LG hat seinen Antrag mit der Begründung zurück, dass angesichts der Beendigung der Unterbringung der Beschwerdeführer kein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit mehr habe. Das OLG hat die hiergegen erhobene Rechtsbeschwerde als unzulässig verworfen.
Warum „Sauerei“ oder „starkes Stück“?
- Zunächst m.E. wegen der „Art der Unterbringung“, die man dem Strafgefangenen zumutet. Was du nicht willst, das man dir tut…. oder: Auch Strafgefangene sind keine Menschen zweiter Klasse, wie der Kollege Vetter zutreffend feststellt (vgl. hier). Weder die Hakenkreuze noch die Texte sind zumutbar und erst recht nicht der Kot an den Wänden.
- Für mich nicht nachvollziehbar ist, dass das LG und auch das OLG sich auf einen formalen Gesichtspunkt zurückgezogen haben. Das LG ist davon ausgegangen, dass eine Rückverlegung des Strafgefangenen konkret nicht erkennbar sei. Dabei hat man übersehen, dass bei gewichtigen Eingriffen ein Feststellungsinteresse trotz zwischenzeitlicher Erledigung jedenfalls dann anzuerkennen ist, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene gerichtlichen Rechtsschutz kaum erlangen kann. Und da fragt man sich: Wie soll der Strafgefangene die Frage denn überprüfen lassen können?
- Nachdenklich stimmt mich allerdings auch, dass das BVerfG (mal wieder) mehr als zwei Jahre gebraucht hat, um die Frage zu entscheiden. Da fragt man sich doch wirklich: Was nützt mir ein Verfassungsgericht, das mir dann nach zwei Jahren endlich Rechtsschutz gewährt.
Stimmen Sie Ihrem Kollegen Vetter in dessen Einschätzung zu, „dass in Strafvollstreckungskammern an den Landgerichten, aber auch weiter oben, in den Senaten der Oberlandesgerichte“ Menschen sitzen, die es gerne hätten, wenn es Mneschen 2. Klasse gäbe?
inwieweit ich dem Kollegen Vetter zustimme, ergibt sich m.E. aus meinem Posting. Ihr Frage beantworte ich im Übrigen mit „Nein“.
Fest steht im Moment nur, dass der Durchgangshaftraum „erheblich mit Schmierereien, unter anderem auch mit Hakenkreuzen, verunstaltet“ gewesen ist. Alles andere, darunter insbesondere den Text der Schmierereien und ob die Wände auch mit Kot beschmiert waren, steht keineswegs fest und wird nun vom LG geklärt werden müssen. Das wird – wenn man einmal das Vorbringen als zutreffend unterstellt, der Durchgangshaftraum sei bereits Anfang 2008 (nach dem Aufenthalt des Bf. und noch vor der erstinstanzlichen Entscheidung) gereinigt und gestrichen worden – nicht ganz einfach sein. Aber vielleicht kommt am Ende immerhin heraus, dass man sich mehr als 10 Hakenkreuze an den Wänden nicht gefallen lassen muss, und das wäre den Schweiß der Gerechten ja dann auch wert gewesen …
Gerade in Strafvollzugssachen muß man erleben, daß sich die StVKs und die Strafsenate der OLGs gerne auf formale Standpunkte zurückziehen, um kein rechtswidriges Verhalten der Vollzugsanstalten feststellen zu müssen. Die StVKs nehmen fast nie eine Ermessesreduzierung „auf Null“ an, selbst wenn sie dieselbe Sache zum dritten Mal an die Vollzugsbehörde zurückweisen und nach zwei Jahren noch immer keine Entscheidung im Sinne der Vorgaben der StVK ergangen ist. Die OLGs weisen Rechtsbeschwerden oftmals als unzulässig zurück, weil „nur“ eine Fehlentscheidung im Einzelfall vorliege, die aber nicht die Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordere. Im Ergebnis gibt es unendliche viele Fehlentscheidungen „im Einzelfall“ bei denen es bleibt, weil das OLG den formalen Standpunkt für wichtiger erachtet als die Einzelfallgerechtigkeit.
traurig, dass das fortsetzungsfeststellungsinteresse aus schwerwiegendem grundrechtseingriff noch immer nicht bei den untergerichten angekommen zu sein scheint. :-/
Da war aber jemand sehr empfindlich. Ich kenne eine JVA, da sieht es so in den Räumen aus, wo Anwaltsbesprechungen stattfinden müssen. Von der offenen und seit 1912 offenbar nicht mehr gereinigten Toilette ganz zu schweigen. Was hat denn der Gefangene davon, daß die Unterbringung in solchen Räumen für rechtswidrig befunden wird? Das beseitigt die beanstandeten Zustände noch lange nicht. Strafvollstreckungskammern und Strafsenate haben sich ganz überwiegend mit den tatsächlichen Zuständen im Strafvollzug abgefunden. Daran ändern auch die alle paar Monate veröffentlichten Beschlüsse des BVerfG nichts. Aus Gesprächen mit StVK-Richtern weiß ich, daß man die Entscheidungen aus Karlsruhe schon lange nicht mehr ernst nimmt.
Merke: rechtswidrige Zustände werden als solche nicht benannt, wenn sie auf tatsächlichen Zwängen gründen.
man könnte ja mal versuchen § 51 abs. 4 s. 2 stgb analog geltend zu machen. bei einer derartigen zelle könnte doch ein anrechnungsfaktor von 1:2 oder auch 1:3 angemessen sein …
Also mal der Hinweis: auch in anderen JVAs ist es so bzw. zu meiner damaligen Zeit in der JVA Hagen waren derartige Umstände normal!!! Ich klage aktuell gegen das Land NRW wg. Menschenunwürdiger Inhaftierung (Haftraumüberbelegung).