Da habe ich gestern zur Entscheidung des AG Lübben noch geschrieben, dass obergerichtliche Rechtsprechung zu PoliscanSpeed nicht vorliege, da muss ich das heute schon zurücknehmen. Es gibt inzwischen – worauf mich ein Kollege dankenswerter Weise hingewiesen hat, den Beschluss des OLG Düsseldorf vom 20.01.2010 – IV-5 Ss (OWi) 206/09 – (OWI) 178/09 I. Der geht davon aus, dass es sich bei PoliscanSpeed um ein standardisiertes Messverfahren handelt (eine Entscheidung des OLG Karlsruhe soll es dazu auch geben [?]).
Wenn man sich die Entscheidung des OLG Düsseldorf ansieht, ist m.E. allerdings festzustellen, dass die nun nicht unbedingt überzeugend begründet ist. Zwar wird zur Begründung auf das von mir herausgegebene Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren verwiesen, was uns natürlich ehrt. Nur: Dort steht nicht, dass PoliscanSpeed ein standardisiertes Verfahren ist, sondern lediglich, dass es von der PTB zugelassen ist (ich wasche meine Hände also in Unschuld :-)). Mit den gegen das Messverfahren erhobenen Bedenken setzt sich das OLG Düsseldorf nicht im Einzelnen auseinander. Vielmehr wird m.E. nur der Schluss gezogen: PTB-Zulassung = standardisiert. Das greift m.E. aber zu kurz. Folge: Als Verteidiger wird man nicht nur nach wie vor, sondern jetzt erst recht die Bedenken gegen die Verwertbarkeit der Messung und Messfehler geltend machen müssen. Allerdings werden die AG jetzt sicherlich „einfacher“ damit umgehen, denn es handelt sich ja um ein „standardisiertes Messverfahren“.
Die Entscheidung des OLG Düsseldorf ist doch ein Segen für alle AG. Die Messtechnik ist zu grundlegend anders zu bekannten Verfahren und dazu hoch komlex, dass Juristen auch Rechtsanwälte) zum einen in der Bewertung überfordert sind, zum anderen durch Vergleich mit alter Technik falsche Schlüsse ziehen. Während praktisch alle bisherigen Einstellungen lediglich auf Vermutungen (die für einen Richter durchaus als unwiderlegte Zweifel gewertet werden können) beruhen, haben meines Wissens alle bisherigen Gutachten, teilweise nach Offenlegung technischer Details der Fa. Vitronic, die korrekte Arbeitsweise bestätigt. Nur durch einen konstruierten, völlig atypischen Verkehrsvorgang konnte eine falsche Messwertzuordnung provoziert werden und das nur in einem niedrigen Geschwindigkeitsbereich. Wohl kein anderes Messverfahren ist so detailliert und häufig untersucht und für korrekt befunden worden. Auch die Einstufung als standardisiertes Verfahren heißt ja nicht, dass bei irgend welchen Sonderfällen es nicht zu einer Verfahrenseinstellung kommen kann. Prüfen Sie doch mal die Freisprüche/Einstellungen am aktuellen Erkenntnisstand zu PSS. Wahrscheinlich bleibt nichts übrig. Dennoch, Verbesserungen in der Dokumentation der Messung halte ich für möglich, womit den noch kritischen Sachverständigen wohl ebenfalls geholfen wäre.
das OLG Düsseldorf macht es sich ein wenig einfach. eine Begründung bleibt es schuldig. „standardisiert“ ist nicht mehr als eine Behauptung.
Die Entscheidung des OLG Düsseldorf ist eigentlich eine Katastrophe. Wie kann man ein standardisiertes Messverfahren aus dem Messverfahren PoliScan Speed machen, ohne hierfür stichhaltige Argumente zu bringen und sich mit der eigentlichen Problematik dieses Messverfahrens auseinander zu setzen. Aufgrund der Tatsache, dass der Hersteller nur wenig über das Zustandekommen des Messergebnisses mitteilt, können selbst die besten Sachverständigen die Messung nicht richtig nachvollziehen. Hier sei verwiesen auf die Veröffentlichung des anerkannten technischen Sachverständigen Dr. Johannes Priester „Nachträgliche Verifizierung von Messwerten bei Geschwindigkeitsmessgeräten am Beispiel von Vitronic PoliScanSpeed“ in jurisPR-VerkR 2/2010 Anm. 6. Die Richter müssen sich hier auf die Sachverständigen verlassen. Wenn aber nicht einmal die Sachverständigen die Messung überprüfen können, darf aufgrund des Messergebnisses keine Verurteilung erfolgen. Bleibt zu hoffen, dass sich ein anderes OLG auch tatsächlich einmal mit den Problemen des Messverfahrens PoliScanSpeed auseinander setzt. Wenn ein OLG dem Vefahren einen Riegel vorschieben würde, wäre der Hersteller gezwungen, die Ermittlung des Messwertes im einzelnen offen zu legen. Dann wäre es für Sachverständige und Richter ein Leichtes, die Messung als ordnungsgemäß (oder eben nicht) nachzuvollziehen. Erst hiernach könnte man sich darüber Gedanken machen, ob es sich tatsächlich um ein standardisiertes Messverfahren handelt.
Hallo, ich stimme Ihnen voll zu. Man hat ein wenig den Eindruck, als handele es sich hier um einen „Präventivschlag“. Ich habe allerdings wenig Hoffnung, dass ein anderes OLG das jetzt noch anders sieht.
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