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BGH II: Aussagetüchtigkeit des Zeugen, oder: Wenn die Kammer wohl keine eigene Sachkunde hat

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Bei der zweiten Entscheidung des BGH zum Verfahrensrecht, handelt es sich um den BGH, Beschl. v. 15.05.2018 – 3 StR 18/18. Den sehe ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge.

Es geht um die Aussagetüchtigkeit eines Zeugen in einem Verfahren u.a. wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Das LG hat die Verurteilung neben der teilgeständigen Einlassung des Angeklagten auf die Aussage des Zeugen D. , der an der abgeurteilten Tat als Mittäter beteiligt war, gestützt. In der Hauptverhandlung hatte der Verteidiger des Angeklagten die psychiatrische Begutachtung des Zeugen D. zum Beweis der Tatsache beantragt, dass dieser in seiner „Aussagetüchtigkeit bzw. Zeugentauglichkeit“ erheblich beeinträchtigt sei. Zur Begründung hat er angeführt, dass der Zeuge D. ausweislich eines früheren Gutachtens an den Folgen mehrerer Schlaganfälle, insbesondere einer beginnenden demenziellen Entwicklung mit Beeinträchtigung der Auffassung, Aufmerksamkeit und Konzentration, des Denkens und des Gedächtnisses, sowie an einem leichten Psychosyndrom sowie Verhaltensstörungen nach Substanzmissbrauch leide. Das LGhat diesen Beweisantrag mit der Begründung abgelehnt, dass es selbst über die erforderliche Sachkunde zur Bewertung der Angaben des Zeugen verfüge (§ 244 Abs. 4 Satz 1 StPO). Zwar lägen im Hinblick auf die Erkrankung des Zeugen Anhaltspunkte dafür vor, dass die richterliche Sachkunde zur Beurteilung der Aussage ausnahmsweise nicht ausreichen könnte. Doch fänden die – „in ihren Grundzügen konsistenten“ – Angaben des Zeugen teilweise Bestätigung in anderen Beweismitteln und den Einlassungen des Angeklagten, so dass davon ausgegangen werden könne, dass der Zeuge grundsätzlich zu zutreffenden Wahrnehmungen in der Lage sei, diese speichern und darüber berichten könne. Ob die Angaben des Zeugen, die durch andere Beweismittel nicht belegt würden, glaubhaft seien, könne die Strafkammer in eigener Sachkunde beurteilen.

Der BGH meint dazu – insoweit lachendes Auge:

„2. Es erscheint zweifelhaft, ob das Landgericht den Beweisantrag mit dieser Begründung ablehnen durfte. In der Person des Zeugen lagen aufgrund dessen Erkrankung besondere Umstände vor, deren Würdigung eine besondere Sachkunde erforderte (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2008 – 3 StR 364/08, BGHR StPO § 244 Abs. 4 Satz 1 Glaubwürdigkeitsgutachten 8; vom 5. März 2013 – 5 StR 39/13, juris Rn. 9). Dass die psychischen Beeinträchtigungen bei der Bewertung der Aussage des Zeugen eine Rolle gespielt haben, zeigt sich schon daran, dass die Strafkammer diese in eigener Beurteilung ihrer Bedeutung für das Aussageverhalten ausdrücklich in die Würdigung der Angaben des Zeugen eingestellt hat.“

Aber – soweit weinendes Auge

„Indessen beruht das Urteil nicht auf einem möglichen Rechtsfehler. Der Angeklagte hat die Tat weitgehend eingeräumt. Abweichungen zu den Angaben des Zeugen D. betreffen das Randgeschehen. Insoweit hat das Landgericht die Einlassung des Angeklagten schon als teilweise nicht konstant und in sich widersprüchlich gewertet. Darüber hinaus fanden die Angaben des Zeugen teilweise Bestätigung durch objektive Beweismittel, insbesondere auch in den Beobachtungen und Erkenntnissen der ermittelnden Polizeizeugen. Angesichts dieser Umstände, die das Landgericht in die Bewertung der Aussage des Zeugen D. eingestellt hat, kann der Senat ausschließen, dass dieses die Angaben des Zeugen D. seinen Feststellungen zum Tatgeschehen nicht zugrundegelegt hätte, wenn es sachverständig beraten von einer Beeinträchtigung dessen Zeugentauglichkeit ausgegangen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Juli 2009 – 3 StR 270/09, juris; Urteil vom 5. März 2014 – 2 StR 503/13, NStZ 2015, 49).“

Zeugnisverweigerung II: Unberechtigte Zeugnisverweigerung als Strafvereitelung?

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Bei der zweiten Entscheidung, die ich zur Zeugnisverweigerung vorstelle, handelt es sich um den OLG Hamm, Beschl. v. 09.11.2017 – 4 RVs 127/17. AG und LG haben den Angeklagten wegen Strafvereitelung durch Unterlassen (§ 258 StGB) verurteilt, und zwar auf der Grundlage folgender Feststellungen: Der Angeklagte wurde „in einem Strafverfahren vor dem Amtsgericht Coesfeld gegen X in der dortigen Hauptverhandlung vom 03.09.2015 als Zeuge vernommen. X wurde seinerzeit vorgeworfen, zusammen mit dem Angeklagten eine Cannabis-Indoorplantage betrieben zu haben. Der Angeklagte war bereits Ende 2014 wegen dieser Tat rechtskräftig verurteilt worden. Im Rahmen seiner Zeugenaussage gab der Angeklagte nach Belehrung über seine Rechte und Pflichten an, dass nicht X, sondern ein anderer Mittäter zusammen mit ihm (dem Angeklagten) die Plantage betrieben habe. Die Mitteilung des Namens dieses Mittäters verweigerte der Angeklagte aus angeblicher Angst vor Repressalien gegen sich und seine Familie. Auf ein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO berief sich der Angeklagte seinerzeit nicht. X wurde schließlich freigesprochen. Eine Strafverfolgung gegen den unbekannten Mittäter konnte bisher – was dem Angeklagten bewusst war – nicht eingeleitet werden. Weder im Nachgang zum Strafverfahren gegen X noch in dem hiesigen Verfahren hat der Angeklagte den Namen des Mittäters preisgegeben. Dass der Angeklagte oder seine Familie tatsächlich Bedrohungen seitens des unbekannten Mittäters ausgesetzt gewesen seien, verneinte das Landgericht. Rechtlich wertete das Landgericht das Verhalten des Angeklagten als Strafvereitelung durch Unterlassen. Den Angeklagten habe als Zeuge in dem Verfahren gegen X eine Garantenstellung für die staatliche Strafrechtspflege getroffen.“

Das OLG hat die Revision verworfen und meint (in seinem Leitsatz):

„Die unberechtigte Verweigerung des Zeugnisses kann zur Strafbarkeit wegen Strafvereitelung durch Unterlassen (§13 StGB) führen, weil der Zeuge in dieser Eigenschaft Garant für die staatliche Strafrechtspflege ist, was aus seiner besonderen strafprozessualen Pflichtenstellung folgt.“

Anwesenheitspflicht des Zeugen bei der polizeilichen Vernehmung, oder: Wer zahlt/entschädigt wie?

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So, und als drittes Posting dann die Mail eines Kollegen, der um „Quellenschutz“ gebeten hat, den ich auch gerne gewähre. Es geht um die Auswirkungen der neuen Erscheinenspflicht des Zeugen bei der polizeilichen Vernehmung durch das „Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens“ v. 17.08.2017 (vgl. hier: BGBl I. S. 3202). Die Mail zeigt sehr schön, dass man an die kleinen Dinge, die mit den großen Änderungen, wie sie der „Bundesheiko“ auf den Weg gebracht hat, zusammen hängen, nicht denkt. Und die machen der Praxis dann richtig Freude 🙂 . Der Kollege schreibt:

…in der Praxis läuft es nicht ganz rund. ??

 Hier grübeln offenbar Heerscharen (scheinbar sogar bei der GenStA, also unbedingt Quellenschutz, bloggen nur nach kurzer Rücksprache, zum Zwecke der Verschleierung) über die Frage, ob von der Polizei geladene, § 163 III StPO,  Zeugen nach dem JVEG entschädigt werden,

[ich denke wohl schon, § 1 Nr. 3 JVEG, nur durch welche Behörde, § 1 Nr. 1 JVEG, steht nur StA ?). 

Man denke an die „Herausforderungen“ der Sachverständigenbestellung, z.B. nach Verkehrsunfällen, bei welcher die Polizei gerne – so meine Erinnerung – den Auftrag des oder der StAin einholt, „wegen der Kosten“.

welches Merkblatt dann verwendet wird,

[das wird nicht leicht, die Textbausteine zu ändern, Software-Länderprojekte].?

wie der Entschädigungsantrag aussieht.

[…und wohl auch, da liegt der Hase wohl eigentlich im Pfeffer, wer die Entschädigungsanträge (wann? Mit Abgabe der Sache von der Polizei zur StA) bearbeitet (Stellen? Mehrarbeit?)]

Eher eine Randnotiz, aber die Wallung scheint groß…

ich habe auf die Schnelle nichts gefunden, in den Gesetzesmaterialien (vgl. Rn. 153 im Skript?). Mag ein Scheinproblem sein, aber zum Thema „Entschädigung des Zeugen“ findet sich in der Literatur nichts genaues ?, z.B. Handbuch EV, Rn. 4021 ff. 

Nach meiner Erfahrung ist aber die Entschädigung durchaus ein praktisches und für die betroffenen Zeugen wichtiges Element des Ganzen, insb. der Wahrnehmung, wie mit einem „umgesprungen“ wird…leider völlig unbekannt (warum wohl? Das gehört fett auf das Merkblatt?) ist ja der § 5 JVEG: „die Benutzung der ersten (sic.!) Wagenklasse der Bahn einschließlich der Auslagen für Platzreservierung und Beförderung des notwendigen Gepäcks ersetzt. „

Ich räume ein: Ich habe dazu in meinem Ebook „Effektivere und praxistauglichere Ausgestaltung des Strafverfahrens?
Die Änderungen in der StPO 2017 – ein erster Überblick“ auch nichts. Einfach nicht daran gadacht. Aber ich bin ja auch nicht der „Bundesheiko“ 🙂 .

Mama als Entlastungszeugin, oder: Erstmals in der Hauptverhandlung vernommen?

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Der BGH, Beschl. v. 11.07.2017 – 3 StR 107/17 – macht noch einmal auf einen (potentiellen) Fehler bei der Beweiswürdigung aufmerksam, der in der Praxis häufiger festzustellen ist. Es geht um eine Verurteilung wegen Vergewaltigung. In der Hauptverhandlung ist die Mutter des Angeklagten als (Entlastungs)Zeugin vernommen worden. Die hat dabei – erstmals – ein „wichtiges Detail“ bekundet. Dem BGH gefällt die Beweiswürdigung des LG nicht:

„1. Im Hinblick auf die Beweiswürdigung stößt es auf rechtliche Bedenken, dass die Jugendkammer im Zusammenhang mit der Würdigung der den Angeklagten entlastenden Angaben seiner Mutter, denen die Jugendkammer nicht gefolgt ist, ausgeführt hat, es falle zunächst auf, dass die Mutter des Angeklagten diese Angaben erstmals bei ihrer Vernehmung in der Hauptverhandlung gemacht habe, während es nahe gelegen hätte, das betreffende „wichtige Detail, wenn es denn der Wahrheit entsprechen würde“, bereits im Ermittlungsverfahren ungefragt bei der Polizei anzugeben. Diese Formulierung könnte darauf hindeuten, dass das Landgericht gegen den vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung hervorgehobenen Grundsatz verstoßen hat, wonach die Unglaubwürdigkeit eines zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigten Zeugen aus Rechtsgründen nicht daraus hergeleitet werden darf, dass dieser im Ermittlungsverfahren geschwiegen bzw. von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht und sich erst in der Hauptverhandlung in einer den Angeklagten entlastenden Weise eingelassen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2015 – 3 StR 298/15, NStZ 2016, 301 mwN).“

Allerdings:

„Dies gefährdet den Bestand des Urteils indes nicht, weil nicht feststeht, dass der Rechtsfehler tatsächlich vorliegt. Denn den Urteilsgründen lässt sich nicht entnehmen, dass die Mutter des Angeklagten im Ermittlungsverfahren von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hat, und eine diesbezügliche Verfahrensrüge ist nicht erhoben worden. Den Entscheidungsgründen zufolge ist es vielmehr möglich, dass die Mutter des Angeklagten bereits im Ermittlungsverfahren ausgesagt und lediglich das den Angeklagten entlastende „wichtige Detail“ erstmals in der Hauptverhandlung mitgeteilt hat; in diesem Fall ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, ihr Aussageverhalten bei der Beweiswürdigung zu Ungunsten des Angeklagten zu werten (vgl. dazu BGH, Urteil vom 2. April 1987 – 4 StR 46/87, BGHSt 34, 324, 327 ff.).“

Der erregte Zeuge, oder: Der Staatsanwalt hat hier gar nichts zu sagen

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Ich eröffne die Woche dann mit dem OLG Oldenburg, Beschl. v. 30.05.2017 – 1 Ws 245/17. Das ist die Sache mit dem „erregten Zeugen“. Über den Beschluss haben auf der Grundlage der PM des OLG ja auch schon einige andere Blogs berichtet, ich habe mir dann erst mal den Volltext besorgt. Ist mir immer lieber als (nur) die Pressemitteilungen der Gerichte 🙂 .

Nach dem Sachverhalt des OLG-Beschlusses muss es etwas hitziger zugegangen sein in der Hauptverhandlung des Amtsgericht, als der Zeuge vernommen wurde. Der Zeuge wird vernommen, am Ende seiner Aussage will er noch etwas sagen, was die Richterin aber „unterbinden“ will. Dann:

„Als sich der Vertreter der Staatsanwaltschaft äußern wollte, wurde der Zeuge W……. laut und aggressiv und erwiderte, er hätte sich da nicht einzumischen, die Richterin würde die Fragen stellen.“

Aus der Äußerung wird dann ein Ordnungsgeld in Höhe von 200 €, ersatzweise zwei Tage Ordnungshaft. Nach Erlass des Ordnungsbeschlusses verlässt der Zeuge „wütend und abrupt den Sitzungssaal mit einem lauten Türknallen“. Gegen den Ordnungsgeldbeschluss des AG dann die Beschwerde des Zeuge, die beim OLG keinen Erfolg hat.

„Die Erklärung des Beschwerdeführers ist als Beschwerde im Sinne von § 181 GVG auszulegen und als solche zulässig, aber unbegründet.

Zwar ist dem Protokoll nicht zu entnehmen, dass dem Beschwerdeführer vor der Beschlussfassung rechtliches Gehör gewährt worden ist. Das Absehen von einer vorherigen Anhörung des Betroffenen ist aber ausnahmsweise dann zulässig, wenn die Ungebühr und der Ungebührwille völlig außer Frage stehen und die Anhörung nur zu weiteren Ausfällen Gelegenheit gäbe (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 178 GVG Rn. 14).

So ist es hier. Der Beschwerdeführer hat den protokollierten Geschehensablauf in seinem Schreiben vom 16. März 2017 bestätigt. Der im Protokoll weiter angeführte Erregungszustand des Beschwerdeführers („laut und aggressiv“)  barg die Gefahr, dass dieser bei einer Gelegenheit zur Äußerung vor Erlass des Ordnungsgeldbeschlusses erneut die Würde des Gerichts oder des Vertreters der Staatsanwaltschaft angreifen könnte.

Diese Einschätzung lässt sich zudem auf das Folgegeschehen stützen, als der Beschwerdeführer ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls nach Verkündung des Ordnungsgeldbeschlusses „wütend und abrupt den Sitzungssaal mit einem lauten Türknallen“ verließ.

Auch inhaltlich ist der Beschluss nicht zu beanstanden.

Nach § 178 GVG kann gegen Zeugen, die sich in der Sitzung der Ungebühr schuldig machen, ein Ordnungsgeld bis zu eintausend Euro oder Ordnungshaft bis zu einer Woche festgesetzt werden.

Hierbei ist nach § 182 GVG bei einem Ordnungsmittel wegen Ungebühr sowohl der darüber gefasste Beschluss mitsamt Begründung und auch dessen Veranlassung in das Hauptverhandlungsprotokoll aufzunehmen, um so dem Beschwerdegericht ein möglichst objektives, von Erinnerungsfehlern freies und umfassendes Bild des Vorgangs zu vermitteln (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, aaO., § 182 GVG Rn. 1).

Zwar enthält das Hauptverhandlungsprotokoll vom 16. März 2017 keine ausdrückliche Begründung des Ordnungsgeldbeschlusses. Das Fehlen einer solchen Begründung ist aber ausnahmsweise dann unschädlich, wenn aufgrund des Protokollvermerks über die Veranlassung des Beschlusses davon auszugehen ist, dass die Gründe hierfür auch für den Beschwerdeführer außer Zweifel standen und der Protokollvermerk dem Beschwerdegericht die volle Nachprüfung des Beschlusses ermöglicht (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, aaO., § 183 GVG Rn. 4).

So liegt es hier. Im Protokoll ist vermerkt, dass der Beschwerdeführer, als der Vertreter der Staatsanwaltschaft sich äußern wollte, laut und aggressiv erwiderte, er – der Staatsanwalt – hätte sich da nicht einzumischen, die Richterin würde die Fragen stellen.

Dieses Verhalten stellt eine Ungebühr im Sinne des § 178 Abs. 1 GVG dar. Danach ist Ungebühr ein erheblicher Angriff auf die Ordnung in der Sitzung, auf deren justizgemäßen Ablauf, auf den „Gerichtsfrieden“ und damit auf die Ehre und Würde des Gerichts (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, aaO., § 178 GVG Rn. 2).

Selbst wenn der Beschwerdeführer sich aufgrund des Gegenstands der Verhandlung und seiner Vernehmung in einem Zustand emotionaler Erregung befunden haben sollte, ist es für ein Gericht nicht hinnehmbar, wenn ein Zeuge in aggressiver Weise versucht, den Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft zu maßregeln.

So obliegt die Verhandlungsleitung gemäß § 238 Abs. 1 StPO ausschließlich dem oder der Vorsitzenden. Die Äußerung des Beschwerdeführers in Richtung des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft, er habe sich da nicht einzumischen, die Richterin würde die Fragen stellen, zielt darauf ab, dem Vertreter der Staatsanwaltschaft sein Fragerecht abzuschneiden. Insbesondere den Zeitpunkt der Ausübung des Fragerechts gemäß § 240 Abs. 2 StPO bestimmt aber der oder die Vorsitzende (vgl. Meyer-Goßner/Meyer-Goßner, aaO., § 240 StPO Rn. 6). Dem Beschwerdeführer als Zeugen steht dies hingegen nicht zu.

Selbst der in zeitlicher Hinsicht früher einsetzende vom Beschwerdeführer geschilderte Geschehensablauf rechtfertigt ein Ordnungsmittel wegen Ungebühr. Danach habe er am Ende seiner Zeugenaussage noch zwei Sätze sagen wollen, was die Vorsitzende versucht habe zu unterbinden. Als der Staatsanwalt sich  eingemischt habe, habe er diesem erwidert, er solle ruhig sein, er – der Staatsanwalt – sei von der Richterin nicht zum Sprechen aufgefordert worden.

Der Beschwerdeführer verkennt, dass die Vorsitzende dem Beschwerdeführer zumindest schlüssig das Wort entzogen hatte, weshalb dieser zu weiteren Ausführungen nicht berechtigt gewesen ist. Schon ein Weitersprechen seinerseits stellte eine Missachtung der richterlichen Verhandlungsleitung dar. Hingegen war das Zulassen der Äußerung des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft als zumindest schlüssige Anordnung zu verstehen, dem Sitzungsvertreter das Wort zu erteilen. Die an den Staatsanwalt gerichtete maßregelnde Erwiderung des Beschwerdeführers stellte insofern zugleich eine Missachtung des Gerichts dar.

Die Höhe des gegen den Beschwerdeführer festgesetzten Ordnungsgeldes und die Dauer der ersatzweise festgesetzten Ordnungshaft, denen der Beschwerdeführer nicht näher entgegengetreten ist, sind nicht zu beanstanden.“

Nun ja. Ob das AG da nun gleich mit einem Ordnungsbeschluss reagieren musste. Gut, wir kennen die genauen Umstände nicht, aber vielleicht hätte man ja auch erst mal „deeskalieren“ können. Und das OLG arbeitet mir mit ein bisschen viel „schlüssig“. „Schlüssig“ das Wort entzogen, „schlüssig“ das Wort erteilt. Und wenn ich Richter gewesen wäre, hätte ich durch die mitgeteilte Äußerung des Zeugen meine „Würde des Gerichts“ nicht angegriffen gefühlt.