Und die zweite Entscheidung kommt mit dem OVG Sachsen, Beschl. v. 14.09.2023 – 6 B 113/23 – aus Sachsen.
Gekämpft wird um die sofortige Vollziehbarkeit der Entziehung einer Fahrerlaubnis und der Verpflichtung zur Abgabe des Führerscheins. Das VG hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs abgelehnt. Zur Begründung hatte es ausgeführt – und darum wird gestritten, „die Entziehung der Fahrerlaubnis finde ihre Rechtsgrundlage in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG, weil für den Antragsteller an dem gemäß § 4 Abs. 2 Satz 3, Abs. 5 Satz 5 StVG für die Punkteberechnung maßgeblichen Zeitpunkt acht Punkte im Fahreignungsregister eingetragen gewesen seien. Die Antragsgegnerin habe auch die beiden nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 und 2 StVG vor der Entziehung der Fahrerlaubnis liegenden Stufen des Maßnahmesystems rechtsfehlerfrei gegenüber dem Antragsteller ergriffen. Dabei sei eine Punktereduzierung nach § 4 Abs. 6 Satz 3 Nr. 2 StVG nicht eingetreten. Nach dem Erreichen von fünf Punkten habe sie den Antragsteller mit Schreiben vom 20. Dezember 2021 nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 StVG ermahnt. Nachdem dieser einen Punktestand von sieben Punkten erreicht habe, sei er von ihr mit Schreiben vom 5. April 2023 nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 StVG verwarnt worden. Dem stehe nicht entgegen, dass er zu diesem Zeitpunkt rechnerisch bereits acht Punkte erreicht habe. Denn für die Rechtmäßigkeit einer Maßnahme nach § 4 Abs. 5 Satz 1 StVG seien nur die im Fahreignungsregister eingetragenen und der Fahrerlaubnisbehörde im Zeitpunkt des Ergreifens der Maßnahme nach § 4 Abs. 8 StVG vom Kraftfahrt-Bundesamt übermittelten Zuwiderhandlungen maßgeblich. Im Zeitpunkt der Verwarnung am 5. April 2023 habe die Antragsgegnerin keine vom Kraftfahrt-Bundesamt vermittelte Kenntnis davon gehabt, dass die beiden Geschwindigkeitsüberschreitungen vom 3. und 20. September 2022 seit dem 24. März 2023 rechtkräftig geahndet worden seien. Auch aufgrund der Mitteilung seines Prozessbevollmächtigten vom 24. März 2023 habe der Antragsgegner keine Reduzierung des Punktestands durchführen müssen. Es entspräche einhelliger Auffassung der Rechtsprechung, dass die Fahrerlaubnisbehörde den erforderlichen Kenntnisstand nach § 4 Abs. 6 Satz 3 StVG nur durch Mitteilungen des Kraftfahrt-Bundesamtes, nicht durch Mitteilungen des Fahrerlaubnisinhabers oder anderer Privatpersonen erhalte. Dies entspreche auch der Rechtsprechung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 6. November 2020 – 6 B 269/20 –, juris Rn. 4 ff.).“
Dazu dann der Leitsatz der OVG-Entscheidung, der das noch einmal bestätigt:
Die Fahrerlaubnisbehörde hat im Zusammenhang mit Maßnahmen nach § 4 Abs. 5 Satz 1 StVG grundsätzlich nur diejenigen Zuwiderhandlungen zu berücksichtigen, die ihr durch das Kraftfahrt-Bundesamt übermittelt worden sind, nicht sonstige, ihr aufgrund einer Selbstanzeige oder Rücknahme des Einspruchs des Fahrerlaubnisinhabers bekannten Verstöße.