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Das mit dem Handy gefilmte rectale Einführen einer Flasche, oder: Zurschaustellen von Hilflosigkeit?

entnommen wikimedia.org

Der BGH hat sich im BGH, Beschl. v. 25.04.2017 – 4 StR 244/16 – mit den Voraussetzungen, unter denen die Hilflosigkeit einer Person auf einer Bildaufnahme zur Schau gestellt wird (§ 201a Abs. 1 Nr. 2  StGB), befasst. Zwischen dem Angeklagten und zwei Mitangeklagten und dem Nebenkläger war es im August 2015 zu einer „Auseinandersetzung“ gekommen. Hintergrund war, dass die jüngere Schwester des Angeklagten, E. K. , bis etwa einen Monat vor dem Tatgeschehen eine geheim gehaltene Liebesbeziehung zu dem Nebenkläger unterhalten hatte, in deren Verlauf es auch mindestens einmal zum Geschlechtsverkehr gekommen war, worüber der Nebenkläger in seinem Freundeskreis berichtete. Davon erfuhr der Angeklagte etwa eine Woche vor der Tat und verstand dies so, dass der Nebenkläger damit geprahlt habe, er habe „K. s Schwester gefickt“. Das hat der Angeklagte als Beleidigung seiner Schwester und auch seiner eigenen Person angesehen. Es kam dann – aus Rache – zu einer Auseinandersetzung. Zunächst wurde der Nebenkläger verprügelt. Im weiteren Verlauf der Auseinandersetzung forderte der Angeklagte vom Nebenkläger die Zahlung von 2.500 € für die operative Rekonstruktion des Hymens seiner Schwester.

Um den Nebenkläger dann noch einmal in besonderer Weise zu demütigen und sich ihm gegenüber ein Druckmittel zu verschaffen, verlangte der Angeklagte dann von diesem, sich eine leere 0,3-Liter-Flasche mit langem Hals in den Anus einzuführen. Den Hals der Flasche hatte der Angeklagte zuvor eingecremt. Der Nebenkläger kam der Aufforderung nach. Der Angeklagte filmte dieses Geschehen mit der Kamerafunktion des Mobiltelefons eines der beiden Mitangeklagten. Er zeichnete zunächst das Gesicht des Nebenklägers auf. Dann nahm er gezielt dessen Gesäß in den Fokus. Nach einiger Zeit gestattete der Angeklagte dem Nebenkläger aufzuhören. Er erklärt, er werde das Video im Internet veröffentlichen, wenn er die 2.500 € nicht erhalten würde oder wenn der Nebenkläger zur Polizei gehen würde.

Beim LG Essen ist für dieses Tatgeschehen eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren verhängt. Der Angeklagte ist u.a. wegen Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen gem. § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB verurteilt worden. Dazu dann jetzt der BGH, der das LG-Urteil aufgehoben hat. Begründung: Die bislang vom LG getroffenen Feststellungen seien nicht ausreichend für die Verurteilung wegen Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs i.S. § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB durch die Bildaufnahmen der vom Nebenkläger verlangten rektalen Einführung der Flasche. Nach Auffassung des BGH ist zwar das Merkmal der Hilflosigkeit erfüllt. Aber es haperte bei dem weiteren Tatbestandsmerkmal des Zur-Schau-Stellens:

„b) Indes bestehen auf der Grundlage der Urteilsfeststellungen durchgreifende Zweifel daran, dass die Hilflosigkeit des Nebenklägers auf der Bildaufnahme auch „zur Schau“ gestellt wird.

aa) Hinsichtlich der Anforderungen an das Tatbestandsmerkmal „Zur-Schau-Stellen“ in § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB teilt der Senat die Auffassung im Schrifttum, wonach der Wortlaut der Regelung hier eine besondere Hervorhebung der Hilflosigkeit als Bildinhalt voraussetzt, so dass diese für einen Betrachter allein aus der Bildaufnahme erkennbar wird (ebenso Bosch aaO, Rn. 12; Fischer aaO, Rn. 10b). In Fällen der bloßen Abbildung der Vornahme einer Handlung durch eine Person (als Tatopfer) bedarf dies in der Regel näherer Darlegung, wenn die abgebildete Handlung nicht schon ohne Weiteres die Hilflosigkeit der sie vornehmenden Person impliziert. Gibt erst der Gesamtkontext der Bildaufnahme – etwa bei ambivalenten Handlungen – zu erkennen, dass die abgebildete Person sie im Zustand der Hilflosigkeit vornimmt, beispielsweise in einer Bemächtigungssituation, bedarf es dazu eingehender tatrichterlicher Feststellungen.

bb) Gemessen an diesem Verständnis des Tatbestandsmerkmals des Zur-Schau-Stellens ermöglichen die bisher getroffenen Feststellungen dem Senat nicht die Prüfung der Frage, ob der Bildinhalt die Hilflosigkeit des Tatopfers im dargelegten Sinne zu erkennen gibt. Dem angefochtenen Urteil ist insoweit lediglich zu entnehmen, dass der Angeklagte das betreffende Geschehen, hier die rektale Einführung der Flasche, mit der Kamerafunktion des Mobiltelefons des Mitangeklagten Y. aufzeichnete. Ob diese Bildaufzeichnung auch die Be- drohungssituation widerspiegelt, ergeben die Urteilsfeststellungen nicht. Der Umstand, dass sich der Geschädigte die Flasche rektal einführte, sagt aber für sich genommen noch nichts über den Kontext aus, in dem die Handlung ausgeführt wurde.“