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Irreführende Werbung eines Rechtsanwalts, oder: Ein „virtuelles Büro“ ist keine Zweigstelle

© vege- Fotolia.com

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Schon etwas länger schlummert in meinem Blogordner das AGH NRW Urt. v. 30.9.16 – 1 AGH 49/15 – zur irreführenden Werbung eines Rechtsanwalts aus dem Rheinland, so richtig etwas für den „Kessel Buntes“. Die Kurzaussage aus dem Urteil: Die Werbung eines Rechtsanwalts ist irreführend, wenn er auf seiner Internetseite und auf seinen Briefköpfen angibt, Büros an zwei unterschiedlichen Orten zu unterhalten, seine Kanzlei tatsächlich aber nur an einem Ort betreibt, während er an dem anderen Ort – ohne vertragliche Grundlage – lediglich Bürodienstleistungen tatsächlich in Anspruch nehmen kann.

Der Kläger, ein Rechtsanwalt aus Brühl, hatte auf seiner Homepage und auf seinen Briefköpfen mit der Bezeichnung „Büro“ und einer Ortsangabe auf von ihm an zwei unterschiedlichen Orten betriebene Büros verwiesen. An dem einen Ort in Brühl unterhielt er seine Kanzleiräume. An dem zweiten Ort L war eine von ihm betriebene Unternehmergesellschaft über einen örtlichen Anbieter in Form eines sog. „virtuellen Büros“ tätig. Deswegen hatte der Kläger die Hinweise auf sein zweites Büro teilweise mit dem Zusatz „c/o“ und dem Namen der Unternehmergesellschaft ergänzt. Die am zweiten Standort verfügbaren Bürodienstleistungen kann der Rechtsanwalt (tatsächlich) in Anspruch nehmen. Eine vertragliche Regelung zwischen ihm und der Unternehmergesellschaft oder dem örtlichen Anbieter existiert nicht. Die zuständige RAK Köln ist davon ausgegangen, dass die Nennung zweier Büroanschriften den Eindruck erwecke, dass der Rechtsanwalt zwei vollwertige Kanzleisitze unterhalte. Das sei aber nicht zutreffend und verstoße damit als irreführende Werbeangabe gegen § 6 BORA. Die RAK hatte dem Kläger daher aufgegeben, den Hinweis auf die zweite Büroanschrift mit und ohne „c/o“-Zusatz zu unterlassen. Dagegen hat der Kläger beim AGH geklagt. Seine Klage hatte keinen Erfolg.

Der AGH bejaht einen Verstoß gegen § 6 Abs. 1 BORA. Die Verwendung der zweiten Büroanschrift des Klägers ist eine berufsrechtswidrige, irreführende Werbung. Der Kläger unterhält nur in Brühl seine eigentlichen Kanzleiräume. Anders als er meint, handelt es sich bei seiner Zweigstelle in L um kein vollwertiges Büro. Denn tatsächlich unterhält der Kläger in L kein eigenes Büro in eigenen oder gemieteten Räumen. An dem Standort hat nur seine Unternehmergesellschaft bei einem örtlichen Anbieter ein virtuelles Büro angemietet und überlässt dieses dem Kläger. Als Rechtsanwalt nimmt der Kläger hier erbrachte Büroleistungen in Anspruch, ohne dies mit dem örtlichen Anbieter oder seiner Unternehmergesellschaft vertraglich geregelt zu haben. Damit gibt der Kläger auf seiner Homepage und in seinen Briefköpfen eine Anschrift in L und Kommunikationsmöglichkeiten an, die vom örtlichen Anbieter nicht ihm, sondern nur der Unternehmergesellschaft zur Verfügung gestellt würden. Es sei unzutreffend und irreführend, wenn er dies als sein Büro bezeichne.

Fazit: Letztlich bleibt dem Kläger nur, klar und deutlich aufzuführen, dass es sich bei dem Büro in L eben nur um ein virtuelles Büro handelt. Und die vertraglichen Grundlagen für dessen Betrieb müssen geklärt/umgestellt werden. Denn „gerettet“ hat den Kläger und sein „virtuelles Büro“ auch nicht der Umstand, dass der Kläger im Impressum seiner Homepage auf den Hauptsitz seiner Kanzlei in Brühl hingewiesen hat. Das ließ nach Auffassung des AGH die Irreführung nicht entfallen. Die Seite mit dem Impressum könne die Wirkung der anderen Internetseiten nicht beseitigen. Und: Eine ausreichende Aufklärung potenzieller Mandanten war nach Ansicht des AGH dann schließlich auch nicht Folge des teilweise verwandten „c/o“-Zusatzes. Denn der werde in der Praxis als bloße Zustellungsanweisung verstanden und führe einem Leser nicht vor Augen, dass der Kläger an dem genannten Standort selbst überhaupt keine Büroräume unterhalte.

Sonderangebote gibt es hier, oder: Wer will sparen/Geiz ist geil?

burhoff-blog-buecherIch weiß, Werbung in Blogs wird nicht gern gesehen, aber der Mensch muss ja leben 🙂 und daher gibt es eben in meinem Blog immer wieder auch mal Werbung für „meine Produkte“. Wer es nicht mag, muss ja jetzt nicht weiterlesen. Aber: Er verpasst ggf. eine günstige Gelegenheit, eben „Sonderangebote“, die der ZAP-Verlag gerade aufgelegt hat in einigen „Mängelaktionen“. In denen werden Bücher verkauft, die kleine Mängel haben. Meist sind es Bücher aus Retouren, bei denen dann z.B. der Schutzunschlag ein wenig verknittert ist oder die Plastikhülle fehlt. Inhaltlich ist mit den Büchern aber alles in Ordnung. Und da kann man dann ja vielleicht dem Gedanken zum Kauf schon mal näher treten.

Derzeit sind folgende vier Werke im „Sonderangebot“ erhältlich:

Zum Bestellformular geht es hier. Die Bestellung landet dann bei mir 🙂 .

Werbemodus aus 🙂 .

Die mit Werbung bestickte Anwaltsrobe – darf ich?

© Paty Wingrove - Fotolia.com

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Die Frage, ob ein Rechtsanwalt eine mit Werbung – für die eigene Kanzlei, ggf. aber auch für Verlage usw.?? – bestickte Robe tragen darf, hat vor einiger Zeit die Blogs ebschäftigt. Grundlage war das AGH NRW, Urt. v. 29.05.2015 – 1 AGH 16/15 -, das auf die Anfrage eines Kollegen zurückgeht, der eine mit Werbung bestickte Robe tragen wollte bzw. bei der RAK angefragt hatte, ob das zulässig sei. Die Werbung sollte so groß sein, dass sie auch aus 8 m Entfernung noch lesbar sein sollte. Die RAK hatte das verneint. Dagegen hat der Kollege dann beim AGH geklagt. Der hat dann entschieden: Er darf nicht:

„Zu Recht hat sich die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid auf den Standpunkt gestellt, dass das Tragen einer im Schulterbereich nach dem Muster des Klägers bestickten oder bedruckten Robe mit dem aus einer Entfernung von acht Metern lesbaren Text „ppppppppp www.ppppppppp.de“ berufsrechtlich unzulässig und daher vom Kläger im Rahmen seiner Berufsausübung vor Gericht zu unterlassen ist.

Das Tragen einer solcherart gestalteten Robe vor Gericht verstößt gegen § 20 BORA. Mit seinem gegenteiligen Standpunkt verkennt der Kläger den Normzweck von § 20 BORA.

Denn der Sinn des Robetragens durch Anwälte besteht darin, dass diese im Rahmen einer gerichtlichen Verhandlung aus dem Kreis der übrigen Teilnehmer heraus-gehoben werden; ihre Stellung als unabhängiges Organ der Rechtspflege wird sichtbar gemacht (BVerfGE 28, 21 = NJW 1970, 851; Hartung/Scharmer, 5. Aufl., § 20 Rn. 16 ff; ebenso Henssler/Prütting, 4. Aufl., § 20 BORA Rn 4; Gaier/Wolf/ Göcken/Wolf, 2. Aufl., § 1 BRAO Rn. 91). Allen Beteiligten wird dadurch deutlich, dass Rechtsanwälten eine eigenständige Organstellung zukommt, die besondere Rechte und Pflichten im Verfahren und in der Verhandlung begründen (Hartung/ Scharmer a.a.O.). Nach der Rechtsprechung des BVerfG (a.a.O. S. 852) liegt darin auch ein zumindest mittelbarer Nutzen für die Rechts- und Wahrheitsfindung im Prozess; denn die Übersichtlichkeit der Situation im Verhandlungsraum wird ge-fördert und zugleich ein Beitrag zur Schaffung jener Atmosphäre der Ausge-glichenheit und Objektivität geleistet, in der allein Rechtsprechung sich in an-gemessener Form darstellen kann.

Soweit eine berufsrechtliche Pflicht zum Tragen einer Robe im Hinblick auf fehlende Üblichkeit bzw. vor Amtsgerichten in Zivilsachen nicht besteht und ein Rechtsanwalt deshalb vom Tragen einer Robe absieht, stellt sich das vom Kläger aufgeworfene Problem nicht. Will ein Rechtsanwalt die Robe vor Gericht auch dort tragen, wo eine berufsrechtliche Pflicht nicht besteht, muss ihre äußere Gestaltung dem Sinn des Robetragens entsprechen.

Aus diesem Zweck des Robetragens folgt sogleich und unmittelbar, dass die Robe des Anwalts frei zu sein hat von werbenden Zusätzen (Henssler/Prütting, 4. Aufl., § 20 BORA Rn 4; Feuerich/Weyland/Vossebürger, 8. Aufl., § 20 BORA Rn. 4; Hartung/Scharmer, 5. Aufl., § 20 Rn. 41). Da das Tragen der schwarzen Robe aus den Gründen der Rationalität, Sachlichkeit und Verallgemeinerungsfähigkeit bei der Rechtsanwendung erfolgt und in der Organstellung des Rechtsanwalts verankert ist, kommt es für den Grundsatz der Werbefreiheit auf den von der Beklagten heran-gezogenen Grundsatz der sachlichen Werbung (§ 43b BRAO i.V.m. § 6 Abs. 1 BORA) nicht an. Jede Werbung auf der vor Gericht getragenen Anwaltsrobe ist nach Sinn und Zweck des Robetragens ausgeschlossen, auch die sachliche.

Die Anbringung des aus acht Metern lesbaren Textes „pppppppp www.pppppppp.de“ auf dem Rückenbereich der Anwaltsrobe stellt einen solchen werbenden Zusatz dar. Anders als der Kläger es darstellen will, geht es nicht um seine bloße Kenntlichmachung, für die im Rahmen einer Gerichtsverhandlung schon deshalb kein Bedürfnis besteht, weil es sich um eine solche im Rückenbereich der Anwaltsrobe handelt. Da Werbung jedes Verhalten ist, das darauf angelegt ist, andere dafür zu gewinnen, die Leistung desjenigen, für den geworben wird, in Anspruch zu nehmen (so BVerfG NJW 1992, 45), versteht es sich von selbst, dass einem aus acht Metern Entfernung lesbarer Text auf dem Rücken einer Anwaltsrobe unter Nennung des Namens des sie tragenden Rechtsanwalts und seiner Internetadresse ein werbender Charakter zukommt.“

Schade, wäre sicherlich für den ein oder anderen Kollegen eine zusätzliche Einnahmequelle gewesen/geworden?

„Ich bin dann entsetzt…“ – ich aber auch :-(

HomepageGestern habe ich mal wieder einen (kostenfreien) Newsletter versandt, der über eine gebührenrechtliche Neuerung auf meiner Homepage „Burhoff-online“ berichtet hat, nämlich über den eingestellten Beitrag aus RVGreport 2015, 282 „Anwaltsvergütung für die Verteidigung in Verkehrsstrafsachen„. Diesen (kostenfreien) Newsletter beziehen rund 4.200 Abonnenten. Nach dem Versand eines Newsletters gibt es immer eine Reihe von Rückmeldungen in Form von Abmeldungen, das ist ganz normal. Der ein oder andere merkt erst beim Eingang eines Newsletters, dass er ihn nicht mehr braucht. Bis hierhin: Alles gut.

Nicht gut fand ich dann aber die Mail eines Beziehers, die ich gerade erhalten habe. Da heißt es:

„Werter Herr Burhoff,

nach längerer Abwesenheit habe ich gestern Ihren jüngsten RVG-Newsletter erhalten und geöffnet und war entsetzt über die bisher so nicht gekannte Menge an Werbung. Diese nervt total. Ein Teil lässt sich abschalten (wobei dann noch ein Feedback abzugeben ist), die Werbung für ZAP habe ich nicht wegbekommen und diese verdeckt dann einen Teil der Entscheidung, die man gerade lesen will.

Ich bitte um Mitteilung, wie man die Werbung komplett  entfernen kann, um den gesamten Text uneingeschränkt lesen zu können. Am besten wäre natürlich, Sie würden die Werbung aus dem Newsletter verbannen!!

Vielen Dank für Ihre Hilfe. Mit freundlichen Grüßen“

Und die Mail hat mich dann – gelinde ausgedrückt – erstaunt/verärgert, da nutzt auch das „Werter“ nichts. Ich habe geantwortet, und zwar wie folgt:

„.….

sorry, aber ich bin dann entsetzt über diese Mail. Ich darf dann aber doch mal darauf hinweisen, dass es sich um einen kostenfreien Service meiner HP handelt und ich die entstehenden Kosten für HP usw. irgendwie auffangen muss. Dabei hilft die Werbung.

Im Übrigen: Die Werbung auf der HP ist m.E. mehr als dezent. Ich weiß nicht, ob und wie man sie „komplett entfernen“ kann. Es ist auch nicht meine Aufgabe, danach zu forschen. Bei mir werden auch keine Texte verdeckt. Im Übrigen enthält der Newsletter nur „Wort-Werbung“ für meine Bücher. Und Mails mit „!!“ brauche ich schon gar nicht.

Sorry, aber ich finde Ihre Mail schlicht ein wenig unverschämt.“

Auf solche Bezieher – kommt aus der Justiz, aber andere Berufsgruppen können das auch – kann ich gut verzichten. Ich sehe nun wahrlich nicht ein, warum ich die Möglichkeit, die Kosten der Homepage ein wenig zu reduzieren, nicht nutzen soll. Und ich nutze sie und werde sie weiter nutzen. Und wem das nicht gefällt: Jeder Newsletter weist auf die Möglichkeit der Abmeldung hin. Die mag man dann nutzen, wenn es nicht gefällt. Im Übrigen: Reisende soll man nicht aufhalten und halte ich nicht auf. Ciao.

Das Kondom „Made in Germany“

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Wo „Made in Germany“ drauf steht, muss auch „Made in Germany“ drin sein und der Inhalt darf nicht aus dem Ausland kommen. Das hat jetzt das OLG Hamm im OLG Hamm, Urt. v. 20.11.2012 – I 4 U 95/12 – entschieden.

Worum ging es: Eine Bielefelder Firma hatte aus dem Naturprodukt Latex bestehende Rohlinge, die auch als „Bulk-Ware“ bezeichnet werden, importiert und in Arnstadt weiterverarbeitet. Sie wurden dort befeuchtet, verpackt und kontrolliert. Das reicht nach Ansicht des 4. Zivilsenats des OLG Hamm aber nicht aus, um mit „Made in Germany“ zu werben. Diese Aussage erfülle in der konkret angegriffenen Verwendung den Tatbestand der Irreführung nach § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb. „Die Verbraucher erwarten, dass wesentliche Fertigungsschritte, zumindest jedoch der maßgebliche Herstellungsvorgang, in Deutschland stattgefunden hat“, so die Begründung des Urteils vom 20. November 2012 (Az. I-4 U 95/12; vgl. auch hier bei LTO).