Schlagwort-Archive: VW-Abgasskandal

Abschließendes Wort des BGH im VW-Abgasskandal, oder: Geld zurück, aber „Kilometergeld“

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Ich habe hier ja in den vergangenen Jahren häufiger über die zivilrechtlichen Folgen des VW-Dieselskandals – Stichwort: Schummelsoftware – berichtet. Dazu hatte es dann ja auch eine ganze Reihe von OLG- und LG-Beschlüssen gegeben, die letztlich weitgehend darauf hinausliefen, dass eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung der Käufer vorliegt, die deshlab Schadensersatz verlangen können.

Dazu hat dann jetzt auch der BGH im BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19 – abschließend Stellung genommen. Über die Entscheidung ist ja schon viel berichtet worden, ich will auf sie aus Gründen der Vollständigkeit hier auch hinweisen. Es sollen aber die (amtlichen) Leitsätze der Entscheidung genügen. Die lauten:

  1. Es steht wertungsmäßig einer unmittelbaren arglistigen Täuschung der Fahrzeugkäufer gleich, wenn ein Fahrzeughersteller im Rahmen einer von ihm bei der Motorenentwicklung getroffenen strategischen Entscheidung, die Typgenehmigungen d<er Fahrzeuge durch arglistige Täuschung des Kraftfahrt-Bundesamts zu erschleichen und die derart bemakelten Fahrzeuge alsdann in Ver­kehr zu bringen, die Arglosigkeit und das Vertrauen der Fahrzeugkäufer gezielt ausnutzt.

  2. Bestehen hinreichende Anhaltspunkte für die Kenntnis zumindest eines vormaligen Mitglieds des Vorstands von der getroffenen strategischen Entscheidung, trägt der beklagte Hersteller die sekundäre Darlegungslast für die Behauptung, eine solche Kenntnis habe nicht vorgelegen. Darauf, ob die vormaligen Mitglieder des Vorstands von dem Kläger als Zeugen benannt werden könnten, kommt es nicht an.

  3. Wird jemand durch ein haftungsbegründendes Verhalten zum Abschluss eines Vertrages ge­bracht, den er sonst nicht geschlossen hätte, kann er auch bei objektiver Werthaltigkeit von Leis­tung und Gegenleistung dadurch einen Vermögensschaden erleiden, dass die Leistung für sei­ne Zwecke nicht voll brauchbar ist. Die Bejahung eines Vermögensschadens unter diesem As­pekt setzt allerdings voraus, dass die durch den unerwünschten Vertrag erlangte Leistung nicht nur aus rein subjektiv willkürlicher Sicht als Schaden angesehen wird, sondern dass auch die Ver­kehrsanschauung bei Berücksichtigung der obwaltenden Umstände den Vertragsschluss als un­vernünftig, den konkreten Vermögensinteressen nicht angemessen und damit als nachteilig an­sieht.

  4. Die Grundsätze der Vorteilsausgleichung gelten auch für einen Anspruch aus vorsätzlicher sit­tenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB.

Also kurz gefasst: Es ist gibt den Kaufpreis zurück, aber der Käufer muss sich, was m.E. ja auch o.k. ist, die gefahrenen Kilometer anrechnen lassen.

Und: Entschieden hat der BGH einen sog. Altfall, also einen Kauf vor Bekanntwerden der Schummelei. Manipulation im September 2015 erworben. Ob die Grundsätze auch beim späteren Kauf betroffener Fahrzeuge, also in Kenntnis der Manipulation, gelten ist nicht ganz unstrittig (verneint von OLG Köln, Urt. v. 17.3.2020 – 25 U 39/19; OLG Schleswig, Urt. v., 13.11.2019 – 9 U 120/19; bejaht von OLG Hamm, Urt. v. 10.09.2019 – I-13 U 149/18). Zudem muss man bei einem Altfall immer auch die Frage der Verjährung im Auge behalten (vgl. dazu OLG Stuttgart, Urt. v. 14.4.2020 – 10 U 466/19).

VW-Abgasskandal: Gebrauchtwagenkauf im Februar 2016, oder: Noch vorsätzliche sittenwidrige Schädigung?

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Heute dann zunächst noch einmal ein wenig VW-Abgasskandal, und zwar der OLG Celle, Beschl. v. 01.07.2019 – 7 U 33/19, ein Hinweisbeschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO.

Es geht noch einmal um die Frage der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung. Hier hatte der Kläger im Februar 2016 einen gebrauchten Pkw mit dem Motor EA 189, welcher vom Abgasskandal betroffen ist gekauft. Er verlangte nun Hersteller wegen des Einsatzes der Manipulationssoftware Schadensersatz. Das OLG Celle hat einen Anspruch u.a. aus § 826 BGB verneint.

„Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

1. Dem Kläger stehen gegenüber der Beklagten keine Ansprüche aus § 826 BGB zu.

a) Nach allgemeiner Ansicht (auch der des Senats, s. Beschluss vom 30. Juni 2016, 7 W 26/16) haben Käufer von Fahrzeugen mit Dieselmotoren vom Typ EA 189 Euro 5, die aufgrund der bei ihnen verbauten Abschaltvorrichtung von dem sog. VW-Abgasskandal betroffen sind, eine mit einem Sachmangel behaftete Kaufsache erworben. Denn diese Fahrzeuge sind mit einer Motorsteuerungssoftware ausgestattet worden, mit deren Hilfe die Stickoxidwerte (NOx) im Prüfstand manipuliert worden sind, d.h. bessere Werte im Unterschied zum normalen Fahrbetrieb vorgetäuscht worden sind, um so die nach der Euro-5-Abgasnorm vorgegebenen NOx-Grenzwerte einzuhalten. Die in diesen Fahrzeugen eingesetzte Abgas-Software hat die Prüfsituation erkannt und im Prüfstand in den NOx optimierenden Modus 1 geschaltet, während sie sich im normalen Fahrbetrieb im Modus O mit eingeschränkter Abgasrückführung befunden hat, wodurch die NOx-Emissionen erheblich höher ausgefallen sind. Bei dieser von der Beklagten eingesetzten sog. „Umschaltlogik“ handelt es sich um eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 und 2 VO (EG) 715/2007, was zur Folge hat, dass die betroffenen Fahrzeuge sachmangelbehaftet im Sinne des § 434 1 Satz 2 Nr. 2 BGB sind. Denn Fahrzeugen mit einem Dieselmotor vom Typ EA 189, die von dem Hersteller mit einer unzulässigen Umschaltvorrichtung versehen sind, die günstigere Emissionswerte im Prüfstandbetrieb vorspiegelt, fehlt die Eignung für ihre gewöhnliche Verwendung, weil der (ungestörte) Betrieb der Fahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr wegen der Gefahr des Einschreitens der zuständigen Behörden nicht gewährleistet ist. Aufgrund der unzulässigen Abschaltvorrichtung sind die Fahrzeuge „nicht vorschriftsmäßig“ im Sinne des § 5 Abs. 1 FZV mit der Folge, dass ihnen die Gefahr einer Betriebsuntersagung oder -beschränkung durch die Zulassungsbehörde anhaftet. Insoweit wird auf die Ausführungen des Bundesgerichtshofs in seinem Beschluss vom 8. Januar 2019 (VIII ZR 225/17, Rdnr. 5 – 23 bei juris) verwiesen.

b) Nicht geklärt ist in der Rechtsprechung die Frage, ob ein vom VW-Abgasskandal betroffener Fahrzeugkäufer die Beklagte als Herstellerin des Dieselmotors vom Typ EA 189 Euro 5 wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung auf Schadensersatz in Anspruch nehmen kann.

Nach einer Auffassung, die von dem OLG Braunschweig (Urteil vom 19. Februar 2019, 7 U 134/17), aber auch in der Instanzrechtsprechung des OLG-Bezirks Celle (etwa LG Bückeburg, Urteil vom 3. Mai 2018, 1 O 88/17 sowie Urteil vom 10. Januar 2019, 1 O 98/18; LG Verden, Urteil vom 20. Juni 2018, 8 O 311/18 sowie Urteil vom 25. Oktober 2018, 5 O 317/17; LG Hannover, Urteil vom 26. September 2018, 17 O 46/18 sowie Urteil vom 5. November 2018, 19 O 201/17) vertreten wird, wird ein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB verneint, weil der Schaden des Käufers, der ein sachmangelbehaftetes Fahrzeug erworben habe, nicht in den Schutzbereich der von der Beklagten verletzten EG-Normen falle, da diese keinen Individualschutz zugunsten der einzelnen Fahrzeugkäufer gewähren würden. Darüber hinaus sei das Verhalten der Beklagten auch nicht sittenwidrig, denn sie sei mangels Bestehens einer Offenbarungspflicht nicht verpflichtet gewesen, potenzielle Käufer der Fahrzeuge auf die Umschaltvorrichtung hinzuweisen, weil es hierbei nicht um einen wertbestimmenden Faktor gehe (OLG Braunschweig, Urteil vom 19. Februar 2019, 7 U 134/17, Rdnr. 188 bei juris; ebenso etwa LG Hannover, Urteil vom 5. November 2018, 19 O 201/17; LG Verden, Urteil vom 25. Oktober 2018, 5 O 317/17; LG Hannover, Urteil vom 26. September 2018, 17 O 46/18; LG Verden, Urteil vom 20. Juni 2018, 8 O 311/17).

Nach der gegenläufigen Auffassung, die u.a. von dem OLG Karlsruhe (Beschluss vom 5. März 2019, 13 U 142/18) und von dem OLG Köln (Beschluss vom 3. Januar 2019, 18 U 70/18; Beschluss vom 1. März 2019, 16 U 146/18), aber auch in der Instanzrechtsprechung im hiesigen Bezirk (etwa LG Hildesheim, Urteile vom 18. Dezember 2018, 3 O 66/18 und 3 O 97/18; LG Hildesheim, Urteil vom 12. Dezember 2018, 2 O 360/17; LG Lüneburg, Urteil vom 28. September 2018, 9 O 52/18 sowie Urteil vom 30. Oktober 2018, 9 O 94/18; LG Stade, Urteil vom 9. Januar 2019, 5 O 95/18 sowie Urteil vom 20. Februar 2019, 5 O 137/18) vertreten wird, kommt ein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB gegenüber der Beklagten in Betracht. Dies wird damit begründet, dass die Beklagte durch das Inverkehrbringen der Dieselmotoren vom Typ EA 189 unter bewusster Verwendung der unzulässigen Abschaltvorrichtung den Käufern der betroffenen Fahrzeuge in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich einen Schaden zugefügt habe. Denn mit der Herstellung und dem Inverkehrbringen der in Rede stehenden Motoren sei konkludent die Erklärung des Herstellers verbunden, dass der Einsatz der Fahrzeuge mit den verbauten Dieselmotoren im Straßenverkehr entsprechend ihrem Verwendungszweck uneingeschränkt zulässig sei, was wegen der vorhandenen gesetzeswidrigen Abschalteinrichtung nicht der Fall sei. Diese damit einhergehende Täuschung der Käufer derartiger Fahrzeuge sei unter den gegebenen Umständen (Profitstreben unter bewusster Täuschung von Behörden, Kunden und Händlern) als sittenwidrig einzustufen, wobei der bei den Käufern entstandene Schaden, der in dem Abschluss des Kaufvertrages über das mangelbehaftete Fahrzeug zu sehen sei, auch unter den Schutzzweck der Norm falle. Denn die Käufer seien über einen die Kaufentscheidung wesentlich beeinflussenden Umstand, nämlich über die uneingeschränkte nicht bedrohte Verwendung des Fahrzeugs im Straßenverkehr, in sittenwidriger Weise getäuscht worden, wodurch unmittelbar in ihren Rechtskreisen eingegriffen worden sei (vgl. im einzelnen OLG Karlsruhe, aaO, Rdnr. 5 – 41 bei juris).

c) Aber auch bei Zugrundelegung der zuletzt genannten Auffassung, der der Senat nach vorläufiger Prüfung grundsätzlich zuneigt, lässt sich vorliegend ein sittenwidriges schädigendes Verhalten der Beklagten in dem hier maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages am 17. Februar 2016 nicht (mehr) ausmachen.

Nach § 826 BGB ist derjenige, der in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet. Diese Voraussetzungen lassen sich hier nicht feststellen.

Da in dem von dem Kläger im Februar 2016 erworbenen Gebrauchtwagen, den Pkw VW Golf Plus 2.0 TDI, von der Beklagten als Herstellerin eine unzulässige Abschalteinrichtung installiert worden ist, das Fahrzeug bei Übergabe deshalb mit einem Sachmangel behaftet gewesen ist, ist bei dem Kläger zwar vordergründig ein Schaden eingetreten, der auf das Verhalten der Beklagten als Herstellerin des mangelbehafteten Fahrzeugs zurückgeht. Ein mit dem Kauf des Fahrzeugs eingetretener Schaden des Klägers ist seitens der Beklagten aber nicht in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise herbeigeführt worden.

Ein Verhalten ist objektiv sittenwidrig, wenn es nach Inhalt oder Gesamtcharakter, der durch zusammenfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt, d.h. mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht vereinbar ist (Palandt/Sprau, BGB, 78. Auflage, zu § 826 Rdnr. 4 m.w.N.). Dass das Verhalten gegen vertragliche Pflichten oder gegen das Gesetz verstößt, ist hierfür nicht ausreichend; hinzutreten muss eine besondere Verwerflichkeit des Verhaltens, die sich aus dem mit der Handlung verfolgten Zweck, dem zur Durchsetzung verwendeten Mittel, der dabei gezeigten Gesinnung oder den entstandenen Folgen ergeben kann (Palandt/Sprau, aaO, m.w.N.).

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des Verhaltens des Anspruchsgegners als sittenwidrig ist der Zeitpunkt der Schadensherbeiführung, d.h. hier der Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages (vgl. BGH, NJW-RR 2013, 1448, 1449 Rdnr. 13; ferner Bamberger, BGB, 4. Auflage, zu § 826 Rdnr. 23). Bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages am 17. Februar 2016 stellt sich das Verhalten der Beklagten nicht (mehr) als sittenwidrig dar.

Als die Beklagte im Jahr 2013 das streitgegenständliche Fahrzeug, den VW Golf Plus 2.0 TDI, mit dem mangelbehafteten Motor zum Zwecke des Verkaufs über einen Vertragshändler in den Verkehr brachte, hatte sie zum einen zwar (bei Zugrundelegung der obigen zweitgenannten Auffassung) in sittenwidriger Weise den Neuwagenkäufer geschädigt, an dem das sachmangelbehaftete Neufahrzeug ausgeliefert wurde. Indem die Beklagte mittels Aufrechterhaltung ihrer mit der Inverkehrgabe des Fahrzeugs abgegebenen konkludenten Erklärung, dass das Fahrzeug uneingeschränkt im Straßenverkehr eingesetzt werden kann, durch fortwährendes Verschweigen der gesetzeswidrigen Softwareprogrammierung in den Dieselmotoren des Typs EA 189 an ihrem danach als sittenwidrig einzustufenden Verhalten festgehalten hatte, wurde anschließend auch nachteilig auf die Vermögenslage ahnungsloser Zweit- und Dritterwerber des sachmangelbehafteten Fahrzeugs eingewirkt. Im Herbst 2015 ist die Beklagte allerdings in die Öffentlichkeit getreten und hat bekannt gegeben, dass die von ihr hergestellten Dieselmotoren des Typs EA 189 wegen Unregelmäßigkeiten nachgebessert werden müssen.

Wie allgemein bekannt ist, hatte der damalige Vorstandsvorsitzende der Beklagten Dr. W. auf einer Pressekonferenz am 22. September 2015 mitgeteilt, dass es bei den in ihren Fahrzeugen verbauten Dieselmotoren des Typs EA 189 zu Unregelmäßigkeiten gekommen sei. Zugleich hatte die Beklagte am 22. September 2015 eine Ad-hoc-Mitteilung herausgegeben, mit der sie die Öffentlichkeit darüber informierte, dass sie „die Aufklärung von Unregelmäßigkeiten einer verwendeten Software bei Diesel-Motoren mit Hochdruck“ vorantreibt. In dieser Mitteilung heißt es u.a. weiter: „Auffällig sind Fahrzeuge mit Motoren vom Typ EA 189 mit einem Gesamtvolumen von weltweit rund elf Millionen Fahrzeugen. Ausschließlich bei diesem Motortyp wurde eine auffällige Abweichung zwischen Prüfstandswerten und realem Fahrbetrieb festgestellt. V. arbeitet mit Hochdruck daran, diese Abweichungen mit technischen Maßnahmen zu beseitigen. Das Unternehmen steht dazu derzeit in Kontakt mit den zuständigen Behörden und dem Deutschen Kraftfahrtbundesamt“ (Anlage B11).

Entsprechend der in dieser Mitteilung enthaltenen Ankündigung, die Öffentlichkeit über den weiteren Fortgang der Ermittlungen fortlaufend zu informieren (s. Anlage B11), hatte die Beklagte, wie dem Senat aus zahlreichen anhängigen Verfahren bekannt ist, in den Folgemonaten Pressemitteilungen herausgegeben. So hatte die Beklagte, nachdem ihr durch Bescheid des Kraftfahrtbundesamtes vom 14. Oktober 2015 aufgegeben worden war, tätig zu werden, in ihrer Pressemitteilung vom 15. Oktober 2015 mitgeteilt, dass von ihr die schnelle Entscheidung des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) begrüßt werde, den in der vergangenen Woche vorgelegten Zeit- und Maßnahmeplan durch einen Rückruf umzusetzen, und dass mit Hochdruck die im Maßnahmeplan festgelegten technischen Lösungen mit dem Ziel erarbeitet würden, ab Januar 2016 mit der Nachbesserung der Fahrzeuge zu beginnen. In ihrer Pressemitteilung vom 25. November 2015 hatte die Beklagte sodann mitgeteilt, dass die Aufarbeitung und Lösung der Diesel-Thematik voranschreite und dass nach der Umsetzung der technischen Maßnahmen die Fahrzeuge die jeweils gültigen Abgasnormen erfüllen würden; ferner, dass es das Ziel sei, ab Januar 2016 die ersten Fahrzeuge im Rahmen eines Rückrufes auf den erforderlichen technischen Stand zu bringen. In ihrer weiteren Pressemitteilung vom 16. Dezember 2015 hatte die Beklagte darüber informiert, dass sie dem KBA die konkreten technischen Maßnahmen für die betroffenen EA189-Motoren vorgestellt habe und dass das KBA nach intensiven Prüfungen alle Maßnahmen vollumfänglich bestätigt habe; zugleich wurde mitgeteilt, dass die betroffenen Fahrzeughalter angeschrieben und über die weiteren Schritte informiert würden.

Indem die Beklagte sonach ihr vorangegangenes gesetzwidriges Tun nach Aufdecken des Abgasskandals um die Dieselmotoren vom Typ EA 189 nicht vertuscht, sondern sich mit der Aufarbeitung der Problematik befasst hat, worüber sie die Öffentlichkeit informiert hat, kann ihr jedenfalls in Bezug auf potenzielle Gebrauchtwagenkäufer ab Herbst 2015 kein verwerfliches Verhalten angelastet werden. Die Beklagte hatte im Herbst 2015 letztlich den Fehler bei der Abgasrückführung ihrer Dieselmotoren EA 189 eingeräumt und seine Beseitigung in Abstimmung mit dem Kraftfahrtbundesamt angekündigt. Mit dieser Vorgehensweise hat die Beklagte den schädigenden Zustand, die Vertuschung der Abgasmanipulation in der Öffentlichkeit, nicht mehr aufrechterhalten. Die Gründe, die ihr Verhalten bis Herbst 2015 als sittenwidrig erscheinen ließen (Täuschung potenzieller Kunden durch Vorspiegelung einer nicht gefährdeten Nutzbarkeit ihrer Fahrzeuge im Straßenverkehr unter Ausnutzung des Vertrauens der Käufer in das Kraftfahrtbundesamt mit dem Ziel der Kostensenkung und Gewinnmaximierung) sind damit weggefallen.

Nachdem die Beklagte die Öffentlichkeit über die vorgenommene Manipulation an den Dieselmotoren EA 189 informiert hatte, setzte auch eine umfangreiche Medienberichterstattung über die sog. VW-Abgasaffäre ein. In den Printmedien, in Funk und im Fernsehen wird seit Herbst 2015 ausführlich und laufend über Vorgänge betreffend den sog. VW-Abgasskandal berichtet, über den allgemein auch in der breiten Öffentlichkeit diskutiert wird. Im Rahmen dieser Diskussion ist zwar auch in Frage gestellt worden, ob die von der Beklagten erarbeitete Nachbesserungsmaßnahme dahingehend, mittels des Aufspielens eines Software-Updates die installierte unzulässige Abschaltvorrichtung zu beseitigen, überhaupt eine geeignete Mängelbeseitigungsmaßnahme ist. In diesem Zusammenhang wird vorgebracht, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass das Update der Motorsteuerungssoftware für das Fahrzeug nicht folgenlos sein werde, wobei eine Erhöhung der Emissionswerte, des Kraftstoffverbrauchs, eine Einschränkung der Motorleistung und das Auftreten von vorzeitigen Verschleißerscheinungen angesprochen wird. Zudem wird den betroffenen Fahrzeugen allgemein nachgesagt, dass sie mit einem nicht behebbaren Makel behaftet seien, was sich nachteilig auf ihren Wert auswirke.

Ob diese gegen das Update vorgebrachten Einwände berechtigt sind, kann hier allerdings dahinstehen. Denn diese Gesichtspunkte können nicht dazu führen, das Verhalten der Beklagten ab Herbst 2015 weiterhin als verwerflich im Sinne des § 826 BGB einzustufen. Die Beklagte hat die Abgasthematik öffentlich gemacht und dabei der (zuvor getäuschten) Allgemeinheit bekannt gegeben, dass die Dieselfahrzeuge, weil sie nicht uneingeschränkt in Ordnung sind, nachgebessert werden müssen; zugleich hat sie die Allgemeinheit darüber informiert, welche Maßnahmen sie in Abstimmung mit dem Kraftfahrtbundesamt zur Behebung des Mangels vornehmen wird. Damit hat die Beklagte es jedem einzelnen potenziellen Gebrauchtwagenkäufer überlassen, selbst darüber zu entscheiden, ob er ungeachtet des „Dieselgates“ Vertrauen in ihre Dieselfahrzeuge hat oder ob er wegen möglicherweise offen gebliebener Fragen Abstand von dem Kauf ihrer Fahrzeuge nimmt.

Damit erweist sich der Einwand des Klägers in seiner Berufungsbegründung, wonach ihm negative Folgewirkungen des Mangels sowie die vermeintliche Ungeeignetheit des Software-Updates bei Vertragsabschluss nicht bekannt gewesen seien, als unbeachtlich, nachdem sich die Beklagte öffentlich zu dem Abgasskandal erklärt hatte und die negative Berichterstattung hierüber unmittelbar nach Aufdecken des Dieselskandals im Herbst 2015 einsetzte. Dass es der Kläger unterlassen hatte, sich anlässlich des Kaufs des Dieselfahrzeugs mit der Thematik zu befassen, geht jedenfalls nicht auf ein sittenwidriges Verhalten der Beklagten zurück. Die Beklagte hat kundgetan, auf welche Weise der Mangel in Form der manipulierten Software in Abstimmung mit dem Kraftfahrtbundesamt beseitigt werden soll, was den für die jeweiligen Fahrzeugtypen ergangenen Freigabebestätigungen des Kraftfahrtbundesamtes entspricht. So hat das Kraftfahrtbundesamt in seinen Freigabebestätigungen jeweils festgehalten, dass die Überprüfungen ergeben haben, dass keine unzulässige Abschalteinrichtung festgestellt wurde, dass die offengelegten vorhandenen Abschalteinrichtungen als zulässig eingestuft wurden, dass die Grenzwerte eingehalten werden, dass die von dem Hersteller angegebenen Kraftstoffverbrauchswerte und CO2-Emissionen bestätigt werden und dass die bisherige Motorleistung unverändert bleibt. Damit geht sogleich der weitere Einwand des Klägers fehl, wonach sich sein Fahrzeug auch nach dem Software-Update nicht in einem zulassungsfähigen Zustand befinde, nachdem das Kraftbundesamt die Maßnahme ausdrücklich freigegeben hat.

Nach alledem lässt sich zu Lasten der Beklagten eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung der Käufer, die, wie der Kläger, ab 2016 einen Gebrauchtwagen mit dem in Rede stehenden Dieselmotor vom Typ EA 189 EURO 5 erworben haben, nicht (mehr) feststellen.“

Meinungsstand schön dargestellt…..

Und nochmals VW-Abgasskandal, oder: Vorsätzliche sittenwidrige Schädigung…..

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Hier im Kessel Buntes dann heute noch einmal eine Entscheidung zum „Abgasskandal“ und seinen Folgen. Es geht um das OLG Koblenz, Urt. v. 12.06.2019 – 5 U 1318/18, wonach die VW AG dem Käufer eines VW-Sharan, dessen Motor mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgerüstet ist, wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zu Schadensersatz verpflichtet ist. Allerdings muss sich der klagende Käufer Nutzungsvorteile anrechnen lassen.

Gekauft hatte der Kläger den Pkw im Januar 2014 für ca. 31.000 €. In dem Fahrzeug war ein Dieselmotor der Baureihe EA 189 eingebaut, der nach Auffassung des Kraftfahrtbundesamtes über eine unzulässige Abschaltvorrichtung verfügt.

Der Kläger hat die VW AG als Herstellerin des Fahrzeugs und Motors auf Schadensersatz in Anspruch genommen, und zwar nach § 826 BGB. Das LG hat seine Klage abgewiesen. Das OLG hat zur Zahlung von ca. 26.000 € verurteilt. Der Restbetrag waren Nutzungsvorteile.

Ich sehe mal davon ab die rund 25 Seiten lange Entscheidung hier (teilweise) einzustellen und verweise auf den Volltext. Hier nur die Leitsätze:

1. Wird ein Fahrzeug mit einer unzulässigen, weil die Typengenehmigung in Frage stellenden Einrichtung (hier. Abgasrückführungsabschalteinrichtung) in den Verkehr gebracht, kann eine Haftung aufgrund sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB in Betracht kommen.

2. Als Schaden können sowohl die Gefahr der Stilllegung des Fahrzeuges, die mit den Folgen der Nachrüstung verbundenen Aufwände als auch die enttäuschte Erwartung, einen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten, in Betracht kommen.

3. Der Käufer muss sich in der Regel den Wert der gezogenen Nutzungen als Vorteilsausgleich anrechnen lassen.

Das OLG hat die Revision zugelassen. Vielleicht hören wir dann auch in der Sache demnächst etwas vom BGH.

VW-Abgasskandal: Vorsätzliche sittenwidrige Schädigung, oder: Die Luft wird dünner….

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Während meines Urlaubs ist der OLG Karlsruhe, Beschl. v. 05.03.2019 – 13 U 142/18 – „eingegangen“. Ein weiteres (Mosaik)Steinchen im VW-Abgasskandal. Nach Auffassung des OLG in diesem Hinweisbeschluss (?) kann ein vom VW-Abgasskandal betroffener Fahrzeugkäufer vom Hersteller, der Volkswagen AG, wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung Schadenersatz in Form der Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückgabe des Fahrzeugs verlangen. „Schön“ die Ausführungen des OLG zur Sittenwidrigkeit:

„d) Diese Täuschungshandlung ist auch als sittenwidrig im Sinn des § 826 BGB zu qualifizieren.

aa) Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann (st. Rspr., BGH, Urteil vom 28.06.2016 – VI ZR 536/15, juris Rn. 16). Die Verwerflichkeit kann sich auch aus einer bewussten Täuschung ergeben (BGH, a.a.O., Rn. 16 f.).

bb) Nach diesem Maßstab ist von einem sittenwidrigen Verhalten der Beklagten auszugehen:

Als Beweggrund für das Inverkehrbringen des mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Fahrzeugs kommt vorliegend allein eine angestrebte Kostensenkung und Gewinnmaximierung durch hohe Absatzzahlen in Betracht. Zum einen erscheint es lebensfremd, dass die Beklagte das mit der Verwendung der Abschaltsoftware verbundene erhebliche Risiko ohne wirtschaftlichen Vorteil eingegangen wäre (so OLG Köln, Beschluss vom 16.07.2018 – 27 U 10/18, juris Rn. 20), zum anderen trägt die Beklagte selbst keinen anderen Grund vor.

Soweit die Beklagte rügt, es fehle an schlüssigem Tatsachenvortrag der Klägerseite zu den Motiven für die Verwendung der Software, dürfte dies fehlgehen: Bereits in der Klageschrift wird ausgeführt, die Entwicklung der Motoren sei „aus eigenem Gewinnstreben und, um die Marktführerschaft auf dem Markt der Personenfahrzeuge zu erreichen,“ erfolgt. Die Entwicklungsingenieure hätten aber das Problem gehabt, mit legalen Möglichkeiten die Grenzwerte insbesondere für Stickstoffoxid nicht einhalten zu können, weshalb man sich entschieden habe, die von der Firma B… allein zu Testzwecken entwickelte Software einzusetzen (Klageschrift S. 3, AS. I 5). In der Replik wird weiter präzisiert, die Ingenieure hätten von der Möglichkeit, die erhöhte Abgasrückführung auch im Normalbetrieb zu aktivieren von Anfang an Abstand genommen, weil in Langzeittests bereits ab Laufleistungen von 50.000 km Schäden an Partikelfiltern und Motoren aufgetreten seien. Bereits im Jahr 2006 sei vom Vorstand P…. die Entscheidung getroffen worden, die teurere AdBlue Technologie nicht einzusetzen, sondern der preiswerteren Lösung den Vorzug zu geben (Replik S. 6, AS. I 267; auch Schriftsatz vom 09.01.2018, S. 5, AS. I 385).

Zwar ist allein ein Handeln mit Gewinnstreben nicht als verwerflich zu beurteilen. Im Hinblick auf das eingesetzte Mittel erscheint das Handeln hier aber als verwerflich: Bereits das Ausmaß der Täuschung, nämlich der Einsatz der unzulässigen Abschalteinrichtung in einem Motortyp, der in einer außergewöhnlich hohen Zahl von Fahrzeugen verschiedener Marken des Konzerns verbaut wurde, mit der Folge einer entsprechend hohen Zahl getäuschter Käufer rechtfertigt das besondere Unwerturteil. Überdies erscheint auch die Art und Weise der Täuschung als verwerflich: Durch die dem Inverkehrbringen der Fahrzeuge vorangegangene Täuschung der Typgenehmigungsbehörde zur Erlangung der EG-Typgenehmigung hat sich die Beklagte bei Verkauf der Fahrzeuge das Vertrauen der Käufer in den ordnungsgemäßen Ablauf des öffentlich-rechtlichen Genehmigungsverfahrens und damit auch in die Objektivität der staatlichen Behörde zunutze gemacht.

Die Verwerflichkeit des Handelns ergibt sich des Weiteren aus den resultierenden Folgen: Hier droht zum einen den Käufern erheblicher Schaden in Form der Stilllegung des erworbenen Fahrzeugs (was bereits vielfach geschehen ist, wie aus einer Vielzahl veröffentlichter verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen und aus mehreren vor dem Senat geführten Verfahren bekannt ist). Das von der Beklagten angebotene Software-Update stellt allein ein Angebot der Schadenswiedergutmachung dar. Fehl geht der Einwand der Beklagtenseite, eine Parallelwertung mit dem Kaufrecht verbiete, den Mangel als sittenwidrig anzusehen, weil es sich um einen unerheblichen Mangel im Sinn des § 323 Abs. 5 S. 2 BGB handle. Denn der Mangel ist als erheblich zu qualifizieren. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des OLG Karlsruhe, Beschluss vom 06.12.2018 – 17 U 4/18, juris Rn. 25 ff. verwiesen. Überdies hat die Beklagte durch die Ausstattung einer außergewöhnlich hohen Zahl von Fahrzeugen mit dieser Abschalteinrichtung eine erhebliche Beeinträchtigung der Umwelt über die zugelassenen Emissionen hinaus in Kauf genommen.

Zusammenfassend ergibt sich die Sittenwidrigkeit des Handelns aus dem nach Ausmaß und Vorgehen besonders verwerflichen Charakter der Täuschung von Kunden, unter Ausnutzung des Vertrauens der Käufer in eine öffentliche Institution, nämlich das Kraftfahrt-Bundesamt, und unter Inkaufnahme nicht nur der Schädigung der Käufer, sondern auch der Umwelt allein im Profitinteresse.

Überdies liegt im vorliegenden Fall eine vorsätzliche Täuschung vor (hierzu unten) mit dem Ziel, unter Ausnutzung der Fehlvorstellung der Kunden hohe Absatzzahlen zu erreichen. Allein dieser Umstand rechtfertigte es schon, Sittenwidrigkeit im Sinn des § 826 BGB zu bejahen (vgl. BGH, Urteil vom 28.06.2016 – VI ZR 536/15, juris Rn. 17).“

Insgesamt kann man nur sagen: Die Luft wird dünn für VW….. Schönes Bild in dem Zusammenhang 🙂

VW-Abgasskandal II: BGH hat die “Faxen dicke”, oder: VW-Schummelsoftware ist Sachmangel – hier ist der Volltext

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Ich hatte in der vergangenen Woche über den BGH, Beschl. v. 08.01.2019 – VIII ZR 227/17 – berichtet (vgl. VW-Abgasskandal: BGH hat die “Faxen dicke”, oder: VW-Schummelsoftware ist Sachmangel). Der Bericht war aber nur auf der Grundlage der PM des BGH erfolgt.

Inzwischen steht der für eine Veröffentlich in BGHZ vorgesehene BGH, Beschluss online, und zwar mit folgenden Leitsätzen des BGH:

„1a. Ein Fahrzeug ist nicht frei von Sachmängeln, wenn bei Übergabe an den Käufer eine – den Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand gegenüber dem normalen Fahrbetrieb reduzierende – Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 3 Nr. 10 VO 715/2007/EG installiert ist, die gemäß Art. 5 Abs. 2 Satz 1 VO 715/2007/EG unzulässig ist.

1b. Dies hat zur Folge, dass dem Fahrzeug die Eignung für die gewöhnliche Verwendung im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB fehlt, weil die Gefahr einer Betriebsuntersagung durch die für die Zulassung zum Straßenverkehr zuständige Behörde (§ 5 Abs. 1 Fahrzeug-Zulassungsverordnung – FZV) besteht und somit bei Gefahrübergang der weitere (ungestörte) Betrieb des Fahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr nicht gewährleistet ist.

2a. Ob eine gemäß § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB begehrte Ersatzlieferung einer mangelfreien Sache nach Maßgabe des § 275 Abs. 1 BGB unmöglich ist, hängt nicht von der Unterscheidung zwischen Stück- und Gattungskauf, sondern vom Inhalt und der Reichweite der vom Verkäufer vertraglich übernommenen Beschaffungspflicht ab (Bestätigung von BGH, Urteile vom 7. Juni 2006 – VIII ZR 209/05, BGHZ 168, 64 Rn. 20; vom 17. Oktober 2018 – VIII ZR 212/17, NJW 2019, 80 Rn. 20 [zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt]).

2b. Bei der durch interessengerechte Auslegung des Kaufvertrags (§§ 133, 157 BGB) vorzunehmenden Bestimmung des Inhalts und der Reichweite der vom Verkäufer übernommenen Beschaffungspflicht ist zu berücksichtigen, dass die Pflicht zur Ersatzbeschaffung gleichartige und gleichwertige Sachen erfasst. Denn der Anspruch des Käufers auf Ersatzlieferung gemäß § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB richtet sich darauf, dass anstelle der ursprünglich gelieferten mangelhaften Kaufsache nunmehr eine mangelfreie, im Übrigen aber gleichartige und – funktionell sowie vertragsmäßig – gleichwertige Sache zu liefern ist (Bestätigung von BGH, Urteile vom 7. Juni 2006 – VIII ZR 209/05, aaO Rn. 23; vom 17. Oktober 2012 – VIII ZR 226/11, BGHZ 195, 135 Rn. 24; vom 24. Oktober 2018 – VIII ZR 66/17, NJW 2019, 292 Rn. 41 [zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt]).

Die Lieferung einer identischen Sache ist nicht erforderlich. Vielmehr ist insoweit darauf abzustellen, ob die Vertragsparteien nach ihrem erkennbaren Willen und dem Vertragszweck die konkrete Leistung als austauschbar angesehen haben (Bestätigung von BGH, Urteil vom 21. November 2017 – X ZR 111/16, NJW 2018, 789 Rn. 8).

2c. Für die Beurteilung der Austauschbarkeit der Leistung ist ein mit einem Modellwechsel einhergehender, mehr oder weniger großer Änderungsumfang des neuen Fahrzeugmodells im Vergleich zum Vorgängermodell nach der Interessenlage des Verkäufers eines Neufahrzeugs in der Regel nicht von Belang. Insoweit kommt es – nicht anders als sei ein Fahrzeug der vom Käufer erworbenen Modellreihe noch lieferbar – im Wesentlichen auf die Höhe der Ersatzbeschaffungskosten an. Diese führen nicht zum Ausschluss der Leistungspflicht nach § 275 Abs. 1 BGB, sondern können den Verkäufer gegebenenfalls unter den im Einzelfall vom Tatrichter festzustellenden Voraussetzungen des § 439 Abs. 4 BGB berechtigen, die Ersatzlieferung zu verweigern, sofern diese nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist.“

Ich weise dann heute der Volständigkeit halber auf die Entscheidung hier dann auch noch einmal hin.

Wenn ich das alles richtig vestehe 🙂 , handelt sich ja schließlich um Zivilrecht, dann hat der BGH den Sachmangel wegen der Gefahr, dass die Behörden dem Käufer untersagen, sein Auto weiter zu fahren, bejaht. Allerdings verstehe ich den Beschluss auch so, dass es offenbar einen Unterschied machen soll, ob der Pkw nachgerüstet wurde. Im entschiedenen Fall war es ja so, dass der Kläger kein dieser Software-Update hatte aufspielen lassen. Von einer „verminderten Eignung“ geht der BGH aber wohl bei solchen Fahrzeugen aus, „die mit (noch) nicht nachgerüsteten Motoren des Typs EA 189 ausgestattet sind“. Damit stellt sich dann die Frage: Welche Rolle sind den vom KBA angeordneten Software-Updates zuzuordnen? Packen wir es also an 🙂 .