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„Sicherheitsleistung“/Vorschuss, oder: Angabe ja, aber keine Anrechnung

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Freitag ist „Money-Day“ 🙂 , also gebührenrechtliche Entscheidungen. Und die erste des Tages ist der LG Deggendorf, Beschl. v. 13.03.2019 – 1 KLs 4 Js 5712/17 -, den mir der Kollege Wamser aus Passau übersandt hat. Es geht um die Anrechnung eines „Vorschusses“ (§ 58 Abs. 3 RVG). Zum Sachverhalt teilt der Kollege bei der Übersendung mit:

„Der Mandant war zu der Zeit auswärtig in U-Haft, eine Verständigung nur mit einem erfahrungsgemäß teuren Dolmetscher am dritten Ort möglich. Ein Pflichtverteidiger war bereits bestellt, mir wurde das Mandat dazu angetragen. Ich habe von den in der Kanzlei erschienen Angehörigen die im Beschluss als „Sicherheitsleistung“ beschriebenen € 1.200 zur Deckung der Auslagen eingehoben, für den Fall, dass der potenzielle Mandant meine Dienste letztlich nicht in Anspruch nehmen möchte oder eine Beiordnung nicht erfolgt. Der Betrag wurde vor der Abrechnung 1:1 retourniert, die Rechtspflegerin hatte von der Zahlung offenbar bei einem Antrag auf Beratungshilfe der Angehörigen des Mandanten in völlig anderer Sache von der Erstattung Wind bekommen und eine Rückzahlung anteiliger PV-Gebühren angeordnet.“

Die Rechtspflegerin hat dann angerechnet und vom Kollegen einen Teil der gesetzlichen Gebühren zurückgefordert. Das hat das LG anders gesehen:

„Zwar trifft es zu, dass er Erinnerungsführer bei Abrechnung seiner Pflichtverteidigervergütung die von Dritten erhaltene „Sicherheitsleistung“ – es handelt sich wohl um einen Honorarvorschuss mit bedingter Rückzahlungsvereinbarung – in Höhe von 1.200,00 € unzweifelhaft hätte angeben müssen (vgl. die schon in der Stellungnahme des Bezirksrevisors vom 22.02.2019 zitierte Kommentarstelle bei Poller/Härtl/Köpf, Kostenhilferecht, 3. Auflage 2018, Rn. 6 zu § 55 RVG sowie die dortigen Ausführungen unter Randnummer 7 und zu § 58 unter Randnummern 19 ff., die sinngemäß auch für die Pflichtverteidigergebühren gelten). Denn nur durch die Offenlegung solcher Vorschusszahlungen kann dem dafür zuständigen Rechtspfleger die Möglichkeit zur Prüfung der Anrechenbarkeit eröffnet werden. Dies gilt auch für Vorschüsse, für die ausdrücklich oder stillschweigend eine Rückzahlung vereinbart ist.

Allerdings ist nachvollziehbar, dass jedenfalls dann, wenn eine Rückzahlung eines Vorschusses oder einer „Sicherheitsleistung“ vor Bewilligung einer beantragten Prozesskostenhilfe bzw. vor Abrechnung einer Pflichtverteidigervergütung erfolgt, eine Kürzung des Pflichtverteidigerhonorars zu unterbleiben hat. Für den Bereich des Prozesskostenhilferechtes ist es anerkannt, dass der Rechtsanwalt mit der von ihm vertretenen Partei Vereinbarungen treffen kann, dass bestimmte Zahlungen der Anrechnung entzogen werden oder ein Vorschuss nur für solche Ansprüche gezahlt wird, für die die Staatskasse nicht eintreten muss. Besteht zum Schluss eine Eintrittspflicht der Staatskasse – wie vorliegend durch den Freispruch des Mandanten des Erinnerungsführers, durch den die Staatskasse auch für die Wahlverteidigergebühren einstandspflichtig wurde – kann die Partei vorn Rechtsanwalt die Vergütung zurückverlangen. Es erfolgt dann keine Anrechnung (vgl. Pöller/Härtl/Köpf, § 58 Rn. 19). So liegt es nach dem Vorbringen des Erinnerungsführers vom 08.03.2019 auch im vorliegenden Fall. Aus der Datierung des Bankumsatzes ist nachvollziehbar, dass der Erinnerungsführer die Rückzahlung des Vorschusses in Höhe von 1.200,00 € brutto zugleich mit der Abrechnung des Mandates und Erstellung des Vergütungsfestsetzungsantrages vom 05.06.2018 veranlasst hat. Damit steht fest, dass vom Erinnerungsführer intendiert war, dass die Rückzahlung des Vorschusses noch vor Festsetzung der Pflichtverteidigergebühren erfolgen wird. Eine Anrechnung hat daher zu unterbleiben, eine Rückforderung nach § 58 Abs. 3 Satz 2 RVG ist damit nicht veranlasst, so dass auf die Erinnerung der entsprechende Beschluss des Landgerichts Deggendorf vom 08.02.2019 aufzuheben war.“

Vorschussanrechnung, oder: Anrechnung nur in derselben Sache

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Am Gebührenfreitag dann zunächst ein Beschluss zum leidigen Thema der Vorschusanrechnung, allerdings dieses Mal mit dem AG Osnabrück, Beschl. v. 14.03.2019 – 207 Ls (1302 Js 27990/16) 127/18 – etwas Positives.

Entschieden hat das AG über die Anrechnung von Vorschüssen aus Verfahren, die später miteinander verbunden worden sind. Das AG sagt: Nur in derselben Strafsache erhaltenen Zahlungen und Vorschüsse muss sich der Verteidiger anrechnen lassen.

Gemäß § 58 Abs. 3 S. 1 RVG sind in Angelegenheiten, in denen sich die Gebühren nach den Teilen 4-6 des Vergütungsverzeichnisses bestimmen, Vorschüsse und Zahlungen, die der Rechtsanwalt vor oder nach der gerichtlichen Bestellung oder Beiordnung für seine Tätigkeit in einer gebührenrechtlichen Angelegenheit erhalten hat, auf die von der Staatskasse für diese Angelegenheit zu zahlenden Gebühren anzurechnen

Nur in derselben Strafsache erhaltenen Zahlungen und Vorschüsse muss sich der Verteidiger somit anrechnen lassen. Nicht anzurechnen sind Zahlungen des Mandanten, die einen von dem Gebührenanspruch des Anwalts nicht abgedeckten besonderen Gegenstand betreffen.

Solange keine Verbindung erfolgt ist, ist jedes Ermittlungsverfahren eine eigene Angelegenheit (so auch: Winkler, in Mayer/Kroiß, Kommentar zum RVG, 7. Aufl. 2018, § 15 Rn. 38, AG Berlin-Tiergarten, Beschluss vom 07.08.20199 — (420) 81 Js 2862-08 Ls (1/09), BeckRS 2009, 19820). Im vorliegenden Fall wurde gegen den Angeklagten unter der polizeilichen Vorgangsnummer 2016 00 700 195 am 01.06.2016 zunächst ein Ermittlungsverfahren wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge eingeleitet. Der Verteidiger meldete sich gegenüber der Polizei zu dieser Vorgangsnummer mit Schreiben vom 28.07.2016 zur Akte und beantragte Akteneinsicht, BI. 50 Bd. II d. A.

Am 07.06.2016 wurde parallel zu diesem Verfahren ein Verfahren zur Vermögenermittlung des Angeklagten eingeleitet. Die polizeiliche Vorgangsnummer lautet 2016 00 704 586, das staatsanwaltschaftliche Aktenzeichen 1110 AR 87/16. Der Verteidiger meldete sich am 31.10.2016 auch zu dieser Vorgangsnummer bei der Polizei und beantragte Akteneinsicht, BI. 105 aus 1110 AR 87/16.

Nachdem das Amtsgericht Osnabrück durch Beschluss vom 11.08.2016 (Aktenzeichen 249 Gs (1110 AR 87/16) 60/16), BI. 4 Bd. I d. A. den dinglichen Arrest in das bewegliche und unbewegliche Vermögen des Angeklagten in Höhe von 21.000,00 € und zur Vollstreckung des Arrestes die Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten angeordnet hatte, wurde die Wohnanschrift des Angeklagten am 24.10.2016 durchsucht.

Im Rahmen der Durchsuchung wurden die eingesetzten Beamten darauf aufmerksam, dass sich in einer zur Wohnung gehörenden Garage Teile einer lndoorplantage zum Anbau von Cannabis befanden. Aus diesem Grund wurde ein gesondertes Verfahren wegen des Verdachts der unerlaubten Herstellung von Cannabis in nicht geringer Menge eingeleitet. Dieses Verfahren wurde bei der Polizei unter der Vorgangsnummer 2016 01 384 782 geführt. Auch zu dieser Vorgangsnummer meldete sich der Verteidiger am 04.11.2016 gegenüber der Polizei zur Akte und beantragte Akteneinsicht.

Die genannten drei Verfahren stehen zwar im Zusammenhang, stellen jedoch drei eigenständige Ermittlungsverfahren und somit verschiedenen gebührenrechtliche Angelegenheiten dar.

Eine Verbindung der Verfahren mit den polizeilichen Vorgangsnummern 2016 00 700 195 und 2016 01 384 782 erfolgte erst unmittelbar vor Anklageerhebung, so dass dem Verteidiger auch für beide, später verbundene Ermittlungsverfahren die bis dahin entstandenen Gebühren zustehen. Die im Verfahren 2016 01 384 782 erhaltenen 400,00 € für dieses Ermittlungsverfahren waren somit nicht anzurechnen.

Gleiches gilt für die für das Verfahren 2016 00 704 586 erhaltenen 400,00 €, da es sich auch bei diesem Verfahren um ein eigenständiges Verfahren handelt.

Somit waren nur die für das Verfahren 2016 00 700 195 erhaltenen 1200 € (incl. Mwst) anzurechnen.“