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Mobiles Halteverbot, oder: 48 Stunden Vorlauf sind genug.

entnommen wikimedia.org Urheber Mediatus

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Verkehrsverwaltungsrecht ist in der letzten Zeit ein wenig zu kurz gekommen. Daher gibt es heute dazu mal etwas im „Kessel Buntes“. Es handelt sich um das OVG Münster, Urt. v. 13.09.2016 – 5 A 470/14 – zur Wartezeit vor dem Abschleppen bei mobilen Halteverbotsschildern.

Entschieden worden ist über die Klage einer in Düsseldorf wohnhaften Klägerin. Die hatte ihren Pkw am 19.08.2013 in einer Straße in Düsseldorf geparkt, bevor sie am selben Tag in den Urlaub flog. Am Vormittag des 20.08.2013 wurde in dem Bereich, in dem der Pkw abgestellt worden war, von einem Umzugsunternehmen durch Aufstellen von mobilen Halteverbotsschildern eine Halteverbotszone beginnend ab dem 23.08.2013, 7:00 Uhr, eingerichtet. Das Fahrzeug der Klägerin wurde dann am Nachmittag des 23.08.2013 abgeschleppt. Die Klägerin wurde später mit den Kosten belastet. Das VG Düsseldorf hat die dagegen gerichtete Klage abgewiesen. Auch die Berufung haete dann beim OVG keinen Erfolg.

Das OVG geht unter Hinweis auf seine Rechtsprechung davon aus, dasss der Umstand, dass Halteverbotsschilder erst nach dem rechtmäßigen Abstellen eines Fahrzeugs angebracht worden seien, der Verhältnismäßigkeit der Kostenbelastung des Fahrzeugverantwortlichen im Regelfall nicht entgegensteht, wenn zwischen dem Aufstellen der Schilder und dem Abschleppen eine Frist von 48 Stunden verstrichen ist. Angesichts der vielfältigen Anforderungen, die insbesondere unter den heutigen großstädtischen Bedingungen in straßenverkehrsrechtlicher und sonstiger Hinsicht an den Straßenraum gestellt würden, sei eine wesentliche Einschränkung der Effizienz der Gefahrenabwehr zu befürchten, wenn die Vorlaufzeit auf mehr als 48 Stunden bemessen würde. Das OVG hält auch in Anbetracht dessen an seiner Rechtsprechung fest, dass andere Obergerichte inzwischen von einer Mindestvorlauffrist von drei vollen Tagen ausgingen, eine Belastung mit den Kosten der Abschleppmaßnahme also nur für verhältnismäßig hielten, wenn erst am vierten Tag nach dem Aufstellen der Halteverbotsschilder das ursprünglich rechtmäßig abgestellte Fahrzeug entfernt wird. Man könne nicht erkennen, dass der Aufwand einer an einer Vorlaufzeit von 48 Stunden ausgerichteten Kontrolle der Verkehrsregelungen am Abstellort seines Fahrzeugs für einen Dauerparker regelmäßig unzumutbar wäre, um die Nachteile abzuwenden, die mit einem Entfernen des Fahrzeugs aus einer nachträglich eingerichteten Halteverbotszone verbunden seien.

Tja, gerecht? In dem entschiedenen „Urlaubsfall“ vielleicht nachvollziehbar. Ansonsten m.E. nicht und auch nicht praxisnah.

  • Denn zunächst stellt sich für mich mal die Frage: Weiß man eigentlich erst 48 Stunden vorher, dass man umzieht, bzw. weiß das Umzugsunternehmen das erst so kurz vor dem Umzug? Wohl kaum. Warum dann nicht die Verpflichtung des Unternehmens/des Auftraggebers, eher auf die kommenden Beschränkung hinzuweisen?
  • Und: Der OVG-Senat soll sich mal bitte in eine innerstädtische Großstadt begeben und sich dort den Parkraum anschauen. Es gibt kaum welchen und wenn, wird mit Anwohnergenehmigungen geparkt. Die Entscheidung des OLG bedeutet, dass ich mich auf die nicht verlassen darf/kann und mich, wenn ich in den Urlaub fahre, nicht nur um einen Helfer für Blumen, Post und Zeitung kümmern muss, sondern auch um jemanden, der mein geparktes Auto im Auge hat und ggf. um- bzw. wegsetzt. Deshalb sind für mich die Ausführungen im Urteil: „Die praktische Belastung, die für einen „Dauerparker“ mit einer an einer Vorlauffrist von 48 Stunden orientierten Kontrolle der Verkehrssituation einhergeht, wiegt demgegenüber – auch unter Berücksichtigung der Verkehrs-, sowie der modernen Arbeits-, Wohn- und sonstigen Lebensverhältnisse im großstädtischen Raum – nicht so schwer, dass dem Interesse an deren Vermeidung Vorrang gegenüber den mit einer kurzen Vorlauffrist verbundenen Vorteilen einzuräumen wäre.“ Pseudo-Begründung.

Die Revision ist übrigens zugelassen worden. Mal sehen, was das BVerwG macht.