Und am „Kessel-Buntes“-Tag heute zunächst das – schon etwas ältere – AG Frankfurt am Main, Urt. v. 22.04.2021, Az. 29 C 2811/20 (44). Entschieden hat das AG über die Klage des Eigentümers eines Pkws gegen die Haftpflichtversicherung eines E-Scooters der Marke Circ. Bei dem E-Scooter handelte es sich um ein Elektrokleinstfahrzeug nach der eKFV und er war miz einem elektrischen Antrieb und einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 20 km/h (auf ebener Strecke) ausgestattet.
Der Kläger hatte sein Fahrzeug am Abend des 18.12.2019 zwischen 19:00 und 20:00 Uhr am Fahrbahnrand geparkt. Als der Kläger später am Abend zu seinem Fahrzeug zurückkehrte, stellte er fest, dass sein Fahrzeug an der Beifahrerseite beschädigt worden war. Ein Verantwortlicher für den entstandenen Schaden war auch nach Hinzuziehung der Polizei nicht ermittelt worden.
Der Kläger hatte sein Fahrzeug am Abend des 18.12.2019 zwischen 19:00 und 20:00 Uhr in der Münchener Straße in Höhe der Hausnummer 30 am Fahrbahnrand geparkt. Als der Kläger später am Abend zu seinem Fahrzeug zurückkehrte, stellte er fest, dass sein Fahrzeug an der Beifahrerseite beschädigt worden war. Ein Verantwortlicher für den entstandenen Schaden war auch nach Hinzuziehung der Polizei nicht ermittelt worden. Der Kläger behauptet, dass sich der bei der Beklagaten versicherte E-Scooter am Abend des 18.12.2019 neben seinem Fahrzeug befunden habe. Er behauptet, dass der E-Scooter entweder unsachgemäß neben das Fahrzeug abgestellt worden und später auf das Klägerfahrzeug umgefallen sei oder mutwillig gegen das Klägerfahrzeug gestoßen worden sei.
Das AG hat die Klage abgewiesen:
„Eine Haftung aus § 7 Abs. StVG ist hier gemäß § 8 Nr. 1 StVG ausgeschlossen.
Nach § 8 Nr. 1 StVG ist die in § 7 Abs. 1 StVG normierte verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung dann ausgeschlossen, wenn der Unfall durch ein Kraftfahrzeug verursacht wurde, das auf ebener Strecke mit keiner höheren Geschwindigkeit als 20 km/h fahren kann. Grundsätzlich hat der Halter, der sich auf diese Ausnahmevorschrift beruft, hat den Tatbestand des § 8 StVG zu beweisen (BGHZ 136, 69 = NZV 1997, 390). Er muss darlegen und beweisen, dass das Kraftfahrzeug zum Unfallzeitpunkt nicht mehr als 20 km/h fahren konnte.
Hier ist jedoch unstreitig, dass der bei der Beklagten haftpflichtversicherte E-Scooter nicht mehr als 20 km/h fahren kann.
Der E-Scooter verfügte über eine Zulassung nach der Elektrokleinstfahrzeug-Verordnung (eKFV), die zum Zeitpunkt des Unfallereignisses auch bereits in Kraft und somit anwendbar war. Gemäß § 1 eKFV sind Elektrokleinstfahrzeuge im Sinne der Verordnung, Kraftfahrzeuge mit elektrischem Antrieb und einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von nicht weniger als 6 km/h und nicht mehr als 20 km/h (Jahnke in Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 26. Aufl. 2020, § 1 eKFV Rn. 10, 11).
Der eindeutige Wortlaut des § 8 Nr. 1 StVG steht einer verschuldensunabhängigen Haftung entgegen (Vgl. LG Münster vom 09.03.2020 – 8 O 272/19, zitiert nach juris).
Die Vorschrift des § 8 StVG war dem Gesetzgeber bei Verabschiedung der eKFV bereits bekannt und hätte bei Bedarf bereits zu diesem Zeitpunkt eine Änderung hätte vornehmen können. Insbesondere ist die Regelung, obwohl von derartigen Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr heute eher größere als geringere Gefahren ausgehen (Medicus DAR 2000, 442; Greger/Zwickel, HaftungsR § 19 Rn. 4), durch das 2. SchadÄndG nicht aufgehoben oder geändert worden.
Der Kläger hat aus demselben Grund auch keinen Anspruch aus § 18 I StVG. Auch insoweit steht § 8 Nr. 1 StVG einer Haftung entgegen (vgl. BGH NJW 1997, 2517). Zumal in der vorliegenden Konstellation niemand den E-Scooter zum Zeitpunkt des Unfalls gefahren hat.
Ein Anspruch des Klägers folgt schließlich nicht aus § 823 Abs. 1 BGB. Voraussetzung dafür wäre, dass das Unfallereignis zumindest teilweise auf ein mindestens fahrlässiges Verhalten des Fahrers zurückzuführen wäre. Dies scheidet bei einer alleinigen Geltendmachung gegenüber der Haftpflichtversicherung aus.“