Mein samstäglicher „Kessel Buntes“ ist für mich persönlich immer auch eine zivil-/verwaltungsrechtliche Fortbildung, weil ich beim Vorbereiten der Postings und dem dafür erforderlichen Lesen der Entscheidungen nämlich häufig denke: Ach ja, da war doch was, stimmt. Und so ist es mir mal wieder mit dem OLG Koblenz, Urt. v. 05.06.2014 – 5 U 408/14 – ergangen. Es geht in ihm um die Frage, ob der zur Rücknahme eines Fahrzeugs verpflichtete Verkäufer eines geerbten Pkw dem Käufer außerdem Schadensersatz schuldet für die – nicht gegebene – Unfallfreiheit.
Nach dem Sachverhalt der Entscheidung hatte der Kläger vom Beklagten auf eine Internet-Anzeige hin am 07.06.2013 einen gebrauchten Pkw Audi A3 zum Preis von 8.000 € gekauft. Das Fahrzeug stammte aus dem Nachlass des kurz zuvor verstorbenen Vaters des Beklagten und gehörte einer innerfamiliären Erbengemeinschaft. Die Sachmängelhaftung wurde gemäß der schriftlichen Vertragsvereinbarung, die die Parteien trafen, außer für Fälle des Vorsatzes und der groben Fahrlässigkeit ausgeschlossen. In der Vertragsurkunde „garantierte“ der Beklagte, dass das Auto „in der Zeit, in der es sein Eigentum war, keinen Unfallschaden und keine sonstigen Beschädigungen“ erlitten habe, und „erklärte“, auch „in der übrigen Zeit“ sei das, „soweit ihm bekannt“ so gewesen. In diesem Sinne äußerte er sich seiner Darstellung nach auch mündlich gegenüber dem Kläger. Nach den Erkenntnissen eines vom Kläger herangezogenen Privatgutachters wies der Pkw dann aber rechtsseitig großflächige Kollisionsspuren auf, die unsachgemäß repariert worden seien. Darauf gestützt hat der Kläger die Rückabwicklung des Kaufvertrags geltend gemacht und Schadensersatz verlangt – und hat beim OLG Koblenz Schiffbruch erlitten:
a) Das Landgericht hat zutreffend herausgestellt, dass die vom Kläger reklamierten Schadensersatzansprüche grundsätzlich ein Verschulden des Beklagten im Hinblick auf die Mangelhaftigkeit der Kaufsache voraussetzen (§ 280 Abs. 1 BGB). Diese Voraussetzungen hat es mit der Erwägung verneint, der Beklagte habe weder aus Berichten seines Vaters noch aus irgendwelchen Unterlagen Hinweise auf Verkehrsunfallereignisse gehabt. Die dahingehende Würdigung begegnet keinen rechtserheblichen Zweifeln (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Allerdings liegt die Darlegungs- und Beweislast in der Verschuldensfrage beim Beklagten (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB). Aber dabei ist ein Negativum im Streit, nämlich die nicht vorwerfbare Unkenntnis des Beklagten von Umständen, die ihn hätten argwöhnisch machen müssen. Insofern trifft den Kläger, ausgehend von dem Vortrag des Beklagten, keine Anhaltspunkte gehabt zu haben, eine sekundäre Behauptungslast (Substantiierungslast) dahin, dass es bestimmte Verdachtsmomente gab. Dazu ist nichts Konkretes mitgeteilt. Von daher ist die Rechtsverteidigung des Beklagten nicht entkräftet (§ 138 Abs. 3 ZPO, vgl. BGH NJW 1987, 1201).
Welches Wissen der Vaters des Beklagten hatte, ist unerheblich. Dessen Kenntnisse sind dem Beklagten nicht zurechenbar. Die vom Kläger angeführte Vorschrift des § 1922 BGB betrifft den Übergang von Verbindlichkeiten, leitet aber kein Verschulden über.“