Im „Kessel Buntes“ heute dann zunächst eine zivilverfahrensrechtliche Fristensache, und zwar der BGH, Beschl. v. 22.06.2021 – VIII ZB 56/20. Es geht um einenauf dem Postweg verloren gegangenen Verlängerungsantrag für die Berufungsbegründungsfrist.
In einem Mietrechtsstreit vor dem AG jat der Vermieter Berufung gegen das zu seinen Lasten ergangene Urteil eingelgt. Sein Prozessbevollmächtigter stellt wegen akuter Arbeitsüberlastung sechs Tage vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist den Antrag, die Frist um einen Monat zu verlängern. Der Antrag wird in einen Briefkasten in der Nähe der Kanzlei eingeworfen, er erreicht das Gericht jedoch nicht. Nach Ablauf der Frist teilte das LG dem Prozessvertreter mit, dass keine Berufungsbegründung vorliege. Daraufhin beantragte dieser Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und erneut die Fristverlängerung. Innerhalb der beantragten Verlängerung reichte er auch die Berufungsbegründung ein. Das LG weist den Wiedereinsetzungsantrag zurück und verwirft die Berufung als unzulässig.
Die dagegen erhobene Rechtsbeschwerde hat beim BGH Erfolg. Der BGH hat Wiedereinsetzung gewährt. Er sieht die vom LG gestellten Anforderungen an die Begründungpflicht als zu hoch an. Bei einem erstmaligen Verlängerungsantrag wegen Arbeitsüberlastung nach § 520 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO kann der Rechtsanwalt nach Auffassung des BGH darauf vertrauen, dass ihm entsprochen wird, ohne dass es weiterer Substanziierung bedarf. Insbesondere müsse der Rechtsanwalt keine Angaben dazu machen, wie er wann welche Fristen notiert habe.
Und – so der zweite Leitsatz des umfangreiche begründeten Beschlusses:
„b) Die Fristensicherung verlangt von dem Rechtsanwalt bei einem Antrag auf erstmalige Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist – auf deren Bewilligung er bei Vorliegen erheblicher Gründe (§ 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO) im Allgemeinen vertrauen darf – nicht, dass er sich bereits innerhalb der noch laufenden Berufungsbegründungsfrist durch Nachfrage beim Berufungsgericht über den Eingang des Fristverlängerungsantrags und über eine Verlängerung dieser Frist erkundigt (Anschluss an BGH, Beschlüsse vom 9. Mai 2017 – VIII ZB 69/16, NJW 2017, 2041 Rn. 19; vom 30. Mai 2017 – VI ZB 54/16, NJW-RR 2017, 1532 Rn. 13; vom 18. Januar 2018 – V ZB 166/17, juris Rn. 7; vom 2. Dezember 2020 – XII ZB 324/20, FamRZ 2021, 446 Rn. 9 f.; st. Rspr.).
Zudem: Es bleibt dabei, dass man grundsätzlich darauf vertrauen darf, dass die Postlaufzeiten eingehalten werden und aufgegebene Postsendungen am folgenden Werktag ausgeliefert werden.
Im Übrigen: Wegen der Einzelheiten bitte den Volltext lesen.