Schlagwort-Archive: Verfall

Wer müht sich nach Rechtskraft im Strafverfahren um den dinglichen Arrest?

Verfall, Einziehung, dingliche Arreste nehmen im Strafverfahren zu und die damit zusammenhängenden Fragen gewinnen immer mehr an Bedeutung. Da sind dann schon zivilrechtliche und vollstreckungsrechtliche Kenntnisse gefragt, die Strafrichter häufig nicht mehr haben (ich denke da auch an mich…:-)). Deshalb kann man ja mal suchen, ob man die Sache nicht los wird. Das OLG Düsseldorf hat dazu in einem Beschluss vom 10.11.2008 (StV 2009, 233 f. die Auffassung vertreten, dass nach Rechtskraft des Urteils im Hauptsacheverfahren § 459g StPO der Anwendung von § 111f Abs. 5 StPO entgegenstünde, und deshalb ein Zivilgericht zur Entscheidung berufen sei. Das OLG Celle sieht das jetzt im Beschl. v. Beschl. v. 06.07.2010 – 2 Ws 236/10 – anders und meint:

Bereits der Wortlaut legt eine Anwendbarkeit des § 111f Abs. 5 StPO auch noch nach Rechtskraft des Urteils im zugrundeliegenden Strafverfahren nahe, wonach der Betroffen jederzeit die gerichtliche Entscheidung gegen Maßnahmen in Vollziehung einer Beschlagnahme oder des Arrestes beantragen kann (vgl. dazu auch MeyerGoßner StPO, 52. Aufl., § 111f Rn. 15. Karlsruher Kommentar, StPO, 6. Aufl., § 111f Rn. 7). Daneben spricht gegen die Auffassung des OLG Düsseldorf auch die Gesetzesbegründung zur Einführung von § 111f Abs. 5 StPO. Dort ist ausdrücklich erwähnt, dass nach Rechtskraft das Gericht des ersten Rechtszuges für die Entscheidung nach § 111f Abs. 5 StPO zuständig sein sollte (BTDrucks. 16/700 S. 13). Demnach wollte der historische Gesetzgeber mit der Vorschrift des § 111f Abs. 5 StPO auch noch nach Rechtskraft eines Urteils in der Hauptsache die Möglichkeit der gerichtlichen Entscheidung durch ein Strafgericht und nicht die Zuständigkeit eines Zivilgerichtes herbeiführen.“ 

Tapfer, tapfer, denn damit bleibt es auf den zivilrechtlichen Fragen hängen.

Anordnung von Verfall auch im Jugendrecht

Die Frage der Zulässigkeit von Maßnahmen nach den §§ 73 ff. JGG hat für den Angeklagten – gerade in BtM-Verfahren – erhebliche (wirtschaftliche) Relevanz. Das gilt vor allem auch in JGG-Verfahren.

Dazu hat der BGH jetzt in seinem für BGHSt vorgesehenen Beschl. v. 17.06.2010 – 4 StR 126/10 seine ständige Rechtsprechung bestätigt, dass die Anordnung des Verfalls oder des Verfalls des Wertersatzes gegen Jugendliche oder Heranwachsende, auf die Jugendstrafrecht angewendet wird, zulässig ist; das gelte auch, wenn der Wert des Erlangten nicht mehr im Vermögen des Täters vorhanden ist. An der Stelle können also wirtschaftliche Belastungen auf den jugendlichen Angeklagten zukommen. Besonderes Augenmerk ist daher auf die  Anwendung der Härtevorschrift des § 73c StGB zu richten (BGH, Beschlüsse vom 15. 03.2001 – 3 StR 21/01 und vom 10.06.2009 – 2 StR 76/09).

Einziehungsgebühr Nr. 4142 VV RVG: Da steckt ggf. eine Menge Geld drin

Heute, am letzten Arbeitstag vor Weihnachten ein gebührenrechtlicher Hinweis:

Die Einziehungsgebühr Nr. 4142 VV RVG wird in Strafverfahren  (leider) häufig übersehen. Und das ist fatal, da da eine Menge Geld drin steckken kann. Denn: Die Gebühr entsteht auch bei einer außergerichtlichen Beratung über Einziehung/Verfall im Ermittlungsverfahren, und zwar auf der Grundlage des zu dem Zeitpunkt streitigen Betrages = Gegenstandswertes. Wenn die StA also in der Anklage „den Mund zu voll“ nimmt, nicht ärgern, sondern auf der Grundlage dann abrechnen, auch wenn das Gericht später einen geringeren Betrag einzieht/für verfallen erklärt. Nachzulesen bei OLG Oldenburg, Beschl. v. 03.12.2009 – 1 Ws 643/09.

Einziehung der Erträge aus Straftaten soll EU-weit gefördert werden

Die EU-Kommission hat vor einigen Tagen Prioritäten zur Beschlagnahmung und Einziehung von Erträgen aus Straftaten vorgeschlagen. Dadurch soll auf die Prävention von Straftaten hingewirkt werden, weil die meisten Verbrechen aus finanziellen Motiven heraus geschehen. Dem Vorschlag zufolge sollen die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass wirksame Vermögensabschöpfungsstellen in allen 27 EU-Mitgliedstaaten absolute Priorität haben. Solche Stellen erleichtern das Aufspüren von Erträgen aus Straftaten, die Beschlagnahmeverfahren und die ordnungsgemäße Verwaltung der beschlagnahmten Vermögenswerte. Die Mitgliedstaaten sollten ferner dafür sorgen, dass der grenzüberschreitende Informationsaustausch reibungslos erfolgt, und weitere Hindernisse für Beschlagnahmeverfahren entfernen. Über Europol könnten regelmäßige Kontakte zwischen den Vermögensabschöpfungsstellen in den einzelnen Mitgliedstaaten gewährleistet werden. EUROJUST sollte beim Einfrieren und bei der Beschlagnahme zunehmend in die Zusammenarbeit von Richtern und Staatsanwälten eingebunden werden. Ein einheitliches EU-Ausbildungsprogramm für Finanzermittler wird eingerichtet. Schließlich ist die Verbesserung des Informationsaustauschs mit Vermögensabschöpfungsstellen in Drittländern eine weitere Priorität. Diese Maßnahmen können ergänzt werden durch eine künftige Straffung und Aktualisierung der bestehenden EU-Rechtsvorschriften.