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Rechtsmissbrauch ==> Unzulässiges Rechtsmittel, oder: Nach 409 Vorgängen in fünf Jahren: Wir sind es leid

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Zum Rechtsmissbrauch bei Rechtsmitteln/Eingaben liest man m.E. wenig. Die Gerichte sind mit dem scharfen Schwert – die Annahme von Rechtsmissbrauch führt nämlich zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels/der Eingabe – sehr vorsichtig. Denn man bewegt sich da im Anwendungsbereich des Art. 19 Abs. 4 GG. Aber irgendwann ist dann doch Schluss und es wird Rechtsmissbrauch und damit dann die Unzulässigkeit eines Rechtsmittel festgestellt.

Und einen solchen Beschluss stelle ich dann heute mit dem OLG Zweibrücken, Beschl. v. 16.03.2021 – 1 Ws 367/19 – vor. Da ist dem OLG ersichtlich der „sprichwörtliche Draht aus der Mütze gesprungen“ und das OLG sagt: Wenn es „seit 2016 409 Vorgänge (168 familienrechtliche, 206 strafrechtliche und 35 verwaltungsrechtliche) mit den Eingaben des Antragstellers“ gibt, heißt es: Irgendwann ist Schluss, oder: Genug ist genug und die jetzt noch gestellten Anträge des Antragstellers wegen Rechtsmissbrauch als unzulässig abgelehnt:

„Grundsätzlich garantiert Artikel 19 Abs. 4 GG jedem, der durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt wird, einen offenstehenden Rechtsweg. Dieser Gewährleistung liegt der rechtsstaatliche Gedanke einer allgemeinen und lückenlosen gerichtlichen Sicherung gegen Maßnahmen von Trägern der öffentlichen Gewalt im Bereich der individuellen Rechte zu Grunde (vgl. BVerfG, stattgebender Kammerbeschluss vom 21. August 2001 – 2 BvR 282/20, juris Rn. 9). Diese Rechtsweggarantie gilt allerdings nur im Rahmen der jeweiligen Prozessordnung. Es ist insoweit in der höchstrichterlichen Rechtsprechung und der Literatur anerkannt, dass ein Rechtsmittel als rechtsmissbräuchlich und somit unzulässig zurückgewiesen werden kann, wenn der Missbrauch der einzige Zweck des Rechtsmittels ist (vgl. BVerfG, stattgebender Kammerbeschluss vom 21. August 2001 – 2 BvR 282/20, juris Rn. 11; BGH, Urteil vom 7. November 1991 – 4 StR 252/91, juris Rn 37; Urteil vom 11. August 2006 – 3 StR 284/05, juris Rn 16; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13. September 2019 – I-3 VA 6/19, juris; OLG Rostock, Beschluss vom 9. Februar 2005 – 2 Ss (OWi) 14/05 I 25/05, juris; Meyer/Goßner, StPO, 63. Aufl. 2020, Vor § 33 Rn 10 f; KK-StPO, 8. Aufl. 2019, § 171 Rn 7; BeckOK StPO/Gorf, 38. Edition, 2020, StPO § 171 Rn 7 BT-Drucksache 18/4621, Änderung des § 171 StPO, Seite 26). Ein Rechtsmittel ist dann als rechtsmissbräuchlich einzustufen, wenn der Rechtsmittelführer die ihm eingeräumten prozessualen Möglichkeiten nicht zur Wahrung seiner Belange, sondern gezielt zu verfahrensfremden und verfahrenswidrigen Zwecken einsetzt etwa um den Antragsgegner zu schädigen oder das Gericht zu belästigen. Ein sachliches, von der eingeräumten prozessualen Befugnis gedecktes Anliegen wird dann nicht mehr verfolgt (vgl. BVerfG, stattgebender Kammerbeschluss vom 21. August 2001 – 2 BvR 282/20, juris Rn. 15; BGH, Urteil vom 7. November 1991 – 4 StR 252/91, juris Rn 37; Urteil vom 11. August 2006 – 3 StR 284/05, juris Rn 17; OLG Stuttgart, Beschluss von 15. März 2002 – 1 Ws 41/02, juris Rn 3; OLG Rostock, Beschluss vom 09. Februar 2005 – 2 Ss (OWi) 14/05 I 25/05, juris OLG Karlsruhe, Beschluss vom 12. April 2018 – 2 VAs 25/18; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13. September 2019 – I-3 VA 6/19, juris BT- Drucksache 18/4621, Änderung des § 171 StPO, Seite 26). Neben dem Verhalten des Rechtsmittelführers im konkreten Verfahren kann auch eine Gesamtbetrachtung seines bisherigen Verhaltens gegenüber der Justiz bei der Beurteilung, ob ein rechtsmissbräuchliches Verhalten vorliegt, herangezogen werden (vgl. BVerfG, stattgebender Kammerbeschluss vom 21. August 2001 – 2 BvR 282/20, juris Rn. 15).

Vorliegend ist ein solcher Rechtsmissbrauch zweifellos zu bejahen. Der Antragsteller überzieht die Justiz seit Jahren mit einer Vielzahl an familiengerichtlicher und strafrechtlicher Verfahren. Ausgangspunkt war eine familiengerichtliche Streitigkeit mit seiner früheren Ehefrau bezüglich der Scheidung und des Sorge- und Umgangsrechts für den gemeinsamen Sohn, deren Ergebnis nicht den Vorstellungen des Antragstellers entsprach.

Im Anschluss kam es zu mehreren Verfahren nach dem Gewaltschutzgesetz, die die Kindsmutter gegen ihn beantragt hatte, und zu Verurteilungen des Antragstellers wegen diesbezüglichen Verstößen. Bereits zu Beginn wurde nahezu jede Entscheidung der Gerichte – und später auch der Staatsanwaltschaften – vom Antragsteller angefochten und nach Abschluss der Rechtsmittelinstanz Gehörsrügen und Gegenvorstellungen erhoben. An die gerichtlichen Verfahren knüpften sich regelmäßig neue Strafanzeigen gegen die verfahrensbeteiligten Personen (Antragsgegner, Zeugen, Rechtsbeistände, Richter etc.) an, die im Falle einer Einstellung des Verfahrens wiederum zu Kettenanzeigen der mit dem Vorgang befassten Dezernenten der Staatsanwaltschaften und der Generalstaatsanwaltschaft führten. Hierbei schöpfte der Antragsteller gewöhnlich den vollen Rechtsweg aus. Darüber hinaus lehnte er schematisch und durch alle Rechtsinstanzen hindurch die mit seinen Verfahren befassten Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit ab – oft ohne nähere Begründung und selbst dann, wenn ihm die Gerichtsbesetzung nicht bekannt war -, und rügte die gerichtliche Besetzung, mehrfach verbunden mit Anträgen, Einsicht in die gerichtsinternen Geschäftsverteilungspläne der letzten Jahre nehmen zu dürfen. Auch hier führte eine Ablehnung seines Ansinnens wiederkehrend zu neuen Befangenheitsanträgen, Dienstaufsichtsbeschwerden und Strafanzeigen gegen die entscheidenden Gerichtspersonen. Die Folge war ein schier unendlicher Kreislauf, den keine der erfolgten gerichtlichen Bescheidungen durchbrechen konnte, da jede Entscheidung eine Flut neuer Anträge und Anzeigen nach sich zog und ähnlich einem Schneeballsystem zu einer Ausuferung der Verfahren führte. Die dargestellte Vorgehensweise beschränkte sich auch nicht nur auf Vorgänge beim Pfälzische Oberlandesgericht, sondern wurde vom Antragsteller bei allen Gerichten von den Amtsgerichten bis zum Bundesgerichtshof in einer Vielzahl von Fällen praktiziert. Allein beim Pfälzischen Oberlandesgericht Zweibrücken befassen sich seit 2016 409 Vorgänge (168 familienrechtliche, 206 strafrechtliche und 35 verwaltungsrechtliche) mit den Eingaben des Antragstellers, wobei diese oftmals eine Vielzahl an Entscheidungen beinhalteten. Hierbei entfernten sich die Verfahren zunehmend von ihrem ursprünglichen Belang, aber auch von einem sachlichen Kern. Aus den Schriftsätzen und den über Internetplattformen wie Youtube und Facebook verbreiteten Äußerungen des Antragstellers lässt sich deutlich entnehmen, dass dieser sich inzwischen als Opfer einer behördenübergreifenden, justiziellen Verschwörung sieht. Justizpersonen, die seinen Anträgen nicht stattgeben, unterstellt er willkürliche, sachfremde oder generell väterfeindliche Motive. Er sieht sich einer ihm negativ gesinnten, aus „verfassungsfeindlichen Freisler-Juristen“ bestehenden Unrechtsjustiz gegenüber, die ihn gezielt verfolgt, ihm schaden und ihn letztlich zum Schweigen bringen will, und die er mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpfen muss. Hierbei ist der Antragsteller inzwischen derart in seinem Verfolgungs- und Verschwörungsideen verhaftet, dass er schon bei einfachen prozessualen Handlungen der angerufenen Gerichte reflexartig und ohne jegliche Auseinandersetzung mit der Sache mit neuen Befangenheitsanträgen oder Strafanzeigen reagiert.

Zuletzt führten bereits gewöhnliche und gesetzlich vorgeschriebene Handlungen des Senatsvorsitzenden wie die Gewährung rechtlichen Gehörs oder die Zustellung von Stellungnahmen zu neuen Befangenheitsanträgen gegen den verfügenden Richter. Eine sachliche Auseinandersetzung mit den staatsanwaltschaftlichen und gerichtlichen Argumenten findet nicht mehr statt, stattdessen überhäuft der Antragsteller die Justiz automatisch und unreflektiert mit immer weiteren Anträgen und Beschwerden, größtenteils durch wortidentische Schriftsätze aus anderen Verfahren und ohne eine auf die Sache bezogene, konkrete Begründung. Ein von seinen prozessualen Rechten gedecktes Anliegen in der Sache selbst ist hierbei nicht mehr ersichtlich. Die Schriftsätze verfolgen offenkundig den alleinigen Zweck, als Vergeltung für die vom Antragsteller als Unrecht empfundene früheren Gerichtsentscheidungen die Justiz unnötig zu beschäftigen, Kosten zu erzeugen und den Abschluss der Verfahren zu verhindern. Soweit der Antragsteller sich wiederkehrend auf eine Verfahrensunfähigkeit seiner Person beruft und die Aussetzung der Verfahren begehrt, war dem nicht mehr weiter nachzugehen. Anhaltspunkte für eine solche ergeben sich weder aus dem wiederholt vorgelegten Attest des Z vom 24. Oktober 2019, noch aus dem forensisch-psychiatrischen Gutachten von C vom 16. April 2019, das dieser im Auftrag des 6. Zivilsenats erstattet hat. Das Verhalten und die weiteren Eingaben des Antragstellers geben auch keinen Hinweis darauf, dass sich sein geistiger Gesundheitszustand seitdem verschlechtert haben könnte. Dagegen spricht insbesondere, dass der Antragsteller zuletzt selbst wieder schriftlich gegenüber den Justizbehörden tätig wurde und nicht (vorgeblich) dritte Personen mit der Abfassung von Schriftsätzen beauftragte. Es drängt sich vielmehr der nachhaltige Eindruck auf, dass der Antragsteller auch mit diesem Vortrag nur die Behinderung des Verfahrensfortgangs sowie die unnötige Beschäftigung der Justiz beabsichtigt. Insoweit waren die Anträge des Antragstellers insgesamt wegen Rechtsmissbrauch als unzulässig abzulehnen.

Der Antragsteller wird darauf hingewiesen, dass eventuell eingehende weitere Schreiben in den Verfahren, die Gegenstand dieses Beschlusses sind, zwar inhaltlich überprüft werden, aber seitens des Senats keine Reaktion mehr erfolgen wird, soweit sich daraus keine neuen rechtlichen oder tatsächlich bedeutsamen Umstände ergeben. Ein Gericht muss es nicht hinnehmen, durch sinnlose Inanspruchnahme seiner Arbeitskapazität bei der Erfüllung seiner Aufgaben behindert zu werden, so dass anderen Rechtssuchenden nur verzögert Rechtsschutz gewährt werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Februar 2017 – 5 AR (VS 4/17); Beschluss vom 11. Mai 2017 – 2 ARs 290/16; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 12. April 2018 – 2 VAs 25/18, unter Hinweis auf BVerfG, Beschlüsse vom 23. Februar 2016 – 2 BvR 63/16 und 2 BvR 60/16 – und vom 29. Juni 2010 – 1 BvR 2358/08).“

Das enthebt das OLG nun, wie es richtig schreibt, nicht von der inhaltlichen Prüfung, aber im Zweifel wird es keinen weiteren Beschluss mehr geben, es sei denn es kommt etwas Neues.