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Die freilaufende Nachbarskatze, oder: Die muss ich auf meinem Pkw nicht (er)dulden….

entnommen wikimedia.org
User: Ipuser

Ich denke, wir alle kennen das Theaterstück von Tennessee Williams: „Die Katze auf dem heißen Blechdach“ und/oder den darauf beruhenen Hollywoodfilm mit Liz Taylor, der immerhin für sechs Oscars nominiert war. In diesem Posting geht es auch um eine Katze, aber nicht „auf dem heißen Blechdach“, sondern auf dem Pkw einer Nachbarin, der dadurch beschädigt und verschmutzt wurde.  Die Eigentümerin des Pkw hat dann – nach einer Videoüberwachung – den Halter der Katze auf Unterlassung beim AG Bremen in Anspruch genommen. Das AG hat zur Frage, ob es sich um die Katze des Nachbarn gehandelt hat, ein DNA-Gutachten eingeholt und ist danach im AG Bremen, Urt.v. 08.11.2017 – 19 C 226/17 – von einem Unterlassungsanspruch der Klägerin ausgegangen:

„2. Die Klägerin ist nicht zur Duldung der von der Katze des Beklagten ausgehenden Störung verpflichtet.

a) Eine Duldungspflicht gemäß §§ 1004 Abs. 2, 906 Abs. 1 BGB scheidet bereits aus, da das Betreten eines Grundstücks durch Katzen keine Zuführung unwägbarer Stoffe oder eine ähnliche Einwirkung im Sinne des § 906 Abs. 1 BGB darstellt (Palandt/Bassenge, BGB, 68. Aufl., § 906 Rdnr. 4a; Staudinger/Roth, BGB, 2002, § 906 Rdnr. 118). Die Voraussetzungen für eine derartige Duldungspflicht liegen damit schon nicht vor.

b) Die Klägerin ist auch nicht aus dem Gesichtspunkt des nachbarrechtlichen Rücksichtnahmegebotes gemäß § 242 BGB verpflichtet, die Störungen der Katze des Beklagten durch Hinterlassen von Schmutz und Kratzern hinzunehmen. Aus der Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme kann eine Beschränkung der Besitzrechte im Sinne einer Duldungspflicht resultieren, soweit dies unter Abwägung der widerstreitenden Interessen zum billigen Ausgleich nach Treu und Glauben geboten scheint. Das reine Betreten eines Grundstücks durch Katzen ist grundsätzlich durch den Nachbarn zu dulden, insbesondere wenn Katzenhaltung in Wohngebieten üblich und verbreitet ist (vgl. OLG Köln, NJW 1985, 2338; OLG Celle, NJW-RR 1986, 821; LG Oldenburg, NJW-RR 1986, 883; AG Neu-Ulm, NJW-RR 1999, 892 = NZM 1999, 432; OLG München, NJW-RR 1991, 17; LG Darmstadt, NJW-RR 1994).

Das Gericht schließt sich allerdings der Rechtsprechung der Instanzgerichte an und hält jede weitergehende Beeinträchtigung, die über das bloße Betreten des Grundstücks des Nachbarn hinausgeht, für nicht von dem Nachbarn zu dulden (vgl. LG Bonn v. 06.10.2009, NJW-RR 2010, 310; LG Lüneburg v. 27.01.2000, NZM 2001,397). Die Klägerin muss vorliegend weder dulden, dass die schwarze Katze des Beklagten Sandablagerungen auf dem Stoffdach des Fahrzeugs der Klägerin hinterlässt, noch, dass die schwarze Katze des Beklagten Lackkratzer auf dem Fahrzeug der Klägerin verursacht.

Dass es zu solchen Beeinträchtigungen durch die Katze des Beklagten gekommen ist, steht aufgrund der in Augenschein genommenen diversen Fotos vom Fahrzeug der Klägerin und dem von der Klägerin als Anlage K1 (Bl. 6 d.A.) eingereichten Gutachten vom 18.09.2015, auf denen Sandablagerungen in Form von Katzenpfoten und Lackkratzer unzweifelhaft zu erkennen waren, zur Überzeugung des Gerichts fest.
Aufgrund der in Augenschein genommenen Videodateien steht für das Gericht weiter fest, dass es zu dieser Art der Beeinträchtigungen nicht nur einmal gekommen sein kann, sondern dass diese Beeinträchtigungen bei jedem Besuch der Katze entstehen können und auch entstanden sind. Die Klägerin hat demnach bewiesen, dass die Katze am 29.4.2016, am 30.4.2016, am 23.8.2016 sowie am 12.4.2016 und damit mindestens vier Mal auf ihr Fahrzeug geklettert ist und sich dort aufgehalten hat.

c) Entgegen der Ansicht des Beklagten ist die Klägerin auch nicht verpflichtet mittels einer Abdeckplane selbst Abhilfe für Verschmutzungen und Beschädigungen am Fahrzeug zu schaffen. Denn der Klägerin ist nicht zuzumuten, dass sie ihr Fahrzeug nach jeder Fahrt mit einer Plane abdeckt. Die Klägerin verfügt über einen Stellplatz für ihr Fahrzeug in Form eines Carports auf ihrem Grundstück. Sinn und Zweck eines solchen Carports ist es, das Fahrzeug geschützt vor äußerlichen Einflüssen abzustellen und ein praktisches Ein- und Aussteigen zu ermöglichen. Würde man nun von der Klägerin verlangen, dass sie ihr Fahrzeug noch einmal gesondert abdeckt, wäre der Carport überflüssig und sein Zweck würde unterlaufen. Zudem hat die Klägerin nachvollziehbar erläutert, dass ihr das ständige Abdecken des Fahrzeugs gerade in der nassen Jahreszeit schwerfällt.“

Und jetzt bitte keine Kommentare von „Katzenfreunden“. Die brauche ich nicht.

Der Kollege „Winkeladvokat“

Nicht vom Feinsten, wie da zwei Kollegen im Rheinland miteinander umgegangen sind, was dann schließlich zu einem Zivilrechtsstreit, in dem der eine Kollege auf Unterlassung in Anspruch genommen worden ist, geführt hat.

Kurz zum Sachverhalt: Beide Parteien des Rechtsstreits sind zugelassene Rechtsanwälte. Der Kläger arbeitet mit den Rechtsanwälten Dr. T und R zusammen, wobei zwischen den Parteien streitig war, ob es sich um eine Sozietät oder eine Kooperation handelt. Kläger und Beklagter standen sich in mehreren gerichtlichen Verfahren als gegnerische Prozessbevollmächtigte gegenüber. In den Verfahren kam es zum Vorwurf der widerstreitenden Interessen und des des Führens einer sog. „Schein-Sozietät“. In dem Zusammenhang hatte der Beklagte eine Email an die RAK Köln verfasst, in der es hieß:

Ich gehe davon aus, dass es nicht unsachlich ist, eine solche geschickte Verpackung der eigenen Kanzlei – mal als Kooperation, mal als Sozietät (wie es gerade günstig ist) – als „Winkeladvokatur“ zu apostrophieren.“

Weiter heißt es u.a.:

„“Winkeladvokatur“ ist andererseits jedoch wohl nicht verboten; es zeichnet den erfolgreichen Anwalt schließlich aus, dass er sein Mäntelchen in den Wind hängt und sich argumentativ stets zu helfen weiß, jedenfalls solange hierdurch nicht gegen Berufs- und Wettbewerbsrecht verstoßen wird.“

Das ist dem Kollegen „Winkeladvokat“ sauer aufgestoßen und er nimmt den schreibenden Kollegen auf Unterlassung in Anspruch. Das Verfahren lief beim LG Köln. Das hat im LG Köln, Urt. .v.15.11.2011 – 5 O 344/10 – in der Bezeichnung eines Anwalts als „Winkeladvokat“ eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts gesehen:

„..Nach Auffassung der Kammer stellt die Bezeichnung „Winkeladvokatur“ einen rechtswidrigen und schuldhaften Angriff auf die Ehre und die Persönlichkeitsrechte des Klägers dar. Der Begriff „Winkeladvokat“ bezeichnet historisch eine Person, die ohne Ausbildung zum Rechtsanwalt Rechtsrat erteilt. Heute wird darunter eine Person verstanden, die entweder intellektuell unfähig ist, ihren Beruf zuverlässig und den Regeln des juristischen Handwerks entsprechend auszuüben, oder die diesen in einer Art und Weise ausführt, die mit Moral und Gesetz in Konflikt steht. Auch wenn dem Begriff kein einheitlicher Bedeutungsinhalt mehr zukommen mag, ist der Begriff „Winkeladvokat“ in jedem Fall negativ besetzt und stellt eine abfällige und kränkende Wertung dar. Die genannten Ausführungen gelten auch für den Begriff „Winkeladvokatur“.

Der Einstufung als Ehrverletzung steht nicht entgegen, dass die angegriffene Äußerung als Werturteil grundsätzlich den Schutz der Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG genießt. Diese tritt nämlich dort zurück, wo es sich bei der Äußerung um Schmähkritik handelt. Schmähkritik liegt dann vor, wenn in einer herabsetzenden Äußerung nicht die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht (vgl. BGH, Urteil v. 16.11.2004, BeckRS 2005, 84). Maßgebend ist dabei nicht, wie der Äußernde sie versteht, sondern wie ein unvoreingenommenes und verständiges Durchschnittspublikum sie verstehen durfte. Vorliegend ist die Schwelle zur Schmähkritik überschritten. Die Bezeichnung als „Winkeladvokatur“ entbehrt den erforderlichen Sachbezug und muss als bloße Diffamierung angesehen werden. Der Begriff wurde zwar anlässlich einer sachthemenbezogenen Auseinandersetzung benutzt, indem der Beklagte den Außenauftritt des Klägers gegenüber der Rechtsanwaltskammer monierte. Der Begriff selbst diente jedoch weder der Unterstreichung dieser Position noch als weiteres sachliches Argument, sondern allein dazu, den Kläger bzw. sein Verhalten in ein schlechtes Licht zu rücken, nachdem der Beklagte zuvor mit dem von ihm gegen den Kläger initiierten Verfahren wegen Vertretung widerstreitender Interessen gescheitert war. …“

Die Behauptung „X. ist ein Sozialbetrüger…“ ist ehrverletzend

In einem zivilrechtlichen einstweiligen Verfügungsverfahren ging es – grob – um folgenden Sachverhalt: Der Verfügungskläger ist ein ehemaliger Mandant des Verfügungsbeklagten, dieser ist Rechtsanwalt. Der wird auf Unterlassen ehrverletzender Äußerungen und auf Unterlassung der Weitergabe von Informationen über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie sein Geschäftsverhalten in Anspruch genommen. Es geht u.a. um eine vom Verfügungskläger behauptete Äußerung des Verfügungsbeklagten. Diese soll in einer Sitzungspause eines Termins gegenüber einem Pressevertreter im Beisein eines Dritten wahrheitswidrig erklärt haben, bei dem Verfügungskläger handele es sich um einen Sozialbetrüger, er sei Bezieher von Leistungen nach dem SGB II, arbeite aber vollschichtig für die C. GmbH.

Das OLG Brandenburg, Urt. v. 05.03.2012 – 1 U 8/11 sieht darin eine ehrverletztende Äußerung und hat einen Unterlassungsanspruch  gemäß § 1004 BGB analog i.V.m. § 823 Abs. 1 und 2 BGB und § 186 StGB gesehen. Das Recht zur freien Meinungsäußerung (Art. 5 GG) stehe dem nicht entgegen.

Man fragt sich: Mag er seinen Mandanten nicht, oder wie sonst läßt sich die Äußerung erklären? Im Übrigen lesenswert, weil mal wieder ein Beispiel für: Strafrecht hat auch zivilrechtliche Auswirkungen…