Schlagwort-Archive: ungleichartige Wahlfeststellung

Ungleichartige Wahlfeststellung, oder: Wenn zwei sich streiten

© fotomek – Fotolia.com

Was ist immer noch „nachreichen“ muss, ist die „Abschlussentscheidung“ des 2. Strafsenats zur ungleichartiegn Wahlfeststellung. Ja, das war doch was, was dann schließlich im Beschluss des Großen Senats für Strafsachen in der Frage geführt hat. Den Abschluss hat dann das BGH, Urt. v. 25.10.2017 – 2 StR 495/12 – gemacht, und zwar:

„Der Senat hat durch Beschluss vom 28. Januar 2014 (StV 2014, 580 ff. mit Anm. Bauer, wistra 2014, 475 ff.; Freund/Rostalski, JZ 2015, 164 ff.; Frister, StV 2014, 584 ff.; Kotsoglou, ZStW 127 [2015], 334 ff.; Kröpil, JR 2015, 116 ff.; Schuhr, NStZ 2014, 437 ff.; Stuckenberg, ZIS 2014, 461 ff. und JZ 2015, 714 ff.) gemäß § 132 Abs. 3 GVG bei den anderen Strafsenaten angefragt, ob diese an der Rechtsprechung zur Zulässigkeit einer gesetzesalternativen Verurteilung festhalten. Die anderen Strafsenate haben dies bejaht (BGH, Beschluss vom 24. Juni 2014 – 1 ARs 14/14, NStZ-RR 2014, 308 f.; Beschluss vom 30. September 2014 – 3 ARs 13/14, NStZ-RR 2015, 39 f.; Beschluss vom 11. September 2014 – 4 ARs 12/14, NStZ-RR 2015, 40 f.; Beschluss vom 16. Juli 2014 – 5 ARs 39/14, NStZ-RR 2014, 307 f.; zum Ablauf SK-StGB/Wolter, 9. Aufl., Anh. zu § 55 Rn. 5 ff.).

Mit Beschluss vom 11. März 2015 (StV 2016, 212 ff. mit Anm. Haas, HRRS 2016, 190 ff. und Pohlreich, ZStW 128 [2016], 676 ff.) hat der Senat erstmals dem Großen Senat für Strafsachen die Frage vorgelegt, ob die Rechtsfigur der gesetzesalternativen Verurteilung mit Art. 103 Abs. 2 GG ver-einbar ist. Der Senat hat diese Vorlage am 9. August 2016 zur Klärung der ergänzenden Frage des Verhältnisses zwischen Geldwäsche und einer Wahlfeststellung von Katalogtaten zurückgenommen. Nachdem der 5. Strafsenat durch Urteil vom 16. August 2016 – 5 StR 182/16 (BGHSt 61, 245 ff.) diese Frage dahin entschieden hat, dass die gesetzesalternative Verurteilung wegen ge-werbsmäßig begangenen Diebstahls oder gewerbsmäßiger Hehlerei bei gleich-zeitiger Verwirklichung des Tatbestands der Geldwäsche einen Schuldspruch wegen Geldwäsche ausschließe, hat der Senat durch Beschluss vom 2. November 2016 gemäß § 132 Abs. 4 GVG dem Großen Senat für Strafsa-chen die Fragen vorgelegt, ob die gesetzesalternative Verurteilung wegen gewerbsmäßigen Diebstahls oder gewerbsmäßiger Hehlerei verfassungsgemäß ist, bejahendenfalls, ob sie bei gleichzeitiger Erfüllung des Tatbestands der Geldwäsche ausgeschlossen ist.

Der Große Senat für Strafsachen hat durch Beschluss vom 8. Mai 2017 – GSSt 1/17 (NJW 2017, 2842 ff. mit Anm. Jahn, für BGHSt bestimmt) entschieden: „Eine gesetzesalternative Verurteilung wegen (gewerbsmäßig begangenen) Diebstahls oder gewerbsmäßiger Hehlerei ist entsprechend den zum Rechtsinstitut der Wahlfeststellung durch den Bundesgerichtshof entwi-ckelten Grundsätzen weiterhin zulässig; sie schließt bei gleichzeitiger Verwirkli-chung eines Tatbestands der Geldwäsche einen Schuldspruch wegen Geldwä-sche aus.“

III.

Die Revisionen der Angeklagten sind auf der Grundlage der vom Großen Senat für Strafsachen mit bindender Wirkung bestätigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unbegründet, soweit sie sich gegen den Schuldspruch richten…….“

Der 2. Strafsenat macht sich dann aber an die lange Verfahrensdauer, und zwar wie folgt:

Die zu einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung führende Verletzung des Beschleunigungsgebotes gebietet eine Kompensation nach dem Vollstreckungsmodell der Rechtsprechung (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Januar 2008 – GSSt 1/07, BGHSt 52, 124, 135 ff.). Eine Urteilsaufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht scheidet aus, weil weder das landgerichtliche Verfahren noch dessen Urteil an einem Rechtsfehler leidet.

1. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK fordert eine Erledigung des Strafverfahrens in angemessener Zeit; wird das hieraus folgende Beschleunigungsgebot ver-letzt, ist eine Kompensation angezeigt.

Nicht jede im Strafprozess vorkommende Verzögerung führt zu einer derartigen Verletzung des Beschleunigungsgebots. Dies gilt auch für besondere Verfahrensvorgänge, die das Gesetz vorsieht, wie das Verfahren zum Diver-genzausgleich gemäß § 132 GVG (vgl. BGH, Beschluss vom 15. März 2011 – 1 StR 429/09, StV 2011, 407 f.). Demnach sind hier die Zeiträume für das An-frageverfahren und die Vorlageverfahren für sich genommen kein Grund für eine Kompensation. Etwas anderes gilt bei einer überlangen Verfahrensdauer, die das Maß des Angemessenen überschreitet. Ob ein solcher Fall vorliegt, ist durch eine auf die Verhältnisse des konkreten Einzelfalles bezogene Gesamt-würdigung zu prüfen. Dabei sind vor allem die durch Verhalten der Justizorgane eingetretenen Verzögerungen, aber auch die Gesamtdauer des Verfahrens, die Schwere des Tatvorwurfs, der Umfang und die Schwierigkeit des Prozessstoffs sowie das Ausmaß der mit dem Andauern des Verfahrens für den Betroffenen verbundenen Belastungen zu berücksichtigen (BGH aaO, BGHSt 52, 124, 147).

2. Nach diesem Maßstab war das Revisionsverfahren überlang.

a) Das angefochtene Urteil ist am 30. Mai 2012 ergangen. Zugleich wur-de der Haftbefehl gegen die Angeklagten aufgehoben, so dass sie sich wäh-rend des Revisionsverfahrens in Freiheit befanden. Die Sache ist am 7. November 2012 mit dem Antrag des Generalbundesanwalts beim Bundesge-richtshof eingegangen. Hiernach haben die Beschwerdeführer am 28. November und am 7. Dezember 2012 weitere Ausführungen zur Begrün-dung der Sachrüge eingereicht. Die Zuteilung der Sache an den Berichterstatter ist am 20. Januar 2013 erfolgt. Nach einer ersten Beratung wurde die Sache zur Revisionshauptverhandlung am 4. Dezember 2013 terminiert. An diesem Tag wurde eine Fortsetzung der Revisionshauptverhandlung auf den 11. Dezember 2013 bestimmt, die später auf den 22. Januar 2014 verlegt wurde. Sodann erging der Anfragebeschluss des Senats vom 28. Januar 2014, der nach Fas-sungsberatungen am 4. Juni 2014 an die Verfahrensbeteiligten abgesandt wur-de. Die Antworten der anderen Senate gingen am 24. Juni, 16. Juli, 11. und am 30. September 2014 beim Senat ein. Darauf erging am 11. März 2015 der erste Vorlagebeschluss des Senats, der nach Fassungsberatungen am 17. Dezem-ber 2015 an die Verfahrensbeteiligten versandt wurde. Die Beratung des Großen Senats für Strafsachen wurde am 17. Februar 2016 auf den 13. Juni 2016 verfügt. Am 1. April 2016 ging die Stellungnahme des Generalbundesanwalts beim Großen Senat für Strafsachen ein. Nach der ersten Beratung des Großen Senats für Strafsachen nahm der Senat seine Vorlage mit Beschluss vom 9. August 2016 zur Prüfung einer ergänzenden Frage zurück. Am 18. Oktober 2016 wurde die Fortsetzung der Revisionshauptverhandlung auf den 2. November 2016 bestimmt. Dort wurde erneut eine Vorlage der Sache an den Großen Senat für Strafsachen mit erweiterter Fragestellung beschlossen. Am 27. Februar 2017 ging die Stellungnahme des Generalbundesanwalts hier-zu ein. Die Beratung des Großen Senats für Strafsachen wurde am 1. Februar 2017 auf den 8. Mai 2017 verfügt. Der sodann ergangene Beschluss wurde am 1. August 2017 an die Verfahrensbeteiligten versandt. Die neue Revisionshauptverhandlung des Senats wurde hiernach auf den 25. Oktober 2017 bestimmt.

b) Bei diesen Abläufen war zunächst der Zeitraum von einem Jahr zwischen dem Eingang der Sache beim Bundesgerichtshof und der Durchfüh-rung der ersten Revisionshauptverhandlung überdurchschnittlich lang; insoweit ist von einer Verzögerung des Verfahrens von vier Monaten auszugehen. Ferner ist die Zeitspanne von rund neun Monaten zwischen Beschlussfassung und Absendung des ersten Vorlagebeschlusses unbeschadet zwischenzeitlich erfolgter Besetzungsänderungen im Senat als überlang zu bezeichnen; insoweit ist die Verzögerung auf sechs Monate zu veranschlagen. Darüber hinaus ist bei der Prüfung einer qualifizierten Überlänge auch die Gesamtdauer des Revisionsverfahrens von rund fünf Jahren und vier Monaten in den Blick zu nehmen, selbst wenn im Übrigen einzelne Verfahrensschritte jeweils für sich genommen nicht zu beanstanden sind. Daraus ergibt sich im Ganzen eine überlange Dauer des Revisionsverfahrens.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Umfang der zur Kompensation erforderlichen Vollstreckungsanrechnung nicht mit dem Umfang der Verfahrensverzögerung gleichzusetzen, sondern sie hat nach den Umständen des Einzelfalles grundsätzlich einen eher geringen Bruchteil der verhängten (Gesamt-) Strafe zu betragen (vgl. BGH, aaO, BGHSt 52, 124, 147). Um jede Benachteiligung auszuschließen erklärt der Senat unter Berücksichtigung aller Umstände jeweils sechs Monate der gegen die Angeklagten verhängten Gesamtfreiheitsstrafen als bereits vollstreckt.“

Nun ja, immerhin sechs Monate hat das Hin und Her für die Angeklagten gebracht. Wenn zwei sich streiten……

Ungleichartige Wahlfeststellung, es bleibt beim Alten, oder: Schluss ist mit dem Hin und Her

© AKS- Fotolia.com

Wir erinnern uns: Eine der Frage, die der 2. Strafsenat des BGH an den Großen Senat für Strafsachen „herangetragen“ hat, war die Sache mit der ungleichartigen Wahlfeststellung. Ich glaube, ich hatte noch keine Frage so häufig im Blog, nämlich mit

  1. 2. Strafsenat des BGH – „Rebellensenat“? – nee, nur „Unruhestifter“
  2. Ungleichartige Wahlfeststellung ade? – entscheidet das ggf. der große Senat
  3. Die „ungleichartige Wahlfeststellung“ ist beim Großen Senat – wer A sagt, muss auch B sagen,
  4. „Die Vorlage wird zurückgenommen.“, oder: Entlastung
  5. Ungleichartige Wahlfeststellung – es gibt sie doch noch/wieder …
  6. Totgesagte leben länger“, oder: Doch wieder die ungleichartige Wahlfeststellung beim Großen Senat für Strafsachen.

Und das sind noch nicht alle Postings. Es gibt noch mehr zu diesem „fröhlichen Hin und Her“. Jetzt ist aber „Schluß mit lustig“. Der Große Senat des BGH für Strafsachen hat gesprochen, und zwar im BGH, Beschl. v. 08.05.2017 – GSSt 1/17, der erst jetzt auf der Homepage des BGH veröffentlicht ist. Und das Ergebnis ist nicht überraschend, wenn man sich die Beschlüsse der anderen Strafsenate des BGH in dieser Frage ansieht. Ich beschränke mich in diesem Posting, das nur der Vollständigkeit dient, daher auf den Leitsatz:

„Eine gesetzesalternative Verurteilung wegen (gewerbsmäßig begangenen) Diebstahls oder gewerbsmäßiger Hehlerei ist entsprechend den zum Rechtsinstitut der Wahlfeststellung durch den Bundesgerichtshof entwickelten Grundsät-zen weiterhin zulässig; sie schließt bei gleichzeitiger Verwirklichung eines Tat-bestands der Geldwäsche einen Schuldspruch wegen Geldwäsche aus.“

Also: Nichts Neues aus Karlsruhe in der Frage. Bleibt so wie es ist/war.

Totgesagte leben länger“, oder: Doch wieder die ungleichartige Wahlfeststellung beim Großen Senat für Strafsachen

© M. Schuppich - Fotolia.com

© M. Schuppich – Fotolia.com

Nun, so ganz passt der Ausspruch: „Totgesagte leben länger“, nicht, aber irgendwie geht er in die „richtige“ Richtung, was die Frage der ungleichartigen Wahlfeststellungen angeht. Dazu erinnere ich:

Es gab eine Vorlage des 2. Strafsenats des BGH an den Großen Senat für Strafsachen betreffend die ungleichartige Wahlfeststellung (vgl. BGH, Beschl. v. 11.03.2015 – 2 StR 495/12), die zurückgenommen worden ist (vgl. hier: „Die Vorlage wird zurückgenommen.“, oder: Entlastung). Danach hat der 5. Strafseant des BGH im BGH, Beschl. v. 16.08.2016 – 5 StR 182/16 entschieden, dass es die ungleichartige Wahlfeststellung „gibt“ (vgl. Ungleichartige Wahlfeststellung – es gibt sie doch noch/wieder …).

Und nun kann ich über den während meines Urlaubs bekannt gewordenen BGH, Beschl. 02.11.2016 – 2 StR 495/12 – berichten, mit dem der 2. Strafsenat die Rechtsfrage erneut auf den Weg zum großen Senat für Strafsachen gebracht hat. Dazu aus der PM Nr. 195/16 vom 3.11.2016:

„Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat mit Beschluss vom 2. November 2016 dem Großen Senat für Strafsachen erneut die Frage vorgelegt, ob Verurteilungen auf der Grundlage einer so genannten „Wahlfeststellung“ allgemein zulässig sind und ob sie im Einzelfall durch gesetzliche Regelungen verdrängt werden.

Zugrunde liegt ein Fall, in dem das Landgericht, weil der Sachverhalt insoweit unaufklärbar war, die Angeklagten „wegen (gewerbsmäßigen) Diebstahls oder (gewerbsmäßiger) Hehlerei“ verurteilt hatte. Eine solche wahldeutige Verurteilung ist nach seit langer Zeit bestehendem Richterrecht zulässig, wenn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme einer von zwei sich ausschließenden Tatbeständen sicher gegeben ist, jedoch offen bleibt, welcher Sachverhalt vorliegt. In Anwendung des Grundsatzes „im Zweifel für den Angeklagten“ müsste in solchen Fällen jeder Tatbestand gesondert geprüft und der Angeklagte freigesprochen werden, weil keine der beiden Taten zweifelsfrei bewiesen ist.

Die Rechtsprechung lässt in diesen Fällen eine „Wahlfeststellung“ zu, wenn eine dritte Möglichkeit ausgeschlossen ist und die beiden möglichen Taten „rechtsethisch und psychologisch vergleichbar“ sind. Die Strafe wird in diesem Fall aus dem milderen Strafrahmen festgesetzt. Das Verhältnis zwischen Diebstahl und Hehlerei ist der häufigste Fall der Wahlfeststellung; die Rechtsprechung hat sie aber auch für zahlreiche andere Konstellationen zugelassen.

Eine gesetzliche Grundlage für diese Ausnahme vom Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagten“ besteht nicht; eine entsprechende Regelung des NS-Strafrechts wurde durch den Alliierten Kontrollrat im Jahr 1946 aufgehoben.

Der 2. Strafsenat hält die richterrechtliche Grundlage wegen Verstoßes gegen das Gesetzlichkeitsprinzip im Strafrecht (Artl. 103 Abs. 2 Grundgesetz) für verfassungswidrig und hatte diese Frage bereits im Jahr 2015 dem Großen Senat für Strafsachen vorgelegt, nachdem alle anderen Strafsenate seiner Ansicht entgegengetreten waren. Diese Vorlage hatte der 2. Strafsenat mit Beschluss vom 7. August 2016 zurückgenommen, weil im bisherigen Verfahren noch nicht geprüft worden war, ob die Anwendung der „Wahlfeststellung“ im konkreten Fall nicht schon deshalb ausscheidet, weil im Tatbestand der Geldwäsche (§ 261 StGB) ein gesetzlicher Auffangtatbestand besteht, der als geschriebenes Recht eine entgegenstehende richterrechtliche Praxis ausschließt. Wegen Geldwäsche ist unter anderem strafbar, wer Gegenstände, die aus einem gewerbsmäßigen Diebstahl oder einer gewerbsmäßigen Hehlerei herrühren, sich oder einem Dritten verschafft.

Schon eine Woche nach dem Rücknahmebeschluss des 2. Strafsenats entschied der 5. Strafsenat, der Tatbestand der Geldwäsche verdränge die Wahlfeststellung zwischen einzelnen Tatbeständen aus dem gesetzlichen Katalog seiner Vortaten nicht (Beschluss vom 16. August 1016 – 5 StR 182/16 – zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen); es sei daher „wahldeutig“ zu verurteilen.

Der 2. Strafsenat hat nun – nach Durchführung einer erneuten Hauptverhandlung – entschieden, wegen grundsätzlicher Bedeutung wiederum den Großen Strafsenat mit der Frage zu befassen. Er hält weiterhin an seiner Ansicht fest, dass es für die „Wahlfeststellung“ einer gesetzlichen Grundlage bedürfe, weil es sich nicht allein um eine prozessuale Entscheidungsregel, sondern um materielles Strafbegründungsrecht handele, das den Erfordernissen des Art. 103 Abs. 2 Grundgesetz unterfalle.

Überdies, so meint der 2. Strafsenat abweichend vom 5. Strafsenat, sei eine wahldeutige Verurteilung wegen gewerbsmäßigen Diebstahls oder gewerbsmäßiger Hehlerei ausgeschlossen, weil beide Alternativen Katalogtaten des § 261 (Geldwäsche) seien, so dass nach dessen eindeutigem Wortlaut – unabhängig vom möglichen subjektiven Willen des Gesetzgebers – dieser Tatbestand als Auffangtatbestand anzuwenden sei.“

Nun, warten wir dalso ab, was (noch alles) passiert.

„Die Vorlage wird zurückgenommen.“, oder: Entlastung

© AKS- Fotolia.com

© AKS- Fotolia.com

Na, das ist aber mal ein kurzer/knapper Beschluss des BGH, der da gestern auf der Homepage eingestellt worden ist. Und zwar im Verfahren 2 StR 495/12. Wie, wird der ein oder andere fragen: Ein so altes Verfahren ist noch beim BGH? Ja, ist es und es ist auch ein an sich bekanntes Verfahren. Es ist nämlich das Verfahren, in dem es um die Zulässigkeit der ungleichartigen Wahlfeststellung geht. Da hat es den BGH, Beschl. v. 28.01.2014 – 2 StR 495/12 – gegeben (vgl. dazu Ungleichartige Wahlfeststellung ade? – entscheidet das ggf. der große Senat). Und es hat danach dann ja auch den BGH, Beschl. v. 11.03.2015 – 2 StR 495/12 gegeben, mit dem die Rechtsfrage dem Großen Senat für Strafsachen nach § 132 GVG vorgelegt worden ist.

Und nun gibt es eben auch noch den BGH, Beschl. v. 09.08.2016 – 2 StR 495/12, in dem es eben einfach nur heißt:

Die Vorlage wird zurückgenommen.“

Und das war es dann. Sorry, ich verstehe es nicht. Ich verstehe vor allem auch nicht, warum der „staunenden“ juristischen Öffentlichkeit kein Grudn genanngt wird. Verfahren durch andere Gründe – mir fällt da nur der Tod des Angeklagten ein – beendet? Aber das hätte dann ja sicherlich im Beschluss gestanden. Oder hat sich der 2. Strafsenat eines Besseren (?) besonnen. Jedenfalls: Den großen Senat wird es freuen. Er ist bei den vielen Vorlagen, die ggf. auf ihn zukommen, dann schon mal ein wenig entlastet.

Ungleichartige Wahlfeststellung ade? – entscheidet das ggf. der große Senat

© Dan Race - Fotolia.com

© Dan Race – Fotolia.com

„Ungleichartige Wahlfeststellung“ ade?, so kann man den Anfragebeschluss des 2. Strafsenats des BGH überschreiben. Denn in dem BGH, Beschl. v. 28.01.2014 – 2 StR 495/12 – kündigt der 2. Strafsenat seine Ansicht an, die Rechtsprechung zur ungleichartigen Wahlfeststellung zu ändern. In den Leitsätzen der Entscheidung heißt es:

„I. Der Senat beabsichtigt zu entscheiden:

1. Die richterrechtlich entwickelte Rechtsfigur der ungleichartigen Wahlfeststellung verstößt gegen Art. 103 Abs. 2 GG.
2. Eine wahldeutige Verurteilung wegen (gewerbsmäßigen) Diebstahls oder gewerbsmäßiger Hehlerei ist daher unzulässig.

II. Der Senat fragt bei den übrigen Strafsenaten an, ob sie der beabsichtigten Entscheidung zustimmen und entgegenstehendeRechtsprechung aufgeben.“

Ist schon materielles „Strafrecht am Hochreck“, was der 2. Strafsenat da ausführt und das wird sicherlich in Kürze in den  Fachzeitschriften diskutiert werden. Also, nachlesen. Und. ich bin gespannt, wie die anderen Senat antworten. Ob sie es genau so sehen oder ob sie an der alten Rechtsprechung festhalten. Dann ist mal wieder der Große Senat für Strafsachen gefordert.