Schlagwort-Archive: Unglaubwürdigkeit des Zeugnisverweigerungsberechtigten

Klassischer Fehler, an der Grenze zum Anfängerfehler, oder: Die Unglaubwürdigkeit des Zeugnisverweigerungsberechtigten…

© Alex White – Fotolia.com

In der letzten Zeit häufen sich m.E. Revisionsentscheidungen des BGH zu Beweiswürdigungsfehler.  Dazu zählt auch der BGH, Beschl. v. 05.10.2017 – 3  StR 401/17 -, ergangen in einem Verfahren wegen schwerer räuberischer Erpressung. Das LG Oldenburg hat den bestreitenden Angeklagten verurteilt. Der Zeugenaussage des Vaters des Angeklagten, wonach dieser ihn zur Tatzeit in einer Therapieeinrichtung besuchte, hat die Strafkammer nicht geglaubt. Sie hat dies mit folgenden Erwägungen begründet: Der Vater des Angeklagten habe „nicht annähernd plausibel erklären“ können, „warum er erst jetzt entsprechende Angaben gemacht habe“, obwohl er, wie er selbst eingeräumt habe, bereits kurze Zeit nach der Tat erfahren haben wolle, dass sein Sohn an der Tat beteiligt gewesen sein könnte. Dies sei umso weniger verständlich, als er eingeräumt habe, zunächst selbst geglaubt zu haben, dass sein Sohn an dem Überfall beteiligt gewesen sei. Er habe seinen Sohn dann aber – mindestens etliche Monate vor der Hauptverhandlung – darauf angesprochen, dass dieser ihn am Tattage doch besucht habe. Die Frage, warum er seinen Sohn dann „nicht bereits vorher durch Mitteilung des mutmaßlichen Alibis bei der Polizei“ entlastet habe, habe der Zeuge „nicht plausibel erklären“ können.

Das passt dem BGH so nicht:

„b) Diese Würdigung der Aussage des Vaters des Angeklagten R. verstößt gegen den vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung her-vorgehobenen Grundsatz, dass die Unglaubwürdigkeit eines zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigten Zeugen aus Rechtsgründen nicht daraus hergeleitet werden darf, dieser habe im Ermittlungsverfahren geschwiegen und erst in der Hauptverhandlung seine entlastenden Angaben gemacht; denn selbst die Verweigerung des Zeugnisses hätte nicht zum Nachteil des Angeklagten R. gewertet werden dürfen. Würde die Tatsache, dass ein Zeugnisver-weigerungsberechtigter von sich aus (zunächst) nichts zur Aufklärung beigetragen hat, geprüft und gewertet, so könnte er von seinem Schweigerecht nicht mehr unbefangen Gebrauch machen, weil er befürchten müsste, dass daraus später nachteilige Schlüsse zu Lasten des Angeklagten gezogen würden (BGH, Urteil vom 2. April 1987 – 4 StR 46/87, BGHR StPO § 52 Abs. 1 Verweigerung 1; Beschlüsse vom 13. August 2009 – 3 StR 168/09, NStZ 2010, 101, 102; vom 8. Dezember 2015 – 3 StR 298/15, NStZ 2016, 301).“

Klassischer Fehler des LG – an der Grenze zum Anfängerfehler…