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Wenn das „Sonderschutzfahrzeug“ beim Rückwärtsfahren umfällt, oder: Haftung?

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Die zweite Entscheidung stammt auch vom OLG Celle. Das hat im OLG Celle, Urt. v. 10.06.2020 – 14 U 218/19 – über folgendes Unfall geschehen entschieden:

„Gegenstand des Rechtsstreits ist ein Unfall, der sich am 14. März 2015 gegen 10.50 Uhr auf dem Betriebsgelände der Klägerin in G., L. Str. ereignet hat. Die Führung des Betriebes hatte die Klägerin der Firma G. mbH übertragen, die ihrerseits die Beklagte zu 1) mit der Erbringung von Sicherheitsleistungen betraut hatte. Die Klägerin war Eigentümerin des Sonderschutzfahrzeugs Mercedes Benz G-Guard, das der Beklagte zu 2) – ein Mitarbeiter der Beklagten zu 1) – auf dem Werksgelände steuerte, um eine Streifenfahrt zur Bewachung durchzuführen. Ihn begleitete als Beifahrer der Zeuge D. Im Rahmen eines Wendemanövers in Rückwärtsfahrt stürzte das klägerische Fahrzeug auf die rechte Seite und erlitt einen wirtschaftlichen Totalschaden. Die Klägerin hat die Beklagten auf Schadensersatz in Höhe von 111.567,09 EUR (vor allem Mietwagenkosten) nebst Feststellung der zukünftigen Schadensersatzpflicht (Erhöhung der Versicherungsprämie) in Anspruch genommen, weil der Beklagte zu 2) ein rasantes und überflüssiges Fahrmanöver ohne Anlass in Kenntnis der erleichterten Kippgefahr des Fahrzeugs durchgeführt und so den Schaden verschuldet habe. Die zur Zahlung aufgeforderte Beklagte zu 1) hat eine Schadensregulierung verweigert, da ein vertraglich vereinbarter Haftungsausschluss auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit greife, der hier zu bejahen sei, weil der Beklagte zu 2) ein normales Wendemanöver durchgeführt habe und mit einem Umstürzen des Fahrzeugs nicht habe rechnen müssen. Die Beklagte zu 1) treffe auch kein Auswahl- oder Überwachungsverschulden hinsichtlich des Beklagten zu 2), der zuverlässig und besonnen sei. Die Schadenshöhe haben die Beklagten bestritten, insbesondere die Notwendigkeit des Zeitraums der Mietwagenkosten; es hätte ein Interimsfahrzeug beschafft werden können. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung (Bl. 445R – 447R d. A.).“

Das LG hat die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen.Die Berufung dagegen hatte beim OLG Celle keinen Erfolg.

Hier der Leitsatz der OLG-Entscheidung:

„Der Fahrer eines Sonderschutzfahrzeugs, das wegen seiner Aufpanzerung beim zügigen Rückwärtsfahren mit eingeschlagener Lenkung schon nach wenigen Metern umkippt, handelt nicht fahrlässig (§§ 276 Abs. 2, 823 Abs. 1 BGB), weil diese Gefahr nicht vorhersehbar war, insbesondere auch nicht allgemein bekannt gemacht worden ist. „