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Schon wieder beA, oder: Überwachungspflichten bei Rechtsmitteleinlegung durch beA

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Im „Kessel Buntes“ „köchelt“ dann heute als erste Entscheidung der BAG, Beschl. v. 07.08.2019 – 5 AZB 16/19  – mit Ausführungen des BAG zu Überwachungspflichten bei der Berufungseinlegung über das beA. Die Entscheidung ist zwar in einer arbeitsgerichtlichen Streitigkeit ergangen, ihre Grundsätze kann man m.E. aber auch auf andere Verfahren übertragen (vgl. z.B. § 32a Abs. 5 Satz 2 StPO).

Es geht um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Im Verfahren hatte das ArbG der Klage stattgegeben. Urteilsverkündung war am 19.11.2018. Das Urteil wurde der Beklagten, die erstinstanzlich anwaltlich nicht vertreten war, am 05.12.2018 zugestellt. Am 08.01.2019 ging im elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfach (iF EGVP) des LAG Hamm eine aus einem besonderen elektronischen Anwaltspostfach (iF beA) übermittelte Berufungsschrift ein. Nachdem das LAG mit gerichtlichem Schreiben vom 22.01.2019 den Prozessbevollmächtigten der Beklagten auf die verspätete Einlegung der Berufung hingewiesen hatte, teilte dieser mit Schriftsatz vom 26.01.2019 mit, die Berufungsschrift sei per beA am 28.12.2018 an das LAG übermittelt worden. Hierzu legte er eine Übermittlungsdatei vor, wonach die Berufungsschrift am angegebenen Datum um 10:34 Uhr gesendet wurde. Die weiteren in der Übermittlungsdatei enthaltenen Rubriken „Empfangen“ und „Zugegangen“ enthalten keine Einträge. Zugleich beantragte die Beklagte für den Fall des nicht fristgerechten Zugangs Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Das LAG hat die Berufung der Beklagten unter Zurückweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unzulässig verworfen. Dagegen die Revisionszulassungsbeschwerde, die beim BAG keinen Erfolg hatte. Die Beklagte habe nicht glaubhaft gemacht, sie sei ohne ihr Verschulden bzw. ohne ein ihr nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten an der fristgemäßen Einreichung der Berufung verhindert gewesen. Das BAG beanstandet, dass der Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten nicht rechtzeitig gewesen sei. Und:

bb) Die Beklagte hat darüber hinaus auch nicht dargelegt, dass ihr Prozessbevollmächtigter in seiner Kanzlei über eine ordnungsgemäße Ausgangskontrolle verfügt.

(1) Ein Rechtsanwalt hat durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig hergestellt wird und innerhalb der Frist beim zuständigen Gericht eingeht (BGH 4. September 2018 – VIII ZB 70/17 – Rn. 13). Zu diesem Zweck muss der Rechtsanwalt eine zuverlässige Fristenkontrolle organisieren und insbesondere einen Fristenkalender führen (BAG 25. Mai 2016 – 5 AZR 614/15 – Rn. 20).

(a) Zu einer wirksamen Ausgangskontrolle gehört die Anordnung des Rechtsanwalts, dass die Erledigung von fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstags durch eine dazu beauftragte Bürokraft anhand des Fristenkalenders nochmals selbständig überprüft wird (st. Rspr., vgl. nur BAG 25. Mai 2016 – 5 AZR 614/15 – Rn. 22; BGH 8. November 2018 – I ZB 108/17 – Rn. 13; 15. Dezember 2015 – VI ZB 15/15 – Rn. 8). Diese allabendliche Ausgangskontrolle fristgebundener Schriftsätze mittels Abgleich mit dem Fristenkalender dient nicht alleine dazu, zu überprüfen, ob sich aus den Eintragungen im Fristenkalender noch unerledigt gebliebene Fristsachen ergeben, sondern vielmehr auch dazu, festzustellen, ob möglicherweise in einer bereits als erledigt vermerkten Fristsache die fristwahrende Handlung noch aussteht. Deshalb ist dabei, ggf. anhand der Akten, auch zu prüfen, ob die im Fristenkalender als erledigt gekennzeichneten Schriftsätze tatsächlich abgesandt worden sind (BGH 8. November 2018 – I ZB 108/17 – Rn. 13; 15. Dezember 2015 – VI ZB 15/15 – Rn. 8).

(b) Nach gefestigter Rechtsprechung genügt ein Rechtsanwalt bei einer Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax seiner Pflicht zur Ausgangskontrolle nur dann, wenn er seine Angestellten anweist, anhand des Sendeprotokolls zu überprüfen, ob die Übermittlung vollständig und an den richtigen Empfänger erfolgt ist. Erst danach darf die Frist im Fristenkalender gestrichen werden (BGH 24. Januar 2019 – I ZB 47/18 – Rn. 10 mwN). Die Überprüfung des Sendeberichts kann lediglich dann entfallen, wenn der Rechtsanwalt seine Kanzleiangestellten angewiesen hat, die Frist erst nach telefonischer Rückfrage beim Empfänger zu streichen (vgl. BAG 25. Mai 2016 – 5 AZR 614/15 – Rn. 22; BGH 25. Februar 2016 – III ZB 42/15 – Rn. 10).

(c) Die anwaltlichen Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der Übermittlung von fristgebundenen Schriftsätzen im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs per beA entsprechen denen bei Übersendung von Schriftsätzen per Telefax (Bayerisches LSG 3. Januar 2018 – L 17 U 298/17 – Rn. 16; vgl. zum elektronischen Rechtsverkehr OVG Rheinland-Pfalz 27. August 2007 – 2 A 10492/07 – Rn. 24). Auch hier ist es unerlässlich, den Versandvorgang selbst zu überprüfen. Dies kann ohne Weiteres durch eine Kontrolle der dem Telefax-Sendeprotokoll vergleichbaren automatisierten Eingangsbestätigung (§ 46c Abs. 5 Satz 2 ArbGG) erfolgen (vgl. Kulow BRAK-Mitteilungen 2019, 2, 5). Sobald eine an das Gericht versendete Nachricht auf dem in dessen Auftrag geführten Server eingegangen ist, schickt dieser automatisch dem Absender eine Bestätigung über den Eingang der Nachricht. Hieran hat sich mit Einführung des beA nichts geändert, die Eingangsbestätigung wird vom EGVP an das beA versandt. Die Eingangsbestätigung soll dem Absender unmittelbar und ohne weiteres Eingreifen eines Justizbediensteten Gewissheit darüber verschaffen, ob eine Übermittlung an das Gericht erfolgreich war oder ob weitere Bemühungen zur erfolgreichen Übermittlung des elektronischen Dokuments erforderlich sind (BT-Drs. 17/12634, S. 26 zum gleichlautenden § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO). Hat der Rechtsanwalt eine Eingangsbestätigung erhalten, besteht damit Sicherheit darüber, dass der Sendevorgang erfolgreich war. Ihr Ausbleiben muss den Rechtsanwalt zur Überprüfung und ggf. zur erneuten Übermittlung veranlassen (vgl. hierzu Bacher NJW 2015, 2753, 2756).

(d) Diese Grundsätze gelten sowohl bei der manuellen als auch bei der elektronischen Führung eines Fristenkalenders. Diese darf keine hinter der manuellen Führung zurückbleibende Überprüfungssicherheit bieten (BAG 3. Juli 2019 – 8 AZN 233/19 – Rn. 6; BGH 4. November 2014 – VIII ZB 38/14 – Rn. 10 mwN). Das bedeutet, dass der Rechtsanwalt, der laufende Fristen in einem elektronischen Fristenkalender erfasst, durch geeignete Organisationsmaßnahmen die Kontrolle der Fristeingabe gewährleisten muss. Das kann durch einen Ausdruck der eingegebenen Einzelvorgänge oder eines Fehlerprotokolls erfolgen. In seiner ständigen Rechtsprechung verlangt der Bundesgerichtshof, dass die Eingaben in den elektronischen Kalender durch Ausgabe der eingegebenen Einzelvorgänge über den Drucker oder durch Ausgabe eines Fehlerprotokolls durch das Programm kontrolliert werden. Unterbleibe dies, sei darin ein anwaltliches Organisationsverschulden zu sehen (BGH 28. Februar 2019 – III ZB 96/18 – Rn. 13 mwN; ebenso BAG 3. Juli 2019 – 8 AZN 233/19 – Rn. 8; BSG 28. Juni 2018 – B 1 KR 59/17 B – Rn. 9; krit. hierzu Siegmund NJW 2019, 1456, 1458). Unabhängig davon ist jedoch den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Büroorganisation nicht genügt, wenn ein elektronischer Fristenkalender so geführt wird, dass am Tag des Fristablaufs zuvor als erledigt gekennzeichnete Sachen überhaupt nicht mehr in der Fristenliste erscheinen und ein vorheriges versehentliches Löschen der Frist daher bei der Endkontrolle am Abend des Tags nicht mehr erkannt werden kann (vgl. BGH 11. Oktober 2000 – IV ZB 17/00 – zu II 1 d der Gründe; vgl. auch OVG Saarland 20. Mai 2014 – 1 A 458/13 – Rn. 9; Zöller/Greger ZPO 32. Aufl. § 233 Rn. 23).

(2) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Beklagte die Einrichtung und Anwendung einer ordnungsgemäß gestalteten Fristen- und Ausgangskontrolle bereits nicht schlüssig dargelegt….“