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OWi II: Zitierfehler bzw. missglückte StVO-Novelle, oder: Verjährungsunterbrechung durch Anhörung

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Die zweite Entscheidung kommt aus Bayern, und zwar vom AG Dillingen. Das hat im AG Dillingen, Beschl. v. 19.01.2021 – 303 OWi 611 Js 142243/20 – zu Unterbrechung der Verjährung durch eine wiederholte Anhörung Stellung genommen. In dem Zusammenhang spielt dann auch der Zitierfehler bzw. die missglückte StVO-Novelle eine Rolle.

Nach dem Sachverhalt ist dem Betroffenen eine am 03.06.2020 begangene Geschwindigkeitsüberschreitung zur Last gelegt worden. Mit Schreiben vom 17.06.2020 eröffnete die Verwaltungsbehörde dem Betroffenen den Tatvorwurf unter Nennung von Tatzeit, Tatort und den ihrer Einschätzung nach einschlägigen Vorschriften der §§ 3 Abs. 3, 49 StVO, § 24 StVG und 11.3.3. BKat und benannte die Beweismittel „Sensormessung mit Foto (ES 3.0)“ und „Zeuge“ ohne Nennung einer konkret beabsichtigten Rechtsfolge. Mit Schriftsatz vom 23.06.2020 meldete sich dann der Verteidiger des Betroffenen und bat um – und erhielt – Akteneinsicht. Mit Schriftsatz vom 27.07.2020 wies der Verteidiger darauf hin, dass die Tatzeit nach der – missglückten – Bußgeldkatalogreform liege und daher eine Rechtsgrundlage für eine Ahndung nicht vorläge.

In Reaktion hierauf schrieb die Bußgeldbehörde unter dem 14.08.2020 den Verteidiger erneut an, erklärte unter Bezugnahme auf eine Bund-Länder-Besprechung vom 13.07.2020, dass das Schreiben vom 17.06.2020 „unwirksam“ sei und übersandte einen geänderten Anhörungsbogen.

Der Bußgeldbescheid gegen den Betroffenen wurde dann am 21.09.2020 erlassen. Das AG hat das Verfahren eingestellt:

„Der Rechtsauffassung der Verteidigung ist zuzustimmen. Die Verjährungsfrist betrug zum hier maßgeblichen Zeitpunkt 3 Monate, § 26 Abs. 3 StVG, da ein gerichtliches Verfahren zum entscheidenden Zeitpunkt noch nicht bestand und der Bußgeldbescheid erst vom 21.09.2020 datiert.

Die einzige zwischen diesen Zeitpunkten, die mehr als drei Monate auseinanderliegen, in Betracht kommende verjährungsunterbrechende Maßnahme wäre die erste Vernehmung des Betroffenen, die erste Bekanntgabe, dass gegen ihn das Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, oder die erste Anordnung einer Vernehmung oder ihre erstmalige Durchführung, § 33 Abs. 1 Nr. 1 OWiG. Andere Unterbrechungstatbestände liegen hier augenscheinlich fern.

Wie sich aus dem Gesetzeswortlaut schon ergibt, kann nur jeweils die „erste“ der dort genannten Maßnahmen die Verjährung unterbrechen. Eine wiederholte Unterbrechung durch mehrfache Anhörung zur selben Tat kommt nicht in Betracht. Der Anhörung des Betroffenen oder der Mitteilung an ihn, dass Ermittlungen eingeleitet wurden, geht – als reines Verwaltungsinternum, für dessen Wirksamkeit die Kenntnisnahme durch den Betroffenen irrelevant ist – die Anordnung der Bekanntgabe gedanklich notwendig stets voraus.

Diese Anordnung erfolgte vorliegend ausweislich Bl. 9/10 d.A. am 17.06.2020 und wurde durch Schreiben vom selben Tage dem Betroffenen auch bekanntgegeben. Die Übersendung eines Anhörungsbogens genügt diesen Voraussetzungen stets, selbst wenn der Anhörungsbogen dem Betroffenen nicht zugeht (vgl. etwa BeckOK zum OWiG, 28. Auflage vom 01.10.2020, § 33, Rn. 30 mit zahlreichen Nachweisen). Aus der zeitnahen und inhaltlich zum Vorwurf passenden Reaktion der Verteidigung vom 23.06.2020 darf aber wohl ohnehin mit Sicherheit darauf geschlossen werden, dass der Bogen seinerzeit zugegangen sein muss.

Eine weitere Unterbrechung der Verjährung durch das Schreiben vom 14.08.2020 trat darüber hinaus nicht mehr ein. Es handelt sich bei diesem nicht um die erste Anordnung einer Vernehmung oder die erste Durchführung einer Vernehmung, sondern allenfalls um eine – erneute – Bekanntgabe des Ermittlungsverfahrens – da sich das Schreiben auf denselben Tatvorwurf bezieht wie schon das Schreiben vom 17.06.2020. Dass über den Inhalt des seinerzeitigen Schreibens hinaus nun auch – erstmals – ein Verwarngeld angeboten wurde, ändert hieran nichts. Maßgeblicher Inhalt der Anhörung bzw. Bekanntgabe ist die Tat (die nach Ort, Zeit und Art des Verstoßes hinreichend konkretisiert sein muss und als Tat im prozessualen Sinne verstanden werden muss, § 264 StPO), nicht die hierfür beabsichtigte Rechtsfolge oder gar die von der Verwaltungsbehörde vorgenommene rechtliche Würdigung.

Entscheidend ist lediglich das tatsächliche Geschehen. Bekannt gegeben werden kann nur, was dem Betroffenen nicht bereits durch ein vorangegangenes Geschehen bekannt ist.

Die Unwirksamkeit der Bußgeldkatalognovelle steht in keinem rechtlichen Zusammenhang mit der Frage der Verjährung. Insbesondere gibt die Erkenntnis, dass die Novelle – diplomatisch ausgedrückt – „missglückt“ war der Verwaltungsbehörde nicht die Befugnis, bereits ausgereichte Anhörungsschreiben zurückzunehmen oder für gegenstandslos zu erklären.“

Durch die somit am 17.09.2020 eingetretene Verjährung ist die Verfolgung und Ahndung der Tat ausgeschlossen, § 31 Abs. 1 Satz 1 OWiG. Der Bußgeldbescheid vom 21.09.2020 vermag die einmal eingetretene Verjährung nicht mehr nachträglich zu beseitigen.“

OWi II: Wirksamkeit der StVO-Novelle 2013, oder KG sagt: Kein Zitierfehler

Auch ich hatte ja schon mehrfach über den (angeblichen) Zitierfehler in Zusammenhang mit der Verkündung der StVO-Novelle 2020 berichtet. Dazu gibt es ja auch schon Rechtsprechung, und zwar den OLG Oldenburg, Beschl. v. 08.10.2020 – 2 Ss (OWi) 230/20 – dazu: OWi I: Wirksamkeit der StVO 2013?, oder: Zitiergebot bei der StVO-Novelle 2013 nicht verletzt – und den BayObLG, Beschl. v. 11.11.2020 – 201 ObOWi 1043/20 dazu: OWi IV: Wirksamkeit der StVO bzw. Zitiergebot verletzt, oder: BayObLG: BKatVO gilt fort) .

Hier stelle ich dann die nächste mir bekannt gewordene Entscheidung zu der Problematik vor. Es handelt sich um den KG, Beschl. v. 20.10.2020 – 3 Ws (B) 249/20 –, der ebenfalls eine Verletztung des Zitiergebotes betreffend die vom AG in dem Fall angewendete StVO 2013 verneint:

„Das Rechtsmittel stellt in den Raum, das Amtsgericht habe nichtiges Recht angewendet. Hintergrund ist die anlässlich der 54. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 20. April 2020 (BGBl. I 2020, 814) aufgetretene Diskussion um die Folgen eines Zitierfehlers (Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG) und die in diesem Zusammenhang offenbar durch ein Rundschreiben des Justizministeriums Baden-Württemberg publizierte Auffassung, auch frühere Fassungen der StVO seien in diesem Sinn fehlerbehaftet.

Hierzu bemerkt der zuständige Einzelrichter des Senats:

1. Ob und inwieweit die 54. Änderungsverordnung wirksam ist, kann hier offen bleiben, weil die durch den Betroffenen begangene Verkehrsordnungswidrigkeit bereits 2019 und mithin vor dem Inkrafttreten der Novelle begangen worden ist. Schon die Einschätzung der Verteidigung, das Amtsgericht habe die geänderte StVO angewendet, entbehrt jeder Grundlage. Im Übrigen sind weder der vom Betroffenen verwirklichte Tatbestand des § 23 Abs. 1a StVO noch die im Bußgeldkatalog bezeichneten Regelrechtsfolgen durch die StVO-Novelle geändert worden.

2. Der durch das Rechtsmittel vertretenen Auffassung, die durch das Amtsgericht angewendete StVO vom 6. März 2013 (BGBl. I 2013, S. 367) sei nichtig, wird nicht gefolgt. Einer Publikation des ADAC vom 4. September 2020 (“Mitteilungen der Juristischen Zentrale Nr. 57“) entnimmt der Senat die vom Justizministerium Baden-Württembergs vertretene Ansicht, bei der 2013 in Kraft getretenen Neufassung der StVO fehle ein Hinweis auf einen Satzteil in § 6 Abs. 1 Nr. 3 StVG, nämlich „erster Halbsatz“. Dies überzeugt nicht. Die Eingangsformel der Verordnung vom 6. März 2013 zitiert alle Buchstaben des § 6 Abs. 1 Nr. 3 mit Ausnahme der Buchstaben a und b, nämlich zum ersten Spiegelstrich „c, f bis i“ und zum zweiten Spiegelstrich „d und e“. Für die nicht genannten Buchstaben a und b enthält der Gesetzestext den Hinweis „(weggefallen)“; sie enthalten keine Regelungen mehr. Damit erübrigt sich ein Hinweis darauf, dass die ausdrücklich bezeichneten Buchstaben c bis i der im ersten Halbsatz des § 6 Abs. 1 Nr. 3 StVG bezeichneten „Erhaltung der Sicherheit und Ordnung auf öffentlichen Straßen“ dienen. Zum selben Ergebnis kommt das OLG Oldenburg (Beschluss vom 8. Oktober 2020 – 2 Ss OWi 230/20 – [bei juris; zur Veröffentlichung vorgesehen im DAR]), das nur etwas anders formuliert: „Durch die in der Eingangsformel erfolgte Nennung verschiedener Buchstaben von § 6 Abs. 1 Nr. 3 StVG ist auch der vorhergehende Satzteil der Nr. 3 mitumfasst, da der den Buchstaben nachfolgende Text mit dem vorhergehenden – vor der Buchstabenfolge stehendem Text – eine Einheit bildet.“

Der offenbar von der Verteidigung erhobene Einwand, die StVO vom 6. März 2013 sei wegen eines im Zusammenhang mit § 26a StVG begangenen Zitierfehlers nichtig – der diesbezügliche Passus der Rechtsmittelschrift bricht mitten im Satz ab –, trifft nicht zu. § 26a StVG ermächtigt zum Erlass eines Bußgeldkatalogs. Hierbei handelt es sich um ein anderes Regelwerk als die StVO.“

OWi IV: Wirksamkeit der StVO bzw. Zitiergebot verletzt, oder: BayObLG: BKatVO gilt fort

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Ja, richtig gelesen, heute gibt es OWi IV. Ich mache ja selten vier Postings an einem Tag, aber ich habe gerade einen Beschluss rein bekommen, den ich dann aber doch sofort bekannt machen möchte.

Es handelt sich um den BayObLG, Beschl. v. 11.11.2020 – 201 ObOWi 1043/20. Das BayObLG nimmt in ihm zur Frage der Fortgeltung der Bußgeldkatalog-Verordnung auch nach Erlass der StVO-Novelle vom 20.04.2020 (BGBl. I, 814) Stellung: Stichwort: StVO-Novelle. Und es bejaht die Fortgeltung.

Hier dann die Begründung des BayObLG:

„b) Der ergänzenden Erörterung bedarf allerdings die von der Rechtsbeschwerde unter Berufung auf die Nichtigkeit der am 28.4.2020 in Kraft getretenen 54. VO zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 20.4.20 [BGBl. I, 814] eingewandte „Ahndungslücke“. Eine solche Ahndungslücke, welche über die Regelung des § 4 Abs. 3 OWiG zur Sanktionslosigkeit der im vorliegenden Fall führen könnte oder zumindest die Verhängung eines Fahrverbotes verbietet, besteht nicht.

aa) Der Senat kann in der hier inmitten stehenden Fallkonstellation (Zeitpunkt der Tat vor In-krafttreten der StVO-Novelle und Zeitpunkt der Urteilsfindung nach Inkrafttreten der StVO-Novelle; keine Änderung der Sanktion durch die Neufassung der BKatV) dahin stehen lassen, ob aufgrund des fehlenden Zitats der Ermächtigungsgrundlage des § 26a Abs. 1 Nr. 3 StVG in der genannten Verordnung ein Verstoß gegen das Zitiergebot nach Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG vorliegt und ob ein solcher mutmaßlich auf einem redaktionellen Versehen beruhender Verstoß zur Nichtigkeit der Regelung führt (vgl. hierzu grundlegend BVerfG NJW 1999, 3253, 3256; jüngst auch OLG Oldenburg, Beschl. v. 08.10.2020 – 2 Ss [OWi] 230/20 bei juris). Damit kann auch die Frage offen bleiben, ob der genannte Verstoß zur vollständigen Nichtigkeit der 54. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 20.04.2020 (vgl. Deutscher VRR 2020 Nr. 7, S. 4 – 6) oder nur zur Nichtigkeit der Neuregelung der BKatV oder gar nur von Teilen derselben führt, was insbesondere für Fallkonstellationen der hier vorliegenden Art, die von der StVO-Novelle gar nicht betroffen sind, von Bedeutung wäre (vgl. Grube in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, § 4 BKatV (Stand: 09.07.2020) Rn. 12.4; grundlegend zur Problematik der Teilnichtigkeit beim Zitat einer unzutreffenden Ermächtigungsgrundlage Schubert NZV 2011, 369, 372 f.).

bb) Selbst wenn anzunehmen wäre, dass sich die Änderung der BKatV in der zuletzt gültigen Fassung vom 06.06.2019 (BGBl. I, 756) durch die 54. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 20.04.2020 als nichtig erweist, führt dies nicht dazu, dass die BKatV in ihrer bisherigen Form keine Grundlage mehr für die Ahndung darstellt. Die Rechtsbeschwerde verkennt, dass durch Art. 3 der 54. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften die BKatV „wie folgt geändert“ werden sollte. Damit ist die BKatV in ihrer bisherigen Fassung nicht aufgehoben worden, sondern sollte lediglich abgeändert werden. Für Änderungsgesetze ist anerkannt, dass bei deren Verfassungswidrigkeit die ursprüngliche Gesetzesfassung in Kraft bleibt, da eine nichtige Regelung nicht in der Lage ist, ein Gesetz zu ändern (vgl. BVerfG, Beschl. v. 19.07.2000 – 1 BvR 539/96 = BeckRS 2000, 22589 Rn. 53, 88; Hömig in Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, 59. EL April 2020, BVerfGG § 95 Rn. 39; Schlaich/Korioth, Das Bundesverfassungsgericht, 11. Aufl. Rn. 457 f.). Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn sich aus dem Reformgesetz ergibt, dass der Gesetzgeber die alte Regelung auf jeden Fall abschaffen wollte (vgl. Schlaich/Korioth a.a.O. Rn. 459).

cc) Diese Grundsätze, die im Falle der Nichtigkeit eines Änderungsgesetzes anzuwenden sind, haben auch im Falle der Nichtigkeit der Änderung einer Rechtsverordnung Geltung zu beanspruchen. Bezogen auf die beabsichtigte Neuregelung der BKatV kann keine Rede davon sein, dass die bisherige BKatV auf jeden Fall oder gar ersatzlos aufgehoben werden sollte. Zum einen ließ der Verordnungsgeber große Teile der bisherigen Regelung unverändert, zum anderen wollte er die Verkehrssicherheit durch die teilweise Erhöhung von Regelgeldbußen und die erleichterte Einführung von Regelfahrverboten erkennbar erhöhen.

c) Folglich steht auch § 4 Abs. 3 OWiG, dessen Regelungsinhalt auf die BKatV einschließlich deren Anlagen anzuwenden ist (vgl. Göhler/Gürtler OWiG 17. Aufl. § 4 Rn. 2a; KK/Rogall OWiG 5. Aufl. § 4 Rn. 8), der hier ausgesprochenen Ahndung nicht entgegen. Anders als in der Fallgestaltung, die dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 23.07.1992 zugrunde lag (vgl. BGH, Urt. v. 23.07.1992 – 4 StR 194/92 = NStZ 1992, 535 = wistra 1992, 344 = BGHR StGB § 2 Abs. 3 Gesetzesänderung 8), bestand hier zu keinem Zeitpunkt eine nicht gewollte Ahndungslücke, zumal die gesetzliche Grundlage für die Ahndung von Verkehrsverstößen keine Änderung erfahren hat.

d) Die BKatV verfolgt nämlich gemäß § 26a Abs. 1 Nr. 2, Nr. 3, Abs. 2 StVG nur den Zweck, unter Berücksichtigung der Bedeutung der Ordnungswidrigkeit zu bestimmen, in welchen Fällen, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Höhe die Geldbuße festgesetzt und für welche Dauer das Fahrverbot angeordnet werden soll. Sie ist damit lediglich ein Instrument zur Sicherstellung einer einheitlichen Rechtsanwendung. Die Rechtsgrundlage für die Verhängung von Geldbußen bzw. die Anordnung von Fahrverboten folgt aber weiterhin unmittelbar aus §§ 24, 24a, 25 StVG i.V.m. § 49 StVO, § 17 OWiG. Die Vorschrift des § 25 StVG ist auch nach Inkrafttreten der BKatV alleinige Rechtsgrundlage für die Verhängung des Fahrverbots; sie hat durch die Ermächtigungsnorm des § 26a StVG vom 28.12.1982 und durch die Regelungen der BKatV keine Änderung erfahren. Insbesondere haben § 26a StVG und die BKatV auch die besonderen Voraussetzungen unberührt gelassen, unter denen nach § 25 StVG im Rechtsfolgensystem des Ordnungswidrigkeitenbereichs ein Fahrverbot neben der Geldbuße ausgesprochen werden kann (BGH, Beschl. v. 28.11.1991 – 4 StR 366/91 = BGHSt 38, 125 = zfs 1992, 30 = NJW 1992, 446 = VerkMitt 1992, Nr 11 = NStZ 1992, 135 = DAR 1992, 69 = NZV 1992, 117 = BGHR StVG § 25 Fahrverbot 1 = VRS 82 [1992], 216; OLG Karlsruhe NZV 1991, 278; OLG Düsseldorf NZV 1991, 398 [399]; OLG Saarbrücken NZV 1991, 399 [400]). Grundlage für die Bußgeldbemessung bleiben auch unter dem Regime der BKatV die Kriterien des § 17 Abs. 3 OWiG (KG, Beschl. v. 27.04.2020 – 3 Ws [B] 49/20122 Ss 19/20 = BeckRS 2020, 18279 = NZV 2020, 597 [Ls]). Selbst wenn die BKatV unanwendbar wäre, führte dies nicht dazu, dass keine Rechtsgrundlage mehr für die Ahndung von Verkehrsordnungswidrigkeiten und insbesondere für die Verhängung von Farbverboten bestünde.“

Zu der Problematik hatte ja auch schon das OLG Oldenburg im OLG Oldenburg, Beschl. v. 08.10.2020 – 2 Ss (OWi) 230/20 – Stellung genommen und eine Verletzung des Zitiergebotes verneint (OWi I: Wirksamkeit der StVO 2013?, oder: Zitiergebot bei der StVO-Novelle 2013 nicht verletzt). Die Messe dürfte damit gelesen sein 🙂 .

 

Heute im Bundesrat: Auf jeden Fall das KostRÄG 2021, aber: Auch die Reparatur der StVO?

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Vor dem eigentlichen Tagesprogramm ein Hinweis auf die heutige Sitzung des Bundesrates, der von Interesse sein dürfte bzw. der erinnert, und zwar:

Es geht um den TOP 29: 565/20 Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Justizkosten- und des Rechtsanwaltsvergütungsrechts (Kostenrechtsänderungsgesetz 2021 – KostRÄG 2021), mit der unsäglichen ggf. erfolgenden Verschiebung der geplanten Änderungen/Erhöhungen auf den 01.01.2023 in der BR 565/1/20 Ausschussempfehlung. Ich hatte darüber hier News aus dem Bundesrat: KostRÄG erst zum 01.01.2023 in. Kraft?, oder: Der Rechtsanwalt als Sparschwein? berichtet.

Schauen wir, was daraus wird. Wir werden sicherlich hören, wie schlecht es um die öffentlichen Kassen bestellt ist. Das passt dann aber nicht so ganz zu den Corona-Sonderzahlungen bei den Beamten. Die hat das Bundeskabniett zwar zunächst nur für die Bundesbeamten auf den Weg gebracht, aber die Länder werden sicherlich folgen.

Und dann: Aus der Tagespresse hatte ich entnommen, dass heute auch über einen neuen Bußgeldkatalog beraten werden soll (vgl. z.B. hier). Da heißt es:

„Der Bundesrat befasst sich auf seiner Sitzung am Freitag mit einem Kompromissvorschlag zu dem Bußgeldkatalog. Laut dem vom Justizausschuss kommenden Vorschlag sollen die Geldbußen für Raser „nahezu verdoppelt“ werden, wie die „NOZ“ berichtete. Überdies seien Fahrverbote bei Tempoüberschreitungen ab 26 Stundenkilometern innerorts und ab 36 Stundenkilometern außerorts vorgesehen, und zwar schon „bei einem erstmaligen Verstoß“.

Sorry, aber ich kann derzeit (Stand: 8.00 Uhr) auf der Tagesordnung dazu nichts finden. Da gibt es zwar etwas zur StVO beim TOP 50, das ist aber eine anderer Thematik.