Mit einer in meinen Augen etwas eigentümlichen Argumentation hat das AG in dem dem OLG Bamberg, Beschl. v. 17.07. 2013 – 3 Ss OWi 944/13 – zugrunde liegenden Urteil den Betroffenen wegen einer Geschwindigkeitsbeschränkung verurteilt: Der Betroffene, ein Taxifahrer, hatte ein Staatsstraße befahren und war von der nach links in eine Nebenstraße eingebogen. Auf der Staatsstraße war eine Geschwindigkeitsbeschränkung angeordnete. Nach den Feststellungen des AG bog der Betroffene, nachdem er Fahrgäste abgesetzt hatte, dann aus der Nebenstraße zurück nach rechts auf die Staatsstraße ein. Vor der Einmündung der Nebenstraße in die Staatsstraße war die Geschwindigkeit durch Zeichen 274 auf 60 km/h beschränkt worden. Nach den Feststellungen des AG befand sich jedoch zwischen der Einmündung und der darauf folgenden Messstelle keine weitere Geschwindigkeitsbeschränkung in Fahrtrichtung des Betroffenen. Aufgrund der für das Rechtsbeschwerdegericht bindenden Feststellungen des Tatgerichts stand damit fest, dass der Betroffene nach dem Absetzen der Fahrgäste keine Geschwindigkeitsbeschränkung auf dem Rückweg passierte. Das AG hat dennoch wegen einer Geschwindigkeitsbeschränkung verurteilt. Geht nicht, sagt das OLG, denn:
Damit kann dem Betr. nicht nachgewiesen werden, dass er fahrlässig gegen das trotz der Einmündung weiter geltende Streckengebot in Form der Geschwindigkeitsbeschränkung verstoßen hat. Aufgrund des Umstandes, dass der Betr. auf dem Hinweg in entgegengesetzter Richtung fuhr und vor dem Linksabbiegevorgang von der Staatsstraße auf die Nebenstraße derartige Geschwindigkeitsbeschränkungen auf der Staatsstraße wahrgenommen hat, ergibt sich jedenfalls nicht, dass der Betr. fahrlässig gegen die für die nunmehr befahrene Richtung geltende Geschwindigkeitsbeschränkung verstoßen hat. Die Schilder, die der Betr. auf der Hinfahrt nämlich passiert hatte konnten aufgrund des Sichtbarkeitsgrundsatzes das Gebot der Geschwindigkeitsbeschränkung nur in der Fahrtrichtung, in der sie aufgestellt waren, entfalten (OLG Celle, Beschluss vom 26.07.2000 – 322 Ss 101/00 = DAR 2000, 578 f.; König in Hentschel/König/Dauer Straßenverkehrsrecht 42. Aufl. § 39 StVO Rn. 32). Zwar galt die Streckenvorschrift der Geschwindigkeitsbeschränkung nicht nur bis zu der Einmündung, aus der der Betr. schließlich die Staatsstraße wieder befuhr, sondern auch darüber hinaus. Der Sichtbarkeitsgrundsatz verlangt aber für den Einbiegeverkehr jedenfalls die Wiederholung aller Verkehrszeichen hinter der betreffenden Einmündung (vgl. hierzu OLG Hamm, Beschluss vom 05.07.2001 – 2 Ss OWi 524/01 = NZV 2001, 489 f. = DAR 2001, 517 = VRS 101, 226 ff. = VerkMitt 2002, Nr. 14). Der Fahrlässigkeitsvorwurf ergibt sich im gegebenen Fall auch nicht daraus, dass der Betr. aufgrund des nach den Feststellungen des AG wohl in beiden Fahrtrichtungen gleich schlechten Straßenzustandes davon ausgehen musste, dass die Geschwindigkeitsbegrenzung auch für die Gegenrichtung galt. Allein aufgrund der geschilderten Umstände musste der Betr. nämlich nicht davon ausgehen, dass auch für die Gegenfahrbahn ein entsprechendes Geschwindigkeitsgebot bestand. Vielmehr hätte ein Geschwindigkeitsgebot auf der Hinfahrt auch seinen Grund darin haben können, um im Hinblick auf eventuelle Linksabbieger eine Geschwindigkeitsreduzierung des Geradeausverkehrs zu erreichen. Jedenfalls insoweit unterscheidet sich die vorliegende Fallkonstellation von dem der Entscheidung des BGH vom 25.09.1957 – 4 StR 367/57 (= NJW 1957, 1934) zugrunde liegenden Sachverhalt. Aufgrund dieser Mängel ist das Urteil aufzuheben und zurückzuverweisen, da noch weitere Feststellungen denkbar sind, die den Tatvorwurf stützen könnten.“