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StPO II: AG lehnt Strafbefehlsantrag zunächst ab, oder: Wenn der Angeklagte dann in der HV ausbleibt

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Die zweite Konstellation tritt in der Praxis auch immer wieder auf.

Die Staatsanwaltschaft stellt einen Strafbefehlsantrag, dem das AG nicht nachkommt, sondern Hauptverhandlungstermin bestimmt. In der Hauptverhandlung erscheint der Angeklagte dan nicht. Frage: Kann dann noch ein Strafbefehl nach § 408a StPO erlassen werden?

Das AG Landstuhl hat die Frage im AG Landstuhl, Beschl. v. 27.05.2022 – 2 Cs 4231 Js 9469/21 – bejaht:

„Die Voraussetzungen von § 408a StPO liegen vor. Dem steht insbesondere nicht entgegen, dass das Gericht dem ursprünglichen Strafbefehlsantrag der Staatsanwaltschaft vom 12.08.2021 nicht entsprochen, sondern gem. § 408 Abs. 3 S. 2 StPO Termin zur Hauptverhandlung bestimmt hat.

Gegen die Anwendbarkeit von § 408a StPO auf diese Fallkonstellation werden zwar in der Literatur (im Wesentlichen historische und grammatikalische) Bedenken erhoben. Zur Begründung wird regelmäßig darauf abgestellt, die Vorschrift setze den Erlass eines Eröffnungsbeschlusses voraus, an dem es im Verfahren nach § 408 Abs. 3 S. 2 StPO jedoch fehle (vgl. etwa Meyer-Goßner/Schmitt/Schmitt, StPO, 65. Aufl. 2022, § 408a Rn. 3; BeckOK-StPO/Temming, 43. Ed. 2022, § 408a Rn. 3). Zudem sei der Gesetzgeber, wie die Gesetzesbegründung zeige (BT-Drucks. 10/1313, S. 36), selbst davon ausgegangen, der Übergang ins Strafbefehlsverfahren nach § 408a StPO sei bei Verfahren nach § 408 Abs. 3 S. 2 StPO nicht sachgerecht (kritisch hierzu zurecht Zähres, NStZ 2002, 296 f.).

Diese Argumente überzeugen jedoch nicht (ebenso MüKo-StPO/Eckstein, 1. Aufl. 2019, § 408a Rn. 6; i.E. ebenso AK-StPO/Loos, 1996, § 408a Rn. 4, der indes für eine analoge Anwendung von § 408a StPO auf diese Fallkonstellation plädiert).

Dass der Gesetzgeber selbst von einer Unanwendbarkeit der Regelung des § 408a StPO auf das Verfahren nach § 408 Abs. 3 S. 2 StPO ausgegangen ist, steht einer hiervon abweichenden Auslegung der Vorschrift nicht entgegen. Wenngleich der Gesetzesbegründung bei der Auslegung von Gesetzen regelmäßig erhebliche Bedeutung zukommt, ist es in der Rechtswissenschaft anerkannt, dass eine strenge Bindung an den historischen Willen des Gesetzgebers nicht existiert; eine Rechtsnorm kann „klüger“ sein als ihre Verfasser (vgl. etwa Hirsch, JZ 2007, 853 (855); instruktiv Kausch, in: FS-Gerhard Otte, 2005, S. 165 (166)). Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der Tatsache, dass der Gesetzgeber eine Begründung für seine Annahme, der Übergang ins Strafbefehlsverfahren nach vorangegangener Terminierung nach § 408 Abs. 3 S. 2 StPO sei „nicht sachgerecht“, schuldig bleibt.

Auf einen nach § 407 Abs. 1 S. 2 StPO gestellten Strafbefehlsantrag der Staatsanwaltschaft, der gem. § 407 Abs. 1 S. 4 StPO die Anklageschrift ersetzt, kann das Gericht reagieren, indem es diesen erlässt (§ 408 Abs. 3 S. 1 StPO), Termin zur Hauptverhandlung bestimmt (§ 408 Abs. 3 S. 2 StPO) oder den Erlass ablehnt (§ 408 Abs. 2 S. 1 StPO). Die Ablehnung des Strafbefehlsantrags hat, da hierdurch das Vorliegen eines hinreichenden Tatverdachts verneint wird, die Wirkung eines Nichteröffnungsbeschlusses (§ 408 Abs. 2 S. 2 StPO). Ein Vorgehen nach § 408 Abs. 3 S. 1 oder 2 StPO bedeutet demnach, da anderenfalls nach § 408 Abs. 2 S. 2 StPO zu verfahren wäre, dass der hinreichende Tatverdacht vom Gericht bejaht wird. Dies gilt nicht nur für den Erlass des Strafbefehls, sondern auch für die Anberaumung einer Hauptverhandlung. Mit Erlass der Terminsverfügung erhält der Angeschuldigte den Status des Angeklagten (MüKo-StPO/ Teßmer, 1. Aufl. 2016, § 157 Rn. 10; LR-StPO/Mavany, 27. Aufl. 2020, § 157 Rn. 4). Da ein Vorgehen nach § 408 Abs. 3 S. 1 oder 2 StPO die Prüfung und Bejahung eines hinreichenden Tatverdachts impliziert, hat die auf den Strafbefehlsantrag ergehende Terminsverfügung im Verfahren nach § 408 Abs. 3 S. 2 StPO deshalb die Wirkung eines Eröffnungsbeschlusses (Meyer-Goßner/Schmitt/Schmitt, StPO, 65. Aufl. 2022, § 408 Rn. 14; KK-StPO/Maur, 8. Aufl. 2019, § 408 Rn. 25; MüKo-StPO/Teßmer, 1. Aufl. 2016, § 157 Rn. 10; BeckOK-StPO/Temming, 43. Ed. 2022, § 408 Rn. 10; a.A. ohne nähere Begründung AG Eggenfelden, NStZ-RR 2009, 339 (140)), sodass das Wortlautargument jedenfalls im Ergebnis nicht verfangen kann.

Aber auch in teleologischer und systematischer Hinsicht sprechen die besseren Argumente für eine Anwendbarkeit von § 408a StPO auch auf das Verfahren nach § 408 Abs. 3 S. 2 StPO. Bleibt ein Angeklagter ? wie vorliegend ? zur Hauptverhandlung aus, so verbliebe anderenfalls als einzige Möglichkeit die Ergreifung von Zwangsmitteln nach § 230 StPO. Dies begegnet vor dem Hintergrund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes insbesondere in denjenigen Fällen Bedenken, in denen ? wie vorliegend ? lediglich eine Geldstrafe im unteren Bereich des Strafrahmens zu erwarten ist. Dafür, dass die für einen Angeklagten deutlich weniger eingriffsintensive Möglichkeit des Vorgehens nach § 408a StPO, mit der aufgrund der Einspruchsmöglichkeit auch keine Verkürzung seiner Rechte einhergeht, in dieser Fallkonstellation nicht zur Verfügung stehen soll, sodass lediglich der Rückgriff auf die Zwangsmittel des § 230 StPO verbleibt, besteht kein einleuchtender Grund. Die Versagung der Möglichkeit des Erlasses eines Strafbefehls nach § 408a StPO würde der Sache nach einen bloßen Formalismus darstellen, für den es keine prozessuale Rechtfertigung gibt. Insbesondere steht der Angeklagte nach Erlass eines Strafbefehls nach § 408a StPO prozessual nicht besser oder schlechter, als er gestanden hätte, wenn das Gericht bereits dem ursprünglichen Strafbefehlsantrag Folge gegeben hätte. Nach der Vorstellung des historischen Gesetzgebers hat § 408a StPO den Zweck, „steckengebliebene“ Verfahren in hierfür geeigneten Fällen „rationell“ zu beenden (BT-Drucks. 10/1313, S. 35 sowie 10/6592, S. 21). Bleibt ein Angeklagter ? wie vorliegend ? nach der Anberaumung der Hauptverhandlung gem. § 408 Abs. 3 S. 2 StPO unentschuldigt aus, bleibt das Verfahren stecken; ihm könnte nur durch die Ergreifung invasiver Zwangsmittel Fortgang gegeben werden, wenn der Weg des § 408a StPO versperrt wäre. Dessen Anwendung auf diese Fallkonstellation steht somit nicht nur in Einklang mit dem Gesetzeszweck, sondern entspricht auch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und wahrt die Freiheitsrechte des Angeklagten.

Die Staatsanwaltschaft hat in der Hauptverhandlung einen gegenüber dem ursprünglichen Strafbefehlsantrag modifizierten neuen Antrag gestellt, der den vom Gericht geäußerten ursprünglichen Bedenken Rechnung trägt, sodass die Voraussetzungen des § 408 Abs. 3 S. 1 StPO nunmehr vorliegen und dem Antrag gem. § 408a Abs. 2 S. 1 StPO zu entsprechen war.“

Rücknahme des Strafbefehlantrags, oder: Verfahrensgebühr für das vorbereitende Verfahren ja, aber…..

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Es ist Freitag und damit stehen RVG-Entscheidungen an. Heute stelle ich dann zwei LG-Entscheidungen vor. Beide nicht so schön, leider.

Ich starte mit dem LG Nürnberg, Beschl. v. 13.10.2020 -7 Qs 56/20 -, den mir der Kollege Hölldobler aus Regensburg geschickt hat.

Ein im Grunde ganz einfacher Sachverhalt: Die Staatsanwaltschaft hat am 31.07.2019 den Erlass eines Strafbefehls gegen den Beschuldigten beantragt. Mit Verfügung vom 08.08.2019 sandte der Strafrichter die Akte vom AG an die Staatsanwaltschaft zurück mit dem Hinweis, dass die bisher durchgeführten Ermittlungen keinen hinreichenden Tatverdacht einer Straftat begründen würden. Am 18.90.2019 ging bei der Staatsanwaltschaft die Vertretungsanzeige des Kollegen mit einem Akteneinsichtsgesuch ein. Auf Hinweis der Staatsanwaltschaft, dass das AG derzeit aktenführend sei, wandte sich der Verteidiger mit Schreiben vom 28.11.2019 an das AG und beantragte Akteneinsicht. Akteneinsicht wurde gewährt. Der Verteidiger nahm sodann Stellung zum Strafbefehlsantrag.

Am 08.01.2020 nahm die Staatsanwaltschaft Nürnberg den Strafbefehlsantrag zurück. Mit Verfügung vom 17.01.2020 wurde das Verfahren nach einem Telefonat zwischen Verteidiger und dem zuständigen Staatsanwalt ohne weitere Ermittlungen gemäß § 153 Abs. 1 StPO eingestellt..

Der Kollege hat die die notwendigen Auslagen des Angeklagten geltend gemacht, und zwar u.a. auch eine Verfahrensgebühr für das Ermittlungsverfahren Nr. 4104 VV RVG und die Nr. 7002 VV RVG für das Vorverfahren. Beide sind nicht gewährt worden:

„Die Beschwerde hat in der Sache aber keinen Erfolg.

a) Gebühr Nr.4104 VV RVG

Die Gebühr Nr. 4104 VV RVG entsteht für eine Tätigkeit des Verteidigers im vorbereitenden Verfahren bis zum Eingang u.a. des Antrags auf Erlass eines Strafbefehls bei Gericht (s. Anmerkung zu RVG VV Nr. 4104). Die Gebühr Nr. 4106 VV RVG entsteht mit Beginn des gerichtlichen Verfahrens, u.a. mit dem Eingang des Antrags auf Erlass eines Strafbefehls bei Gericht. Hierbei hat sich der Gesetzgeber für klare Tatbestandsmerkmale, jeweils bezogen auf den Eingang bei Gericht als entscheidende Trennlinie entschieden. Eine Ausnahmeregelung für den Fall der Rücknahme einer Verfahrenshandlung der Staatsanwaltschaft hat der Gesetzgeber für den Vergütungstatbestand der Nr. 4104 VV RVG sowie Nr. 4106 VV RVG nicht mit aufgenommen. Insofern ist auf die allgemeinen Vorschriften zurückzugreifen.

Infolge der Rücknahme des Antrags auf Erlass eines Strafbefehls wird das Verfahren wieder in das vorbereitende Verfahren (Ermittlungsverfahren) zurückversetzt (Meyer-Goßner StPO, 63. Aufl. § 156 Rn. 2). Dies ändert jedoch nichts daran, dass bereits ein gerichtliches Verfahren begonnen hatte und diesbezüglich der Anfall der Gebühr Nr. 4106 VV RVG bereits verwirklicht wurde, wenn der Verteidiger (erstmals) im gerichtlichen Verfahren tätig geworden ist (vgl. hierzu AG Gießen, Beschluss vom 29.6.2016, 507 Ds 604 Js 35439/13 = BeckRS 2016, 13454). Auch die Kammer ist der Auffassung, dass die Rücknahme des Antrags auf Erlass eines Strafbefehls gebührenrechtlich keinen Einfluss auf die Eigenschaft eines gerichtlichen Verfahrens hat, zumal Nr. 4106 VV RVG lediglich auf den Eingang des Antrags bei Gericht abstellt und nicht auf den Erlass des Strafbefehls. Sofern hier im weiteren Verfahren ein neuer Antrag auf Erlass eines Strafbefehls bei Gericht eingegangen wäre, wäre dies gebührenrechtlich jedenfalls als dieselbe Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 2 RVG zu behandeln gewesen.

Übereinstimmende Auffassung in Rechtsprechung und Literatur sei es zudem, dass dem Verteidiger – sofern er nach Rücknahme des Antrags auf Erlass eines Strafbefehls anschließend im Ermittlungsverfahren tätig war z.B. aufgrund weiterer Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft, die zu einem erneuten Antrag auf Erlass eines Strafbefehls oder aber zu einer Einstellung geführt haben – zusätzlich die Gebühr VV 4104 RVG zusteht (Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, 24. Aufl. 2019, RVG VV 4104, Rn. 4; LG Berlin, Beschluss vom 28.12.2016 – 536 Qs 22/16 = BeckRS 2016, 114021; AG Gießen, a.a.O.). Diese Gebühr gilt für die gesamte Tätigkeit des RA im vorbereitenden Verfahren mit Ausnahme der (besonderen) Tätigkeiten, die z.B. durch die Grundgebühr nach W 4100 RVG abgegolten werden. Auf den Umfang der Tätigkeit kommt es für den Anfall der Gebühren nicht an, das ist ein Problem des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG (Gerold/Schmidt/Burhoff, 24. Aufl. 2019, RVG VV 4104, Rn. 6). Ein Automatismus beim Anfall der Gebühr, wenn der Verteidiger auch im Ermittlungsverfahren bestellt war, besteht jedoch nach Auffassung der Kammer – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme des Bezirksrevisors beim Amtsgericht Nürnberg vom 8.9.2020 nicht.

Der Beschwerdeführer hat das Mandat unstreitig erst erhalten, als bereits der Antrag auf Erlass eines Strafbefehls bei Gericht eingegangen war und somit das gerichtliche Verfahren – unabhängig von der späteren Rücknahme des Antrags auf Erlass eines Strafbefehls – begonnen hatte (Nr. 4106 VV RVG). Im gerichtlichen Verfahren ist der Verteidiger tätig geworden und hat Akteneinsicht erhalten und eine Stellungnahme abgegeben, weshalb der Anfall der Gebühren Nr. 4100 VV RVG und Nr. 4106 VV RVG nicht zu beanstanden ist.

Infolge der Rücknahme des Antrags auf Erlass eines Strafbefehls am 8.1.2020 ist das Verfahren sodann wieder in das vorbereitende Verfahren (Ermittlungsverfahren) zurückversetzt worden. Jedoch vermag die Kammer aus den Stellungnahmen des Verteidigers – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme des Bezirksrevisors vom 3.7.2020 – keine Tätigkeit im Zeitraum 8.1.2020 bis 17.1.2020 erkennen, mit der die Verwirklichung des Tatbestands der Nr. 4104 VV RVG begründet werden könnte. Zwar wurde mit Verfügung vom 17.1.2020 das Verfahren nach einem Telefonat des Verteidigers mit dem zuständigen Staatsanwalt sowie nach einem Gespräch mit seinem Mandanten, die sich beide nur auf eine mögliche Einstellung des Verfahrens beziehen konnten, eingestellt, allerdings ohne dass zuvor noch Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft durchgeführt wurden. Das Telefonat und das Gespräch werden gebührenrechtlich jedoch in Nr. 4141 VV RVG als die dort erforderliche Mitwirkung abgegolten (vgl. BeckOK RVG, v. Seltmann, 49. Edition, Stand 1.9.2020, RVG VV 4141 Rn. 15ff, insbesondere Rn. 17) und können nicht zusätzlich im Rahmen des Tatbestands Nr. 4104 VV RVG berücksichtigt werden (vgl. LG Saarbrücken, Beschluss vom 5.2.2015 – 6 Qs 7/15, Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, 24. Aufl., 4106, 4107 VV Rdnr. 8ff). Weitere Tätigkeiten des Verteidigers im Ermittlungsverfahren sind aus der Akte weder ersichtlich noch wurden solche dargelegt.

b) Gebühr Nr. 7002 VV RVG

Pro Angelegenheit entfällt eine Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG.

Für Strafsachen gelten gemäß § 17 Nr. 10 RVG, dass das strafrechtliche Ermittlungsverfahren und ein nachfolgendes gerichtliches Verfahren verschiedene Angelegenheiten sind. Sonstige Aussagen trifft das RVG hierzu nicht.

Nachdem dem Beschwerdeführer die Gebühr Nr. 4104 VV RVG für eine vorbereitende Tätigkeit im Ermittlungsverfahren nicht zustand (siehe oben), ist damit die zusätzliche Gebühr Nr. 7002 VV RVG für das vorbereitende Verfahren ebenfalls nicht angefallen.“

Die Entscheidung ist falsch.

Zutreffend ist es zwar, wenn das LG davon ausgeht, dass in diesen Fällen grundsätzlich die Nr. 4104 VV RVG entstehen kann. Falsch sind dann aber die weiteren Ausführungen des LG, das davon ausgeht, dass im Zeitraum 08.01.2020 – Rücknahme des Strafbefehlsantrags – bis 17.1.2020 – Einstellung des Verfahrens – keine Tätigkeiten dargelegt oder ersichtlich seien, mit denen die Verwirklichung des Tatbestands der Nr. 4104 VV RVG begründet werden könnte. Insoweit übersieht das LG schon, dass allein die Entgegennahme der Mitteilung über die Rücknahme des Strafbefehlsantrags die Gebühr Nr. 4104 VV RVG ausgelöst hat. Hinzu kommt das vom LG angeführte Telefonat des Verteidigers mit dem Staatsanwalt und das Gespräch über die Einstellung mit dem Mandanten. Es ist unzutreffend, wenn das LG meint, diese seien durch die Gebühr Nr. 4141 VV RVG abgegolten. Es ist zwar richtig, dass zumindest durch das Telefonat des Verteidigers mit dem Staatsanwalt die Gebühr Nr. 4141 VV RVG entstanden ist, weil es sich insoweit um „Mitwirkung“ i.S. der Nr. 4141 VV RVG handelt. Im Zusammenspiel der Nr. 4104 VV RVG und der Nr. 4141 VV RVG ist jedoch für das Entstehen der der Nr. 4141 VV RVG nicht eine zusätzliche, über den Abgeltungsbereich der Nr. 4104 VV RVG hinausgehende Tätigkeit erforderlich/vorausgesetzt. Vielmehr führt die Tätigkeit, die ggf. zum Anfall der jeweiligen Verfahrensgebühr, hier der Nr. 4104 VV RVG, führt, auch zum Entstehen der Nr. 4141 VV RVG. Die Tätigkeit wird aber nicht – auch – von der Nr. 4141 VV RVG honoriert, sondern von der Verfahrensgebühr, hier der Nr. 4104 VV RVG. Die Nr. 4141 VV RVG honoriert hingegen den Wegfall der dem Verteidiger im Fall einer Hauptverhandlung ggf. zustehenden Terminsgebühr als zusätzliche Verfahrensgebühr (vgl. Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG, Nr. 4141 VV Rn 3 ff.). Offenbar will man das in bayern jetzt anders sehen.