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StPO III: Mal wieder „Selbstläufer“ letztes Wort, oder: Stellung eines Hilfsbeweisantrages/Erklärung der StA

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Und dann noch etwas vom OLG Schleswig, und zwar zum „Selbstläufer“ letztes Wort (§ 258 StPO).

Das AG hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung verurteilt . Die hiergegen eingelegten Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft hat das LG verworfen. Dagegen die Revision des Angeklagten, die mit Verfahrensrüge Erfolg hatte. Dazu der OLG Schleswig, Beschl. v. 20.12.2024 – 2 ORs 4 SRs 89/24:

„Die auch sonst zulässige Revision des Angeklagten mit der zulässig erhobenen Verfahrensrüge eines Verstoßes gegen § 258 Abs. 2 und 3 StPO ist begründet und führt zur Aufhebung des Urteils.

Nachdem vor dem Landgericht im Hauptverhandlungstermin vom 22. August 2024 die Beweisaufnahme geschlossen worden war, hielten zunächst die Vertreterin der Staatsanwaltschaft und sodann die beiden Verteidiger des Angeklagten ihre Schlussvorträge. Der Angeklagte erhielt das letzte Wort und äußerte sich nicht. Die Hauptverhandlung wurde unterbrochen und am 28. August 2024 fortgesetzt. Nach dem Aufruf der Sache am 28. August 2024 wurde die Hauptverhandlung zunächst für eine Besprechung der Verteidiger mit ihrem Mandanten für 19 Minuten unterbrochen. Nach Wiederaufruf stellte ein Verteidiger des Angeklagten einen Hilfsbeweisantrag, der als Anlage zum Protokoll genommen wurde. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft gab zu dem Antrag eine Erklärung ab. Nach erneuter kurzer Unterbrechung und Wiederaufruf der Sache wurde – laut Hauptverhandlungsprotokoll „ohne dass wieder in die Beweisaufnahme eingetreten wurde“ und ohne dem Angeklagten erneut Gelegenheit zum letzten Wort zu geben – das Urteil verkündet.

Gemäß § 258 Abs. 2 Halbsatz 2 StPO gebührt dem Angeklagten nach dem Schluss der Beweis-aufnahme und nach den Schlussvorträgen das letzte Wort. Tritt das Gericht darauf erneut in die Beweisaufnahme ein, ist der Angeklagte, sofern er nicht von sich aus das letzte Wort in Anspruch nimmt, auf dieses Recht hinzuweisen und gemäß § 258 Abs. 3 StPO zu befragen, ob er noch et-was zu seiner Verteidigung anzuführen habe. Denn mit dem Wiedereintritt in die Verhandlung haben die früheren Ausführungen des Angeklagten ihre Bedeutung als abschließende Äußerungen im Sinne des § 258 Abs. 2 Halbsatz 2 StPO verloren (vgl. BGH, Beschluss vom 20. September 2017 – 1 StR 391/16, juris, Rn. 6, m.w.N.). Ein Wiedereintritt liegt nicht nur in jeder Prozesshandlung, die ihrer Natur nach in den Bereich der Beweisaufnahme fällt, sondern bereits in jeder Handlung, in der sich der Wille des Gerichts zum Weiterverhandeln in der Sache zeigt. Insbesondere ist ein Wiedereintritt gegeben, wenn der Wille des Gerichts zum Ausdruck kommt, im Zusammenwirken mit den Prozessbeteiligten in der Beweisaufnahme fortzufahren oder wenn Anträge erörtert werden (vgl. BGH a.a.O.; BGH, Urteil vom 27. Februar 2004 – 2 StR 146/03, juris, Rn. 38).

Hier hat das Landgericht gegen § 258 Abs. 2 und 3 StPO verstoßen, denn es ist – entgegen dem Vermerk im Hauptverhandlungsprotokoll – dadurch erneut in die Beweisaufnahme eingetreten, dass es einen Hilfsbeweisantrag des Verteidigers entgegengenommen und die Vertreterin der Staatsanwaltschaft hierzu eine Erklärung abgegeben hat, und hat dem Angeklagten anschließend nicht erneut Gelegenheit zum letzten Wort gegeben.

Es kann vor diesem Hintergrund nicht ausgeschlossen werden, dass der Angeklagte noch Ausführungen gemacht hätte, die zu einem anderen Beweisergebnis hätten führen können. Damit besteht die Möglichkeit, dass das Urteil auf dem Verfahrensfehler beruht, so dass es aufzuheben war (vgl. BGH, Beschluss vom 20. September 2017 – 1 StR 391/16, a.a.O. Rn. 11, m.w.N.).“

ich sage doch: Selbstläufer 🙂 .