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Spielsucht – vermindert schuldfähig?

entnommen wikimedia.org mit GNU-Lizenz für freie Dokumentation

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In einem Verfahren wegen erpresserischen Menschenraubes und Raub hatte der Angeklagte verminderte Schuldfähigkeit geltend gemacht und die u.a. mit „pathologischem Spielen“ oder „Spielsucht“ begründet. Ein darauf gerichteter Beweisantrag ist aber von der Strafkammer abgelehnt worden. Das wird in der Revision mit der Verfahrensrüge gerügt. Der BGH, Beschl. v. 17.09.2013 – 3 StR 209/13 – sagt dazu: Kein Erfolg

Auch „Pathologisches Spielen“ oder „Spielsucht“ stellt für sich genommen keine die Schuldfähigkeit erheblich einschränkende oder ausschließende krankhafte seelische Störung oder schwere andere seelische Abartigkeit dar. Maßgeblich ist insoweit vielmehr, ob der Betroffene durch seine „Spielsucht“ gravierende psychische Veränderungen in seiner Persönlichkeit erfährt, die in ihrem Schweregrad einer krankhaften seelischen Störung gleichwertig sind. Nur wenn die „Spielsucht“ zu schwersten Persönlichkeitsveränderungen führt oder der Täter bei Beschaffungstaten unter starken Entzugserscheinungen gelitten hat, kann ausnahmsweise eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit im Sinne von § 21 StGB anzunehmen sein (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 2004 – 5 StR 411/04, BGHSt 49, 365, 369 ff.; Beschluss vom 9. Oktober 2012 – 2 StR 297/12, NJW 2013, 181 f., je mwN).

b) Das Vorliegen derartiger Besonderheiten in der Persönlichkeit des Angeklagten, die ihre Ursachen in einer „Spielsucht“, einer Betäubungsmittel-abhängigkeit oder in dem Zusammentreffen beider Suchtformen hätten, ist nach den Urteilsfeststellungen ausgeschlossen….“

Und: Ceterum censeo: Hier geht es zur Abstimmung Beste Jurablogs Strafrecht 2014 – wir sind dabei, die Abstimmung läuft…

Spielsucht – Strafmilderung beim Verdeckungsmord

© frank peters - Fotolia.de

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Auseinandergenommen“ hat der 5. Strafsenat des BGH ein Urteil des LG Berlin. Dessen Schwurgericht war bei dem Angeklagten, bei der Strafzumessung wegen eines festgestellten „Verdeckungsmordes“  von einem gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen ausgegangen und hatte das mit „Spielsucht“ des Angeklagten begründet hat. Der Angeklagte könne „seine Wettleidenschaft nicht mehr adäquat steuern“. Seine Spielsucht habe mittlerweile zu gravierenden Persönlichkeitsveränderungen geführt.

Das BGH, Urt. v. 07.11.2013 – 5 StR 377/13 – hat aufgehoben und dazu ausgeführt:

„a) „Pathologisches Spielen“ stellt – wovon das Landgericht im Ansatz zutreffend ausgeht – für sich genommen keine die Schuldfähigkeit erheblich einschränkende oder ausschließende krankhafte seelische Störung oder schwere andere seelische Abartigkeit dar (BGH, Urteil vom 25. Novem-ber 2004 – 5 StR 411/04, BGHSt 49, 365, 369; Beschlüsse vom 8. Novem-ber 1988 – 1 StR 544/88, BGHR § 21 StGB Seelische Abartigkeit 8, und vom  22. Juli 2003 – 4 StR 199/03, NStZ 2004, 31). Allerdings können in schweren Fällen psychische Defekte und Persönlichkeitsveränderungen auftreten, die eine ähnliche Struktur und Schwere wie bei stoffgebundenen Suchterkrankungen aufweisen, und es kann zu massiven Entzugserscheinungen kommen (vgl. BGH, Urteil vom 6. März 2013 – 5 StR 597/12, BGHSt 58, 192 mwN). Wie bei der Substanzabhängigkeit kann deshalb auch bei der Spiel-sucht eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit angenommen werden, wenn diese zu schwersten Persönlichkeitsveränderungen geführt oder der Täter bei den Beschaffungstaten unter starken Entzugserscheinungen gelitten hat. Diese Persönlichkeitsveränderungen müssen in ihrem Schweregrad einer krankhaften seelischen Störung gleichwertig sein (vgl. BGH, Urteile vom 25. November 2004 und vom 6. März 2013 sowie Be-schlüsse vom 22. Juli 2003 und vom 8. November 1988, jeweils aaO).

Diesen Maßstäben wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Es ist bereits höchst zweifelhaft, ob die im Urteil wiedergegebenen, von der Schwurgerichtskammer im Einklang mit dem Sachverständigen als Anhalts-punkte für gravierende Persönlichkeitsänderungen genannten Verhaltens-weisen des Angeklagten solche überhaupt belegen. Jedenfalls setzt sich das Landgericht an keiner Stelle ausdrücklich damit auseinander, ob die angenommenen Veränderungen als andere seelische Abartigkeit in ihrem Schweregrad den krankhaften seelischen Störungen gleichwertig sind.

b) Das Landgericht hat sich darüber hinaus auch nicht ausreichend mit der Frage befasst, inwieweit sich die Spielsucht bei dem Angeklagten in der konkreten Tatsituation ausgewirkt hat.

aa) Spielsucht kann unter dem Gesichtspunkt einer Verminderung der Schuldfähigkeit nur dann beachtlich sein, wenn die begangenen Straftaten der Fortsetzung des Spielens dienen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 18. Mai 1994 – 5 StR 78/94, NStZ 1994, 501, und vom 8. Juni 2011 – 1 StR 122/11). Das angefochtene Urteil geht demgegenüber – allerdings entgegen der Einlassung des Angeklagten (UA S. 19) und den Annahmen des Sachverständigen (UA S. 29) – in seinen Feststellungen davon aus, dass es dem Angeklagten bei der Planung der Straftat zum Nachteil der später Getöteten darum ging, Geldmittel zum Schuldenabbau zu beschaffen (UA S. 8). Dies kann darauf hindeuten, dass beim Angeklagten keine völlige Einengung seines Verhaltensspielraums auf das Glücksspiel besteht (vgl. Leygraf, Handbuch der Forensischen Psychiatrie, Bd. 2, 2010, 514, 527).

bb) Darüber hinaus ist Folgendes zu bedenken: Die überlegten, zeitaufwendigen Vorbereitungen der Vortat sprechen gegen eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit. Ferner ist bei Taten höchster Schwere bei der Zubilligung der Voraussetzungen erheblich verminderter Steuerungsfähigkeit wegen der hohen Hemmschwelle besondere Zurückhaltung geboten (vgl. BGH, Urteil vom 21. Januar 2004 – 1 StR 346/03, BGHSt 49, 45, 53; LK/Schöch, 12. Aufl., § 20 Rn. 184 f. mwN). In diesem Zusammenhang weist der Senat darauf hin, dass die typische hohe emotionale Beein-trächtigung eines Verdeckungsmörders, die für sich genommen nicht zur Annahme des § 21 StGB führt (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 1995 – 3 StR 72/95, BGHR StGB § 21 Affekt 7; ferner MK/Schneider, 2. Aufl., § 211 Rn. 234), auf einer gänzlich anderen Wurzel beruht als eine etwa gleichzeitig bestehende Spielleidenschaft desselben Täters. Daher wird auch aus der Kombination beider psychischen Beeinträchtigungen regelmäßig nichts für die Voraussetzungen des § 21 StGB herzuleiten sein.“

Und gar nicht gerne lesen werden Angeklagter und Verteidiger:

„c) Im Blick auf das gesamte Tatbild bemerkt der Senat, dass die wegen des Mordes verhängte Einsatzstrafe selbst bei Zubilligung einer Strafrahmenverschiebung außerordentlich milde bemessen ist. Zutreffend beanstandet die Staatsanwaltschaft zudem die strafmildernde Berücksichtigung erlittener Untersuchungshaft (vgl. BGH, Urteil vom 20. August 2013 – 5 StR 248/13 mwN).“

Spielsucht – Raubüberfall – Unterbringung in der Psychatrie, kann es so gehen?

M.E. mehren sich die obergerichtlichen Entscheidungen, die sich mit der Spielsucht bzw. deren Auswirkungen befassen (vgl. z.B. hier Führt “Spielsucht” zur (verminderten) Schuldfähigkeit?). Damit bzw. mit den sich ggf. ergebenden Folgen hat sich jetzt auch der BGH, Beschl. v. 06.03.2013 – 5 StR 597/12 (zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen) befasst. Das LG hatte den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung und wegen Betruges in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Nach den Feststellungen des Landgerichts leidet der 37-jährige Angeklagte an einer extremen Form pathologischen Spielens (ICD 10: F63.0), beruhend auf einer mittelgradigen kombinierten Persönlichkeitsstörung mit selbstunsicheren, depressiven und narzisstischen Zügen. Er begann im Alter von 16 Jahren zu spielen, wendete bald sein ganzes Lehrgeld dafür auf und bestahl Vater und Bruder. Seit dem Alter von 18 Jahren unternahm er immer wieder „Spieltouren“ durch das Bundesgebiet, übernachtete dabei in seinem Auto und verspielte ganztägig in Spielhallen sein Geld. Eine der „Touren“ führte zu seiner Entlassung aus der Bundeswehr wegen Fahnenflucht.  Auch die Taten, wegen der das LG den Angeklagten verurteilt hat, stehen in Zusammenhang mit der Spielsucht des Angeklagten. Nachdem ihm nämlich eine Verlängerung einer Therapie versagt worden war, brach der Angeklagte abermals zu einer „Spieltour“ auf. Hierfür verschaffte er sich betrügerisch ein Auto  und beging noch am selben Tag einen Tankbetrug. Binnen kurzer Zeit hatte er sein Geld verspielt. Einige Tage später litt er unter „extremen Entzugserscheinungen“. Er „verspürte den immer stärker werdenden Drang, sich Geld zur Befriedigung seines Spieldrucks zu besorgen“ , und überfiel deshalb unter Verwendung einer Spielzeugpistole eine Spielothek. Die erbeuteten 1.250 € verspielte er. Nach einem weiteren Tankbetrug  stellte er sich der Polizei.

Das LG hatte die Unterbringung (§ 63 StGB) des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus abgelehnt. Dagegen die Revision der Staatsanwaltschaft, die der 5. Strafsenat verworfen hat.

b) Die sich schubweise in schweren Entzugserscheinungen äußernde Spielsucht des Angeklagten vermag dessen Unterbringung im psychiatri-schen Krankenhaus gleichwohl nicht zu begründen.aa) In Fällen stoffgebundener Süchte, in denen erst eine (vorübergehende) Alkohol- oder Drogenintoxikation zu einer rechtlich erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit führt, ist eine Unterbringung nach § 63 StGB nach der Rechtsprechung nur ausnahmsweise dann gerechtfertigt, wenn ei-ne krankhafte Alkohol- oder Drogensucht im Sinne der Überempfindlichkeit gegeben ist oder der Betroffene aufgrund eines von der Drogensucht unterscheidbaren psychischen Defekts alkohol- oder drogensüchtig ist, der in sei-nem Schweregrad einer krankhaften seelischen Störung im Sinne der §§ 20, 21 StGB gleichsteht (vgl. BGH, Urteil vom 8. Januar 1999 – 2 StR 430/98, BGHSt 44, 338, 339; Beschlüsse vom 23. November 1999 – 4 StR 486/99, StV 2001, 677, vom 21. November 2001 – 3 StR 423/01, NStZ 2002, 197, vom 24. Juni 2004 – 4 StR 210/04, NStZ-RR 2004, 331, 332, und vom 22. März 2007 – 4 StR 56/07). Demgemäß sind eine Neigung zum Alkohol-missbrauch (vgl. BGH, Urteil vom 20. September 1983 – 5 StR 401/83), eine Alkoholabhängigkeit (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2006 – 4 StR 530/06, BGHR StGB § 63 Zustand 38) und selbst chronischer Alko-holismus als Folge jahrelangen Alkoholmissbrauchs (vgl. BGH, Urteil vom 8. Januar 1999 – 2 StR 430/98, aaO, S. 341 mwN) für sich allein nicht als hinreichende Gründe für eine Unterbringung nach § 63 StGB anerkannt wor-den. Nicht anders wird bei einer Abhängigkeit von illegalen Drogen entschie-den, bei der die Schuldfähigkeit aufgrund vorübergehender starker Entzugs-erscheinungen erheblich vermindert ist (vgl. BGH, Beschluss vom 21. No-vember 2001 – 3 StR 423/01, aaO).

bb) Die Voraussetzungen für die Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus können auch aus Gründen der verfassungsrechtlich verankerten Verhältnismäßigkeit nicht weniger streng sein als bei stoffgebundenen Süchten. Die unbefristete Unterbringung gemäß § 63 StGB stellt einen über-aus gravierenden Eingriff in die Rechte des Betroffenen dar. Das gilt hier umso mehr, als der Maßregelvollzug nach § 63 StGB auf die Behandlung Spielsüchtiger ersichtlich nicht ausgerichtet ist. Demgemäß wäre zu besorgen, dass der nicht oder nicht genügend behandelte Betroffene im Fall fort-bestehender Gefährlichkeit lange Zeit im Maßregelvollzug untergebracht bliebe.

 

Führt „Spielsucht“ zur (verminderten) Schuldfähigkeit?

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Die Frage, die sich auch immer wieder stellt: Kann man mit Spielsucht die §§ 20, 21 StGB begründen? Diese Frage  hatte sich auch für das LG Aachen in einem Betrugsverfahren gestellt- Das LG hatte die Voraussetzungen des § 21 StGB auf folgender Grundlage bejaht:

Nach den Feststellungen des Landgerichts leidet der Angeklagte unter einer Spielsucht, die sich auf Roulettespiele in Casinos bezieht. Er ist mehrfach wegen Betruges vorbestraft, weil er Frauen vorgespiegelt hatte, vermögend zu sein oder einer bedeutenden beruflichen Tätigkeit nachzugehen, um sie unter einem Vorwand zu veranlassen, ihm größere Geldbeträge zur Verfügung zu stellen. Im vorliegenden Fall gab er gegenüber der Geschädigten an, ein Millio-nenvermögen zu haben, das er erst mit Hilfe größerer Aufwendungen verfügbar machen müsse. Er veranlasste die Geschädigte dazu, ihm in 21 Einzelfällen insgesamt 248.000 Euro zu übergeben.

Das sachverständig beratene Landgericht ist davon ausgegangen, dass der Angeklagte bei der Begehung der Taten zwar nicht infolge von Spielsucht dazu unfähig gewesen sei, das Unrecht der Taten einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln (§ 20 StGB). Er habe realitätsbezogen handeln können und sich in unterschiedlichen sozialen Situationen anpassungsfähig gezeigt, weshalb das Störungsbild nicht den Schweregrad einer krankhaften seelischen Stö-rung erlangt habe. Auch habe er in der Hauptverhandlung nicht den Eindruck hinterlassen, als leide er unter einer schweren Persönlichkeitsstörung. Jedoch sei sein Hemmungsvermögen zur Tatzeit erheblich vermindert gewesen (§ 21 StGB). Er habe die Zwangsvorstellung entwickelt, über ein sicheres Spielsystem zu verfügen, das nur versage, wenn er es nicht richtig anwende. Er sei „abstinenzunfähig“ gewesen. Seine Straftaten seien überwiegend als Delikte zur Beschaffung von Geldmitteln für das Spiel anzusehen. Das Spielen habe sein Denken und Handeln bestimmt. Es habe sich letztlich zu einem schwer kontrollierbaren Zwang entwickelt. Mit dem Zunehmen der Spieltätigkeit seien der Verlust von Freizeitaktivitäten, das Entstehen von Verleugnungstendenzen, eine Bagatellisierung von Spielverlusten sowie das Erleben von Spannungs- und Erregungsgefühlen einher gegangen. Ein übermäßiges Selbstwertgefühl, pathologisches Lügen und manipulatives Verhalten sowie ein parasitärer Lebensstil seien Symptome der Störung. Da der Angeklagte im Tatzeitraum von Gedanken und Vorstellungen in Bezug auf das Spielen, die Entwicklung seines Systems und die Geldbeschaffung für Spielzwecke beherrscht gewesen sei, habe er den Spielimpulsen kaum entgegen steuern können. Der Befund entspreche einer schweren anderen seelischen Abartigkeit….“

Dem BGH reicht das im BGH, Beschl. v. 09.10.2012 – 2 StR 297/12 nicht.

„Pathologisches Spielen stellt für sich genommen noch keine die Schuldfähigkeit erheblich einschränkende oder ausschließende krankhafte seelische Störung oder schwere andere seelische Abartigkeit dar (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 2004 – 5 StR 411/04, NStZ 2005, 207 f.). Maßgeblich ist insoweit vielmehr, ob der Betroffene durch seine Spielsucht gravierende Änderungen in seiner Persönlichkeit erfährt, die in ihrem Schweregrad einer krankhaften seelischen Störung gleichwertig sind. Nur wenn die Spielsucht zu schwersten Persönlichkeitsveränderungen führt oder der Täter bei Geldbeschaffungstaten unter starken Entzugserscheinungen gelitten hat, kann ausnahmsweise eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit anzunehmen sein. Dafür fehlen hier ausreichende Tatsachenfeststellungen. Zudem trifft die rechtliche Würdigung des Landgerichts auf Bedenken….“

Antwort also: Ja, aber…

Bloggen macht ggf. süchtig, Traden/Börsengeschäfte aber nicht (sofort)

Auf der Suche nach interessanten Entscheidungen bin ich vor kurzem auf das Urteil des LG Düsseldorf v. 30.06.2010 – 14 KLs 3/10 gestoßen. Dort ging es um den Vorwurf des Betruges durch eine sog. betrügerisches Firmengeflecht. Der Angeklagte hatte u.a. unter Hinweis auf „Spielsucht“ geltend gemacht, es liege verminderte Schuldfähigkeit vor, wegen einer Sucht nach Börsengeschäften bei dem Betrieb des betrügerischen Firmengeflechts. Das sachverständig beratene LG Düsseldrof sagt: Nein. Es könne nicht von einer Spielsucht im Grade einer schweren anderen seelischen Abartigkeit ausgegangen werden, wenn der Angeklagte vortrage, er habe ein unüberschaubares betrügerisches Netzwerk aus Firmen nur gegründet und betrieben, weil er nach Börsengeschäften seit seinem ersten Trade unvermindert süchtig gewesen sei. Nicht stoffgebundene Süchte entstünden  in aller Regel nicht unvermittelt mit ihrer ersten Betätigung, sondern progedient bis zum Persönlichkeitsverfall. Auch eine süchtige Einengung auf ein bestimmtes Verhalten (hier: kurzfristiges Traden an der Börse) sei aber nicht anzunehmen, wenn der Angeklagte im maßgeblichen Zeitpunkt faktischer Leiter des Firmengeflechts sei, Vertriebsleute ausbilde, regelmäßige Newsletter erstelle und Schulungen abhalte.

Das Urteil ist rerchtkräftig, so dass wir eine Entscheidung des BGH zur der Frage nicht bekommen werden.

Zur Blogsucht, vgl hier.