Und als dritte Einziehungsentscheidung stelle ich dann noch den LG Hamburg, Beschl. v. 01.08.2019 – 610 Qs 21/19 – vor, den mir der Kollege C. Diedrich aus Hamburg geschickt hat.
Das LG hat auf der Grundlage folgenden Sachverhakts entschieden:
Gegen den Mandanten des Kollegen war ein Verfahren wegen des Verdachts der schweren räuberischen Erpressung anhängig. In dem Verfahren wurde die Wohnung des Betroffenen durchsucht. Dabei wurde u.a. in einer im Kleiderschrank hängenden Jacke ein Bargeldbetrag i.H.v. 5.000 EUR in kleiner Stückelung -aufgefunden und sichergestellt. Wegen dieses Bargeldfundes wurde von Amts wegen eine Strafanzeige wegen des Verdachts der Geldwäsche gemäß § 261 StGB gefertigt. Die Staatsanwaltschaft hat dann beantragt, hinsichtlich des gemäß § 111b, 111c StPO sichergestellten Bargeldes i.H.v. 5.000 EUR die Beschlagnahme gemäß §§ 111b Abs. 2 i.V.m. § 105 i.V.m. § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO entsprechend sowie die Beschlagnahme gemäß § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO gerichtlich zu bestätigen.
Diesen Antrag begründete sie u.a. damit, dass „dringende Gründe dafür vor[liegen], dass die Voraussetzungen der Einziehung vorliegen, denn schon mit Blick auf die Bezugsverfahren pp. (denen u.a. der Tatvorwurf der schweren räuberischen Erpressung, nicht jedoch der Geldwäsche zugrunde lag) ist naheliegend, dass das Bargeld aus (gewerbsmäßigen) Diebstahls-, Erpressunqs- bzw. Raubtaten des Beschuldigten herrührt.“ Darüber hinaus trug die Staatsanwaltschaft zur Begründung vor, dass sich konkrete Anhaltspunkte für eine Herkunft des Bargelds aus (nicht näher dargelegten) Straftaten böten, „weshalb der Verdacht einer Geldwäsche besteht“. Das AG bestätigte die Beschlagnahme antragsgemäß, wogegen sich seinerzeit die Beschwerde des damaligen Beschuldigten richtete, welche das LG als unbegründet verworfen hat.
Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft das Verfahren wegen des Verdachts der Geldwäsche gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Am gleichen Tage beantragte sie im selbstständigen Einziehungsverfahren gemäß §§ 435, 437 StPO i.V.m. § 76a Abs. 4 StGB die selbstständige Einziehung des bei dem Betroffenen sichergestellten Bargelds i.H.v. 5.000 EUR anzuordnen und trug im Rahmen der Begründung u.a. vor, dass „im Laufe der Ermittlungen (…) gegen den Betroffenen – insbes. wegen der Höhe des sichergestellten Geldbetrages von 5.000 EUR und der kleinen Stückelung – auch der Verdacht der gewerbsmäßigen Geldwäsche (Katalogtat des § 76a Abs. 4 Nr10 i.V.m. §§ 261 Abs. 1 und Abs. 4 StGB)“ bestanden habe. Sie führte zudem aus, es gäbe keine vernünftigen Zweifel daran, dass es sich bei dem sichergestellten Bargeld in Höhe von 5.000 EUR um Erlöse aus deliktischen Taten, hochwahrscheinlich Verbrechenstatbeständen gem. §§ 249, 253, 255 StGB handelt, die der Betroffene in seiner Jacke versteckte, um die Herkunft zu verschleiern“. Das AG hat die selbstständige Einziehung des sichergestellten Bargeldbetrages i.H.v. 5.000 EUR angeordnet. Dagegen wendet sich der Betroffene nunmehr mit der sofortigen Beschwerde.
Diese hatte beim LG Erfolg. Zur Begründung der Entscheidung passen etwa folgende Leitsätze:
Bereits der Wortlaut des § 76a Abs. 4 StGB verlangt für die Anordnung einer selbstständigen Einziehung, dass sich das Verfahren, in dem die Sicherstellung erfolgt, auf eine Katalogtat i.S.d. § 76a Abs. 4 Satz 3 StGB bezieht.
Die bloße nach erfolgter Sicherstellung vorgenommene Einleitung eines neuen Verfahrens wegen des Verdachts einer Anlasstat i.S.d. § 76a Abs. 4 Satz 3 StGB genügt nicht für eine selbstständige Einziehung nach § 76a Abs. 4 StGB.
Es ist m.E. zutreffend, wenn das LG dem Bestreben der Staatsanwaltschaft, die Vorschrift des § 76a Abs. 4 StGB über den Wortlaut hinaus auszudehnen, Einhalt geboten hat. Denn eine Ausdehnung der Vorschrift wäre die Folge gewesen, wenn die Staatsanwaltschaft mit ihrem Antrag Erfolg gehabt hätte. Zudem hätte dann die bloße Behauptung „Geldwäsche“ ausgereicht für eine selbständige Einziehung.
Herausgegeben worden sind die 5.000 € allerdings nicht. Denn es kommt eine Einziehung – jedenfalls von Teilbeträgen des sichergestellten Bargeldes – im Rahmen des noch nicht abgeschlossenen Bezugsverfahrens – unter den Voraussetzungen der §§ 73 ff. StGB in Betracht. Ob die Umstände des vorgenannten Bezugsverfahrens eine entsprechende Einziehung ganz oder teilweise rechtfertigen, war aber vom LG im Rahmen des vorliegenden Beschwerdeverfahrens, das sich lediglich gegen die selbständige Einziehung nach § 76a StGB richtete, nicht zu entscheide. Erst, wenn auch insoweit die Voraussetzungen einer entsprechenden (vorläufigen) Einziehung ganz oder teilweise nicht vorliegen, wäre der sichergestellte Betrag (ggf. teilweise) an den Betroffenen wieder herauszugeben. Auch insoweit liegt das LG m.E. richtig.
Auch hier kann es – wie man sieht – um eine Menge Geld gehen.