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Sexualkundeunterricht – für mein Kind nicht?

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An einer Schule im Bezirk des OLG Hamm sollte im Biologieunterricht eine Unterrichtsreihe zur Sexualkunde durchgeführt werden. Die Eltern eines Schülers/einer Schülerin waren damit aus religiösen Gründen nicht einverstanden; der Schüler kommt an sechs Unterrichtstagen nicht zum Unterricht, und zwar bleibt er ganz zu Hause. Das führt zu einem Bußgeldverfahren. Das OLG Hamm hat nun im OLG Hamm, Beschl. v. 08.04.2013 – 3 RBs 360/12 – das deswegen gegen den Vater (?) verhängte Bußgeld bestätigt:

„Das Amtsgericht hat in nicht zu beanstandender Weise ausgeführt, dass der Betroffene vorsätzlich eine Ordnungswidrigkeit nach § 126 Abs. 1 Nr. 4 SchulG NRW begangen hat. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts blieb der Sohn des Betroffenen aufgrund einer Entscheidung des Betroffenen und seiner Ehefrau, die eine im Rahmen des Biologieunterrichtes durchgeführte Unterrichtsreihe zur Sexualkunde aus religiösen Gründen missbilligten, an insgesamt sechs Tagen der Schule vollumfänglich fern. Es kann dahinstehen, ob ein Anspruch nach § 43 Abs. 3 Satz 1 SchulG NRW auf Befreiung des Sohnes des Betroffenen von der in Rede stehenden Unterrichtsreihe bestand. Denn zum einen wäre der Betroffene nicht berechtigt gewesen, einen etwaigen Befreiungsanspruch eigenmächtig durchzusetzen. Zum anderen hat das Amtsgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass der Sohn des Betroffenen an den im Urteil genannten sechs Tagen nicht nur dem an diesen Tagen abgehaltenen Biologieunterricht, sondern auch dem Unterricht in allen anderen Fächern fernblieb.“

Also: Ein „bißchen Fernbleiben“ mag gehen, ganz Fernbleiben geht nicht.

 

Kind geht nicht in die Schule, aber Mutter in die JVA

Über die Ticker ist in den letzten Tagen ja schon die PM des OLG Frankfurt zu OLG Frankfurt, Beschl. v. 18.03.2011 – 2 Ss 413/10, in der es heißt – ich nehme mal einfach die Nachricht dazu von Jurion Recht (vgl. dazu auch schon das Lawblog).

OLG Frankfurt am Main: Verurteilung einer Mutter zu einer Freiheitsstrafe wegen Entziehung ihres Sohnes von der Schulpflicht

Mit Beschluss hat das OLG Frankfurt am Main die vorausgehenden Urteile des AG Lampertheim und des LG Darmstadt bestätigt, die gegen die Mutter eines schulpflichtigen Jungen wegen hartnäckigen Entziehens ihres Sohnes von der Schulpflicht eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten ohne Bewährung – die gesetzlich mögliche Höchststrafe – verhängt haben.

Die von ihrem Ehemann getrennt lebende Angeklagte hatte ihren minderjährigen schulpflichtigen Sohn im Zeitraum November 2008 bis Februar 2009 an insgesamt 37 einzelnen Tagen erneut nicht zur Schule geschickt. Der Sohn stand zu diesem Zeitpunkt auf dem Wissensstand eines Sonderschülers der 4. Klasse, obwohl er altersgemäß die 9. Klasse hätte besuchen müssen. Schon seit 2004 war es immer wieder dazu gekommen, dass er die meiste Zeit nicht in die Schule ging. Die Angeklagte war daraufhin zunächst zu Geldstrafen und im September 2008 zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden, ohne dass dies zu einer Verhaltensänderung führte.

In seinem Beschluss, mit dem die Revision der Angeklagten verworfen wurde, führt der zuständige 2. Strafsenat des OLG aus: Die Angeklagte habe sich eines vorsätzlichen Vergehens nach § 182 Hessisches Schulgesetz schuldig gemacht. Die allgemeine Schulpflicht diene dem Schutz des Kindes in Bezug auf sein Recht auf Bildung und die Heranbildung zu einem verantwortlichen Staatsbürger. Dieser Schutz werde durch den staatlichen Erziehungsauftrag gewährleistet, konkret durch die allgemeine Schulpflicht, die das elterliche Erziehungsrecht in zulässiger Weise beschränke. Danach sei es die strafbewehrte Pflicht der Eltern, dafür Sorge zu tragen, dass ihre Kinder am Schulunterricht teilnehmen könnten. Versagten die Eltern ihrem Kind die Teilnahme am Unterricht, liege hierin ein aktiver Verstoß gegen die Schulpflicht. Im vorliegenden Fall sei die Verhängung der gesetzlich möglichen Höchststrafe gerechtfertigt, weil im Vorfeld mildere und zielorientiertere Maßnahmen zur Sicherstellung der Teilnahme am Schulunterricht – wie z.B. der teilweise Sorgerechtsentzug – versucht worden seien, aber nicht zum Erfolg geführt hätten.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Beschluss des OLG Frankfurt am Main vom 18.03.2011

Az.: 2 Ss 413/10

Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt am Main vom 12.04.2011