In der letzten Entscheidung des Tages geht es dann mal wieder um das Lichtbild vom Vorfall und damit um die Identifizierung des Fahrers zum Vorfallszeitpunkt. Das AG hat den Betroffenen im Beschlussverfahren (§ 72 OWiG) wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung verurteilt. Es hat sich dabei auf ein „Vorfallsfoto“ gestützt. Das genügte dem OLG hier nicht und es hat mit dem OLG Karlsruhe, Beschl. v. 02.02.2022 -3 Rb 33 Ss 854/21 – aufgehoben:
„1. Die auf die Sachrüge gebotene Überprüfung des angefochtenen Beschlusses führt zu dessen Aufhebung, weil die Beweiswürdigung zu der Feststellung, dass der Betroffene der Fahrer war, rechtlicher Überprüfung nicht standhält.
Das Amtsgericht stützte seine Überzeugung davon, dass der Betroffene der Fahrer des gemessenen Pkws war, auf eine vergleichende Betrachtung des auf dem Messfoto (AS 9) abgebildeten Fahrers, des Von der Verwaltungsbehörde zu den Akten gebrachten Porträtbildes des Betroffenen (AS 23) und des vom Betroffenen selbst eingesandten Lichtbildes (AS 89). Hierbei hätten sich deutliche Übereinstimmungen des Betroffenen mit dem auf dem Foto Abgebildeten gezeigt (junger Mann mit dunklem Backenbart, rundem, vollem Gesicht, einer geraden, eher breiten Nase, einem kräftigen Hals sowie einer charakteristischen Oberlippenpartie mit ausgeprägter vertikaler Mulde zwischen Mund und Nase).
Auch wenn dem Rechtsbeschwerdegericht im Beschlussverfahren nach § 72 OWiG – anders als im Urteilsverfahren – durch die erhobene Sachrüge der Zugang zu den Prozessakten eröffnet ist und ihm infolgedessen der gesamte Akteninhalt, insbesondere somit auch das Messfoto, zur Verfügung steht (vgl. OLG 8amberg, 8. v. 21.2.2018 – 2 Ss OWi 111/18), kann der Senat aufgrund der schlechten Qualität des Messfotos die vom Amtsgericht in diesem Fotobild festgestellten Identifizierungsmerkmale (u.a. rundes, volles Gesicht, ausgeprägte vertikale Mulde zwischen Nase und Mund) nicht zweifelsfrei erkennen.
Vor einer neuen Entscheidung wird deshalb ein Sachverständigengutachten einzuholen sein (zu den Anforderungen an ein anthropologisches Identitätsgutachten und dessen Darlegung im Urteil: OLG Zweibrücken, B. v. 29.1.2018 – 1 OWi 2 Ss8s 98/17 [auch zum Hinzutreten weiterer gewichtiger Indizien]; vgl. auch Huckenbeck/Krumm, NZV 2017, 453).“