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Entziehung der Fahrerlaubnis, oder: Reichsbürger sind (wohl) geisteskrank, meint das OVG Thüringen

entnommen wikidmedia.org Urheber User:B1mbo and User:Madden

Die „Reichsbürger“ beschäftigen die Rechtsprechung derzeit immer wieder. So jetzt vor kurzem auch das OVG Thüringen im OVG Thüringen, Beschl. v. v. 02.02.2017 – 2 EO 887/16. Im Verfahren ging es um die Entziehung der Fahrerlaubnis, ein Gebiet, auf dem die Reichsbürger m.E. bislang noch nicht haben arbeiten lassen. Dem Reichsbürger war die Fahrerlaubnis entzogen. Das hatte die Verwaltungsbehörde mit Zweifeln an seiner geistigen Gesundheit begründet. Es ging darum, dass der Reichsbürger seinen Pkw nicht ordnungsgemäß zugelassen und das Euro-Feld des Nummernschildes mit Reichsflaggen überklebt hatte. Der Aufforderung der Verwaltungsbehörde, die Flaggen zu entfernen und eine gültige HU vorzuweisen, war er nicht nachgekommen. Die (übliche) Begründung: Er erkenne die deutschen  Rechtsvorschriften und die Legitimität der staatlichen Organe der Bundesrepublik Deutschland nicht an.

Und so ging es munter weiter: Die Behörde untersagte den weiteren Betrieb des KFZ. Die Bescheide wurden zurückgeschickt mit einem  handschriftlichen Vermerk „Zustellungsverbot/fehlende Vertragsgrundlage“ mit Ausführungen darüber, dass der Empfänger als juristische Person nicht existiere, eine vertragliche Grundlage fehle und Angebote nicht entgegengenommen würden. Später wurde dann noch in einem u.a. an die „Generalstaatsanwaltschaft der russischen Föderation – Haupt Militär Staatsanwalt“ gerichteten Schreiben Strafanzeige gegen mehrere Mitarbeiter der Verwaltungsbehörde erstattet.

Die Fahrerlaubnisbehörde forderte dann (endlich) auf, ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten vorzulegen. Zur Begründung führte sie aus, dass eine völlig gestörte Wahrnehmung der Realität erkennbar sei. Die völlig diffuse Wahrnehmung des bestehenden Rechtssystems, die persönlichen Angriffe gegen Mitarbeiter der Behörde und die Androhung von Anzeigen offenbarten massive Zweifel an der Kraftfahreignung im Sinne einer möglichen Psychose, befand die Behörde. Ferner sei zu befürchten, dass sich die mangelnde Grundeinstellung zu den Rechtsvorschriften der BRD auch auf die Fahrerlaubnis erstrecken könnte.

Wie nicht anders zu erwarten, kam das Gutachten nicht. Die Verwaltungsbehörde hat daraufhin die Fahrerlaubnis entzogen. Dagegen dann der Eilantrag des Reichsbürgers, der beim VG Weimar Erfolg hatte. Anders jetzt das OVG Thüringen:

„………….  Hiervon ausgehend fällt die Interessenabwägung vorliegend zugunsten des öffentlichen Interesses an der Sicherheit des Straßenverkehrs aus, so dass die sofortige Vollziehbarkeit des Bescheids aufrechtzuerhalten ist. Denn nach den Ausführungen im Beschwerdeverfahren sprechen im Rahmen der im Eilverfahren gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung überwiegende Gründe dafür, dass sich die Entziehung der Fahrerlaubnis des Antragstellers im Widerspruchsverfahren oder in einem etwaigen späteren verwaltungsgerichtlichen Hauptsacheverfahren als rechtmäßig erweisen wird…..

In Anwendung dieser Grundsätze spricht bei einer Gesamtbetrachtung aller insoweit erheblichen Umstände viel für einen Verdacht, bei dem Antragsteller könnte eine psychische (geistige) Störung nach Nr. 7 der Anlage 4, insbesondere in Form einer schizophrenen Psychose nach Nr. 7.6, vorliegen. Die inhaltlich gegenläufige Argumentation der Vorinstanz, die abwegigen rechtlichen Ausführungen des Antragstellers stellten noch keine Hinweise auf eine geistige Störung im Sinne der Nr. 7 der Anlage 4 dar, weil allein abwegige Äußerungen rechtlicher oder tatsächlicher Natur keine Zweifel an der Zurechnungsfähigkeit des Erklärenden begründen könnten (vgl. BA S. 3, 1. Absatz), greift zu kurz. Sie wird den Besonderheiten der konkreten Umstände des vorliegenden Falles nicht gerecht.Zwar stimmt der Senat mit der Kammer darin überein, dass völlig abwegig erscheinende Erklärungen rechtlicher oder tatsächlicher Art ebenso wie Verhaltensweisen des Fahrerlaubnisinhabers außerhalb des Straßenverkehrs für sich allein gesehen grundsätzlich keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für eine die Fahreignung beeinträchtigende Gesundheitsstörung zu begründen vermögen (vgl. nur OVG Berlin-?Brandenburg, Beschluss vom 15. Juni 2012 – OVG 1 S 71.12 – Juris, Rn. 4). Dies gilt auch für die vom Antragsteller in seinen Schreiben an die Antragsgegnerin vorgetragenen Überlegungen, mit denen er die Existenz der Bundesrepublik Deutschland sowie die Legitimation der Behörden bestreitet und die Rechtsvorschriften der Bundesrepublik Deutschland als ungültig ansieht, auch wenn sie offenbar unhaltbar sind und an der Realität vorbeigehen.

Bedenken hinsichtlich der Fahreignung des Antragstellers ergeben sich jedoch aus – den vorliegenden Fall prägenden – Besonderheiten in seinen Erklärungen und Verhaltensweisen gegenüber der Antragsgegnerin, mit denen sich das Verwaltungsgericht nicht hinreichend auseinandergesetzt hat. Die Antragsgegnerin hat in ihrer Anordnung vom 9. Mai 2015 nicht nur darauf hingewiesen, dass der Vortrag des Antragstellers in den an sie gerichteten Schreiben vom 28. November und 29. Dezember 2015 sowie 21. April 2016 „völlig diffuse Wahrnehmungen des bestehenden Rechtssystems“ enthalte. Sie hat zusätzlich darauf abgestellt, dass das letztgenannte Schreiben des Antragstellers einen tatsächlichen Inhalt kaum noch erkennen lasse, dort „unter der Aneinanderreihung von Paragrafen und Rechtsprechungen eine völlig gestörte Wahrnehmung der Realität erkennbar“ sei und demgemäß „massive Zweifel an der Kraftfahreignung im Sinne einer möglichen Psychose“ bestünden. Diese Einschätzung teilt der Senat. …………..“

Ohne weitere Worte.

Eigene Revisionsbegründung des „Reichsbürgers“: Auch da ist der UdG nicht nur Schreibkraft

© eyetronic Fotolia.com

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In der Praxis gibt es immer wieder Schwierigkeiten, wenn die Revisionsbegündung vom Angeklagten selbst „zu Protokoll der Geschäftsstelle“ erklärt wird (§ § 345 StPO). Ein Problem wird das vor allem häufig dann, wenn es sich um – gelinde ausgedrückt – querulatorisch veranlagte Angeklagte handelt. Ich erinnere mich an einen Fall aus meiner aktiven Zeit, da hat die Begründung bei der Rechtspflegering mehr als sechs Stunden gedauert. Die ist danach – wie sie damals erzählt hat – erst mal in ihr Dienstzimmer gegangen, hat es abgeschlossen und hat vor Erschöpfung geweint. Auf der Grundlage kann man verstehen, wenn der Rechtspfleger/UdG in solchen Fällen dann einfach nur das entgegennehmen, was ihnen der Angeklagte diktiert. Einfach unter dem Gesichtspunkt: Dann habe ich Ruhe.

Das geht aber nicht, wie noch einmal der BGH, Beschl. v. 17.12.2015 – 4 StR 483/15 – zeigt; es handelte sich offensichtlich um die Revision eines „Reichsbürgers“:

„a) Wird die Revision zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle begründet, muss sich der Urkundsbeamte an der Anfertigung der Begründung gestaltend beteiligen und die Verantwortung für ihren Inhalt übernehmen (BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2012 – 1 StR 593/12, BGHR StPO § 345 Abs. 2 Begründungschrift 8 mwN). Daran fehlt es, wenn der Rechtspfleger als bloße Schreibkraft des Angeklagten tätig wird und vom Angeklagten vorgegebene Rügen ungeprüft übernimmt (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 345 Rn. 21; SSW-StPO/Widmaier/Momsen, § 345 Rn. 38 je-weils mwN).

b) So verhält es sich hier.

Schon der Eingang des Protokolls

„Es erscheint Herr R. … und erklärt:

Die vom mir am 18.08.2015 eingelegte Revision begründe ich wie nachfolgend …“ belegt, dass der Rechtspfleger lediglich eine Erklärung des Angeklagten entge-gengenommen, an der Rechtsmittelbegründung aber nicht gestaltend mitgewirkt und für sie nicht die Verantwortung übernommen hat. Dies steht auch auf-grund des weiteren Inhalts des Protokolls, das zudem vom Angeklagten selbst unterzeichnet und vom Rechtspfleger erst nach dem Vermerk „geschlossen“ unterschrieben wurde, außer Frage. Dort wird etwa das Fehlen deutscher Gerichtsbarkeit geltend gemacht, weil der Angeklagte „keine strafrechtlich relevante Handlung im Inland, also auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, sondern im Ausland auf dem Gebiet des Deutschen Reichs begangen“ habe und er nur dessen Rechtsordnung unterliege. Auch sei das Urteil wegen „mangelhafter Personalienaufnahme und -feststellung“ aufzuheben, da das Urteilsrubrum ihn als deutschen Staatsangehörigen bezeichne, was falsch sei, weil er – geboren im Jahr 1969 – allein „über die preußische Staatangehörigkeit kraft Vererbung“ verfüge.

Vor dem Hintergrund solcher Rügen ist auch ohne Bedeutung, dass der Angeklagte bis zum Verlust seiner Zulassung als Rechtsanwalt tätig war. Denn auch bei einem Juristen als Angeklagtem darf der Urkundsbeamte nicht als bloße Schreibkraft tätig werden (vgl. Meyer-Goßner, aaO mwN). Vor allem aber belegen diese Rügen, dass die Revisionsbegründung des Angeklagten den Zweck des § 345 Abs. 2 Alt. 2 StPO verfehlt, das Revisionsgericht vor einer Überlastung durch unsachgemäßes Vorbringen zu bewahren (vgl. zu diesem Zweck der Formvorschrift: BGH, Beschluss vom 25. September 2007 – 1 StR 432/07, NStZ-RR 2008, 18; ferner BVerfG, Beschluss vom 27. Juni 2006 – 2 BvR 1147/05).“

Zwar gibt es dann ggf. Wiedereinsetzung. Schied hier aber aus, „weil der Angeklagte trotz des Antrags des Generalbundesanwalts auf Verwerfung seines Rechtsmittels als unzulässig, der (auch) ihm am 3. November 2015 zugestellt wurde, die versäumte Handlung bislang nicht in wirksamer Weise nachgeholt hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 StPO).

Ein „Reichsbürger“ kann nicht Schöffe sein

© MAST - Fotolia.com

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Ein „Reichsbürger“ kann nicht Schöffe sein. Das ist das Fazit aus dem OLG Dresden, Beschl. v. 08.12.2014 – 2 (s) AR 37/14 – mit dem etwas „vornehmeren“ Leitsatz:

„Ein Schöffe, der die freiheitliche demokratische, rechts- und sozialstaatliche Ordnung ablehnt, indem er die Existenz der Bundesrepublik Deutschland als Staat, die Geltung des Grundgesetzes und des einfachen Rechts sowie die Legitimität der handelnden Gerichte und Behörden bestreitet (sogenannter „Reichsbürger“) ist gemäß § 51 Abs. 1 GVG seines Amtes zu entheben.“

und folgender Begründung:

Die sogenannten „Reichsbürger“ wollen den Fortbestand des Deutschen Reiches beweisen. Sie bestreiten die Existenz der Bundesrepublik Deutschland als Staat, die Geltung des Grundgesetzes und des einfachen Rechts sowie die Legitimität der handelnden Gerichte und Behörden (vgl. Caspar/Neubauer, LKV 2012, 529).

Ehrenamtliche Richter unterliegen einer besonderen Pflicht zur Verfassungstreue. Dies folgt aus der Funktion ehrenamtlicher Richter als den hauptamtlichen Richtern gleichberechtigte Organe genuin staatlicher Aufgabenerfüllung. Deshalb haben die Landesjustizverwaltungen streng darauf zu achten, dass zum ehrenamtlichen Richter nur Personen ernannt werden dürfen, die die Gewähr dafür bieten, dass sie die ihnen von Verfassungs und Gesetzes wegen obliegenden, durch den Eid bekräftigten richterlichen Pflichten jederzeit uneingeschränkt erfüllen werden (BVerfG NJW 2008, 2568).

§ 44 Abs. 2 DRiG bestimmt, dass ehrenamtliche Richter vor Ablauf ihrer Amtszeit nur unter den gesetzlich bestimmten Voraussetzungen und gegen ihren Willen nur durch Entscheidung eines Gerichts abberufen werden können. Zudem enthalten die §§ 32, 33 GVG keinen Tatbestand, unter den die Verletzung der Verfassungstreuepflicht subsumiert werden könnte. Der Gesetzgeber hat vor diesem Hintergrund für Schöffen in § 51 GVG eine den anderen Verfahrensordnungen entsprechende gesetzliche Regelung zur Amtsenthebung (§ 27 ArbGG, § 113 GVG, § 22 SGG) und zur Entbindung vom Amt (§ 24 VwGO, § 21 FGO) geschaffen (BT-Drs. 17/3356, S. 16 f.).

Ein Schöffe, der die freiheitliche demokratische, rechts- und sozialstaatliche Ordnung ablehnt, ist deshalb des gemäß § 51 Abs. 1 GVG seines Amtes zu entheben (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 57. Aufl. § 51 GVG Rdrn. 1). Diese Voraussetzungen sind bei einem sogenannten „Reichsbürger“ erfüllt.“