Die „Reichsbürger“ beschäftigen die Rechtsprechung derzeit immer wieder. So jetzt vor kurzem auch das OVG Thüringen im OVG Thüringen, Beschl. v. v. 02.02.2017 – 2 EO 887/16. Im Verfahren ging es um die Entziehung der Fahrerlaubnis, ein Gebiet, auf dem die Reichsbürger m.E. bislang noch nicht haben arbeiten lassen. Dem Reichsbürger war die Fahrerlaubnis entzogen. Das hatte die Verwaltungsbehörde mit Zweifeln an seiner geistigen Gesundheit begründet. Es ging darum, dass der Reichsbürger seinen Pkw nicht ordnungsgemäß zugelassen und das Euro-Feld des Nummernschildes mit Reichsflaggen überklebt hatte. Der Aufforderung der Verwaltungsbehörde, die Flaggen zu entfernen und eine gültige HU vorzuweisen, war er nicht nachgekommen. Die (übliche) Begründung: Er erkenne die deutschen Rechtsvorschriften und die Legitimität der staatlichen Organe der Bundesrepublik Deutschland nicht an.
Und so ging es munter weiter: Die Behörde untersagte den weiteren Betrieb des KFZ. Die Bescheide wurden zurückgeschickt mit einem handschriftlichen Vermerk „Zustellungsverbot/fehlende Vertragsgrundlage“ mit Ausführungen darüber, dass der Empfänger als juristische Person nicht existiere, eine vertragliche Grundlage fehle und Angebote nicht entgegengenommen würden. Später wurde dann noch in einem u.a. an die „Generalstaatsanwaltschaft der russischen Föderation – Haupt Militär Staatsanwalt“ gerichteten Schreiben Strafanzeige gegen mehrere Mitarbeiter der Verwaltungsbehörde erstattet.
Die Fahrerlaubnisbehörde forderte dann (endlich) auf, ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten vorzulegen. Zur Begründung führte sie aus, dass eine völlig gestörte Wahrnehmung der Realität erkennbar sei. Die völlig diffuse Wahrnehmung des bestehenden Rechtssystems, die persönlichen Angriffe gegen Mitarbeiter der Behörde und die Androhung von Anzeigen offenbarten massive Zweifel an der Kraftfahreignung im Sinne einer möglichen Psychose, befand die Behörde. Ferner sei zu befürchten, dass sich die mangelnde Grundeinstellung zu den Rechtsvorschriften der BRD auch auf die Fahrerlaubnis erstrecken könnte.
Wie nicht anders zu erwarten, kam das Gutachten nicht. Die Verwaltungsbehörde hat daraufhin die Fahrerlaubnis entzogen. Dagegen dann der Eilantrag des Reichsbürgers, der beim VG Weimar Erfolg hatte. Anders jetzt das OVG Thüringen:
„…………. Hiervon ausgehend fällt die Interessenabwägung vorliegend zugunsten des öffentlichen Interesses an der Sicherheit des Straßenverkehrs aus, so dass die sofortige Vollziehbarkeit des Bescheids aufrechtzuerhalten ist. Denn nach den Ausführungen im Beschwerdeverfahren sprechen im Rahmen der im Eilverfahren gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung überwiegende Gründe dafür, dass sich die Entziehung der Fahrerlaubnis des Antragstellers im Widerspruchsverfahren oder in einem etwaigen späteren verwaltungsgerichtlichen Hauptsacheverfahren als rechtmäßig erweisen wird…..
In Anwendung dieser Grundsätze spricht bei einer Gesamtbetrachtung aller insoweit erheblichen Umstände viel für einen Verdacht, bei dem Antragsteller könnte eine psychische (geistige) Störung nach Nr. 7 der Anlage 4, insbesondere in Form einer schizophrenen Psychose nach Nr. 7.6, vorliegen. Die inhaltlich gegenläufige Argumentation der Vorinstanz, die abwegigen rechtlichen Ausführungen des Antragstellers stellten noch keine Hinweise auf eine geistige Störung im Sinne der Nr. 7 der Anlage 4 dar, weil allein abwegige Äußerungen rechtlicher oder tatsächlicher Natur keine Zweifel an der Zurechnungsfähigkeit des Erklärenden begründen könnten (vgl. BA S. 3, 1. Absatz), greift zu kurz. Sie wird den Besonderheiten der konkreten Umstände des vorliegenden Falles nicht gerecht.Zwar stimmt der Senat mit der Kammer darin überein, dass völlig abwegig erscheinende Erklärungen rechtlicher oder tatsächlicher Art ebenso wie Verhaltensweisen des Fahrerlaubnisinhabers außerhalb des Straßenverkehrs für sich allein gesehen grundsätzlich keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für eine die Fahreignung beeinträchtigende Gesundheitsstörung zu begründen vermögen (vgl. nur OVG Berlin-?Brandenburg, Beschluss vom 15. Juni 2012 – OVG 1 S 71.12 – Juris, Rn. 4). Dies gilt auch für die vom Antragsteller in seinen Schreiben an die Antragsgegnerin vorgetragenen Überlegungen, mit denen er die Existenz der Bundesrepublik Deutschland sowie die Legitimation der Behörden bestreitet und die Rechtsvorschriften der Bundesrepublik Deutschland als ungültig ansieht, auch wenn sie offenbar unhaltbar sind und an der Realität vorbeigehen.
Bedenken hinsichtlich der Fahreignung des Antragstellers ergeben sich jedoch aus – den vorliegenden Fall prägenden – Besonderheiten in seinen Erklärungen und Verhaltensweisen gegenüber der Antragsgegnerin, mit denen sich das Verwaltungsgericht nicht hinreichend auseinandergesetzt hat. Die Antragsgegnerin hat in ihrer Anordnung vom 9. Mai 2015 nicht nur darauf hingewiesen, dass der Vortrag des Antragstellers in den an sie gerichteten Schreiben vom 28. November und 29. Dezember 2015 sowie 21. April 2016 „völlig diffuse Wahrnehmungen des bestehenden Rechtssystems“ enthalte. Sie hat zusätzlich darauf abgestellt, dass das letztgenannte Schreiben des Antragstellers einen tatsächlichen Inhalt kaum noch erkennen lasse, dort „unter der Aneinanderreihung von Paragrafen und Rechtsprechungen eine völlig gestörte Wahrnehmung der Realität erkennbar“ sei und demgemäß „massive Zweifel an der Kraftfahreignung im Sinne einer möglichen Psychose“ bestünden. Diese Einschätzung teilt der Senat. …………..“
Ohne weitere Worte.