Als zweite RVG-Entscheidung eine ebenfalls positive Entscheidung – trotz der miesen Grundstimmung wegen DSGVO. Und zwar handelt es sich um den OLG Naumburg, Beschl. v. 10.04.2018 – 2 Ws (Reh) 12/18. Das OLG hat, nachdem das LG nur von der Mittelgebühr ausgegangen war, die Höchstgebühr gewährt! Ja richtig gelesen. Höchstgebühr. Die gibt es also tatsächlich. Allerdings – und das ist der Wermutstropfen – es ging um Kostenfestsetzung in einem strafrechtlichen Rehabilitierungsverfahren. Aber immerhin:
„Der Ansatz der Mittelgebühren ist zu Unrecht erfolgt. Die angesetzte Höchstgebühr ist zu erstatten.
Bei der Vergütungsfestsetzung ist zu prüfen, ob die anwaltlich bestimmte Gebühr unbillig ist (§ 14 Abs. 1 S. 4 RVG). Fehlt es an der Unbilligkeit, kann die bestimmte Gebühr nicht herabgesetzt werden. Wird die Unbilligkeit hingegen bejaht, bedarf es einer entsprechenden Begründung und sodann der Bestimmung der richtigen Gebühr (vgl. Hellstab / Lappe / Madert / Dörndorfer, Die Kostenfestsetzung, B 196).
Wegen der Schwierigkeit zu bestimmen, wann eine Rahmengebühr unbillig ist, und weil mit der Aufzählung der Umstände, die einerseits für die Erhöhung, andererseits für eine Ermäßigung der Gebühr sprechen, nicht viel geholfen ist, hat die Praxis sich diesen mit der sog. Mittelgebühr einen Ansatzpunkt geschaffen. Die Mittelgebühr soll gelten und damit zur konkret billigen Gebühr in den „Normalfällen“ werden, d.h. in den Fällen, in denen sämtliche, vor allem die nach § 14 Abs. 1 S. 1 RVG zu berücksichtigenden Umstände durchschnittlicher Art sind, also übliche Bedeutung der Angelegenheit, durchschnittlicher Umfang und durchschnittliche Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, wirtschaftliche Verhältnisse des Auftraggebers, die dem Durchschnitt der Bevölkerung entsprechen (Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl., § 14 RVG, Rn. 7).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist der Ansatz der Mittelgebühr vorliegend nicht gerechtfertigt.
Zu Recht weist die Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen darauf hin, dass die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit als überdurchschnittlich anzusehen ist. Bei dem Rehabilitierungsrecht handelt es sich um ein Nebengebiet, in dem nur wenige Anwälte über fundierte Kenntnisse verfügen. Zur sinnvollen Vertretung ist ferner auch eine Kenntnis des Rechts der DDR notwendig. Gerade für die Rehabilitierung von Heimkindern ist eine besondere und fundierte Kenntnis der Rechtsprechung der Rehabilitierungsgerichte nötig. Auch der Umfang der Tätigkeit lag über dem Durchschnitt.
Die Einschätzung der Bezirksrevisorin, dass Schwierigkeit und Umfang des Verfahrens nicht vergleichbar mit einem normalen Strafverfahren und insgesamt einfacher gelagert seien, wird vom Senat nicht geteilt. Die Mitglieder des Senates, die sämtlich auch in den Strafsenaten des Oberlandesgerichts tätig sind, schätzen im Gegenteil ein, dass der hier vorliegende Fall erheblich schwieriger war als ein „normales“ Strafverfahren.
Zu Recht hat die Verfahrensbevollmächtigte auch auf die hohe emotionale und finanzielle Bedeutung der Rehabilitierungsentscheidung für den Betroffenen hingewiesen, was bei der Festsetzung der Gebühr nach § 14 RVG ebenfalls zu berücksichtigen ist.