Im „Kessel Buntes“ „kocht“ dann heute zunächst das KG, Urt. v. 09.07.2015 – 22 U 186/14. Schon etwas älter 🙂 , aber das Urteil ist mir erst vor ein paar Tagen, nachdem das Revisionsverfahren beim BGH beendet ist, übersandt worden (BGH VI ZR 448/15 ). Es geht um einen den Fahrweg einer Radfahrerin kreuzenden Hund. Die Klägerin hat gegen die Beklagten Ansprüche wegen der von ihr im Juni 2008 bei einem Sturz vom Fahrrad erlittenen Verletzungen auf materiellen Schadensersatz und Schmerzensgeld geltend gemacht. Der Sturz war durch den Hund der Beklagten zu 1) verursacht worden, der beim Aussteigen aus dem von dem Beklagten zu 3) gehaltenen und bei der Beklagten zu 4) haftpflichtversicherten Kraftfahrzeug gesprungen und auf den Fahrradweg gelaufen war. Dazu musste der Hund einen zwei Meter breiten Grünstreifen, der die Parkbucht von dem Fahrradweg trennte, überwinden. Fahrerin des Fahrzeugs war die Beklagte zu 2). Das LG hat die gegen die Beklagte zu 2) gerichtete Klage wegen fehlenden Verschuldens abgewiesen und die Beklagte zu 1) wegen Tierhalterhaftung sowie die Beklagten zu 3) und 4) wegen Gefährdungshaftung verurteilt. Dagegen u.a. die Berufung der Klägerin und der Beklagten zu 3 und 4.
Zur Haftung der Beklagten zu 2 – Fahrerin – , der Beklagten zu 3 – Halterin des Pkw – und der Beklagten zu 4 – Haftzpflichtversicherer – führt das KG aus:
„…..Weder der Beklagte zu 3) als Halter noch die Beklagte zu 2) als Fahrerin haften für die geltend gemachten Schäden. Daher scheidet auch eine Inanspruchnahme der Beklagten zu 4) als Haftpflichtversicherer aus.
a) Eine Haftung des Beklagten zu 3) kommt nur dann in Betracht, wenn die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 StVG gegeben sind. Dies ist auch auf der Grundlage der vom Landgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen zu verneinen.
Voraussetzung des § 7 Abs. 1 StVG ist, dass eines der dort genannten Rechtsgüter „bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges“ verletzt bzw. beschädigt worden ist……..
Danach steht der vom Landgericht angenommenen Haftung der Beklagten zu 3) und 4) zwar nicht die Tatsache entgegen, dass das von dem Beklagten zu 3) gehaltene Fahrzeug bereits geparkt war. Dies folgt schon aus der Regelung des § 14 StVO, der dem Fahrzeuginsassen besondere Pflichten beim Einsteigen in das oder Aussteigen aus dem Fahrzeug auferlegt. Entgegen der Auffassung der Beklagten zu 3) und 4) steht dem auch nicht entgegen, dass das Fahrzeug in einer allgemein zur Verfügung stehenden Parkbucht geparkt war (Bl. 50/IV). Denn damit hat sich das Fahrzeug noch nicht außerhalb des öffentlichen Verkehrs befunden, weil insoweit für die Frage der Öffentlichkeit eine tatsächliche Öffentlichkeit ausreicht, die zur Anwendung der StVO führt (vgl. Hentschel/König, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl., § 1 StVO Rdn. 14 mwN). Es fehlt aber an dem notwendigen Zusammenhang mit einer Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeugs. Dem steht nicht der Hinweis der Klägerin entgegen, der Unfall habe sich im Zusammenhang gerade mit dem Aussteigen ereignet. Dies rechtfertigt zwar dann die Annahme, der Unfall habe sich bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ereignet, wenn der Unfall im Zusammenhang mit dem Öffnen der Beifahrertür zum Aussteigen stünde, weil dieser Vorgang dem Betrieb des Kraftfahrzeugs zuzurechnen wäre (vgl. dazu etwa KG, Beschluss vom 20. Sepember 2010, 12 U 216/09, SVR 2011, 147 = RuS 2011, 174). So liegt der Fall hier aber nicht. Der Hund war zwar, wie sich aus den bindenden Feststellungen des Landgerichts ergibt, in nahem zeitlichem Zusammenhang mit dem Aussteigen aus dem Auto auf den Fahrradweg gelaufen. Dieser lag aber ungefähr zwei Meter neben dem Fahrzeug. Dass die Klägerin gestürzt wäre, weil sie dem aus dem Wagen springenden Hunde oder der sich öffnenden Fahrertür ausweichen wollte, hat sie nicht behauptet. Ebenfalls nicht geltend gemacht wurde, dass der Hund nur aufgrund der Besonderheiten der Betriebseinrichtung aus dem Auto entweichen konnte. Der Unfall hat sich damit nicht im Zusammenhang mit der räumlichen Präsenz des Fahrzeugs ereignet, sondern ist davon unabhängig eingetreten. Dem steht auch nicht die Entscheidung des BGH vom 9. Februar 1988 entgegen (vgl. Urt. vom 9. Februar 1988, VI ZR 168/87). Denn dort war der auf der Autobahn laufende Hund nur aufgrund des Unfalls, der den notwendigen Betriebsvorgang darstellte und die Zurechnung rechtfertigt, auf die Straße gekommen. Dass das Verhalten des Hundes der Beklagten zu 1) durch die Autofahrt beeinflusst war, ist weder dargelegt noch ersichtlich. Eine Zurechnung kommt hier auch nicht deshalb in Betracht, weil das Kraftfahrzeug gleichsam als Tiertransporter eingesetzt worden ist. Hieraus auf einen Zurechnungszusammenhang zu schließen, führte zu einem endlosen Haftungsbereich. Jeder Unfall, der sich mit einer Person oder einem Tier ereignet, dass sich mit dem Kraftfahrzeug an die Unfallstelle bewegt hat, wäre erfasst. Dies wird den Schutzzwecken des § 7 Abs. 1 StVG nicht gerechnet. Mit den typischen Gefahren eines Tiertransports steht der Unfall nicht im Zusammenhang. Dem Ergebnis steht schließlich nicht entgegen, dass das Aussteigen der Beteiligten nicht vollständig abgeschlossen war und nicht alle Türen des Fahrzeugs wieder geschlossen waren. Denn dies hatte auf den Verlauf keinen Einfluss. Insoweit kann nicht auf das Gesamtgeschehen abgestellt werden.
b) Auch die Abweisung der Klage gegen die Beklagte zu 2) ist nicht zu beanstanden. Eine Haftung nach § 18 Abs. 1 Satz 1 StVG in Verbindung mit § 7 Abs. 1 StVG scheidet aus. Denn diese setzt eine Schädigung im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs voraus, die hier nicht gegeben ist. Auf die Frage, inwieweit ein Fahrer für ein Verhalten des Beifahrers verantwortlich ist (vgl. dazu OLG Hamm, Urteil vom 20. August 1999 – 9 U 9/99 –, juris Rdn. 38f., NZV 2000, 126; OLG München, Urteil vom 28. Oktober 1994 – 10 U 4858/93 –, VersR 1996, 1036), kommt es daher nicht an. Die Beklagte zu 2) ist nicht die Halterin im Sinne des § 833 Satz 1 BGB des den Unfall verursachenden Hundes. Die Voraussetzungen des § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 229 StGB sind nicht gegeben. Denn der Beklagten zu 2) kann allenfalls ein Unterlassen vorgeworfen werden. Insoweit fehlt es aber an der notwendigen Garantenpflicht. Allein der Transport des Hundes in dem von ihr gefahrenen Wagen lässt eine Garantenpflicht nicht entstehen. Sie endete zudem spätestens mit dem Ende der Fahrt.