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Unfallschaden II: Streifzusammenstoß zwischen einem Omnibus und einem Pkw, oder: Haftungsverteilung

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Urheber Busbahnhof

Im zweiten Posting; dem der OLG München, Beschl. v. 26.04.2021 – 24 U 111/21 – zugrunde liegt, geht es auch um die Frage der Haftungsverteilung.

Dem Beschluss liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

„Die Parteien streiten um die Haftung des durch einen Streifzusammenstoß zwischen dem Omnibus der Klägerin und einem vom Beklagten zu 1) geführten, bei der Beklagten zu 2) versicherten PKW entstandenen Sachschadens.

Der Zeuge T. befuhr am 03.07.2019 gegen 16:30 Uhr mit dem 12,99 m langen klägerischen Omnibus die B12 bergauf in Richtung S., die durch das Zeichen 266 der StVO für Fahrzeuge mit einer tatsächlichen Länge von mehr als 12 m gesperrt ist. In einer Spitzkehre im Bereich R. kam es – obwohl der Zeuge T. als Busfahrer äußerst rechts fuhr – aufgrund der Länge des Busses zu einer Mittenüberfahrung von 1,3 bis 1,4 m. Der mit seinem PKW bergab fahrende Beklagte zu 1) bemerkte dies erst mit einer Verzögerung von etwa 2,6 Sekunden, so dass es zu einer Streifkollision kam.

Mit der Klage hat die Klägerin in 1. Instanz ihren Sachschaden von 7.094,82 € nebst Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten geltend gemacht. Das Landgericht Kempten hat nach Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen K. vom 21.04.2020, Anhörung des Beklagten zu 1) und Vernehmung der Zeugen T. und S. der Klage nur in Höhe von 40 % stattgegeben, da der Verursachungsbeitrag der Klägerin durch den Verstoß gegen das Zeichen 266, § 41 StVO denjenigen des Beklagten zu 1), der gegen § 1 Abs. 2 und § 2 Abs. 2 StVO verstoßen habe, überwiege.

Die Klägerin beanstandet dieses Urteil und fordert mit der Berufung eine Haftungsquote von 80 % zu ihren Gunsten. Das von Zeichen 266 ausgesprochene Streckenverbot gelte – wie sich aus der Verwendung des Sinnbilds eines LKWs wie bei Zeichen 253 ergebe – nur für LKWs, nicht aber für Kraftomnibusse. Die Klägerin müsse sich nur die Betriebsgefahr mit 20 % anrechnen lassen.“

Das OLG sieht keine Erfolgsaussicht für die Berufung und hat darauf hingewiesen. Zur Haftungsverteilung führt das OLG aus:

2. Die Abwägung der Verursachungsanteile nach § 17 Abs. 2, 3 StVG hat das Landgericht ebenfalls zutreffend vorgenommen.

a) Zu Lasten der Klägerin ist der Verstoß des Fahrers gegen § 41 Abs. 2 StVO i. V. m. Zeichen 266 der Anlage 2 zu werten.

Entgegen der Ansicht der Klägerin kommt es nicht darauf an, ob ein Kraftomnibus, der um 1 m kürzer gewesen wäre und damit unter der Beschränkung der tatsächlichen Länge auf 12 m geblieben wäre, ebenfalls die Spitzkehre nur unter Überschreitung der Mittellinie hätte durchfahren können. Zum einen wäre die Mittenüberfahrung jedenfalls geringer ausgefallen. Maßgeblich ist aber, dass der Fahrer des klägerischen Busses die Strecke gar nicht hätte befahren dürfen, sondern die ausgeschilderte, von ihm wahrgenommene Umleitungsstrecke hätte benutzen müssen. Bei Beachtung des Zeichens 266 wäre der Unfall daher nicht geschehen.

Der von der Klägerin hilfsweise geltend gemachte Verbotsirrtum führt zu keiner anderen Beurteilung. Auch wenn der Zeuge T. aufgrund des LKW-Symbols irrig angenommen hat, das Zeichen gelte nicht für Kraftomnibusse, handelt es sich angesichts des im Zivilrecht maßgeblichen objektiven Sorgfaltsmaßstabs jedenfalls um einen fahrlässigen Verkehrsverstoß. Auch konkret kann man vom Fahrer eines fast 13 m langen Omnibusses und damit Inhaber eines entsprechenden Führerscheins und einer Erlaubnis zur Personenbeförderung die Kenntnis der für derartige Fahrzeuge gültigen Verkehrsregeln erwarten. Aus der vom Landgericht beigezogenen Bußgeldakte OWi 140 Js 19080/19 des AG Lindau geht hervor, dass der Zeuge T. seinen Einspruch gegen den gegen ihn ergangenen Bußgeldbescheid zurückgenommen hat.

b) Zutreffend hat das Landgericht dem Beklagten zu 1) Verstöße gegen § 1 Abs. 2 StVO wegen einer Reaktionsverzögerung von ca. 2,5 Sekunden sowie gegen § 2 Abs. 2 StVO wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsfahrgebot angelastet, das auch gilt, wenn man innerhalb der Fahrbahn bleibt, aber nicht äußerst rechts fährt. Auch hierbei handelt es sich um fahrlässige Verstöße.

c) Die von der Klägerin zitierten Entscheidungen des OLG Celle betreffen dagegen jeweils Fälle, in denen dem Fahrer des überbreiten Fahrzeugs kein Verkehrsverstoß vorzuwerfen ist. Das OLG Celle hat in beiden Fällen beim Fahrer des überbreiten landwirtschaftlichen Gespanns keinen Verkehrsverstoß festgestellt (OLG Celle, Urteil vom 04. 03. 2020 – 14 U 182/19 –, Rn. 25, juris, Urteil vom 11. 11. 2020 – 14 U 71/20 –, Rn. 25, juris), so dass nur die erhöhte Betriebsgefahr gegen die Verschuldenshaftung des jeweiligen Unfallgegners abzuwägen war.

d) Im vorliegenden Fall liegen dagegen bei beiden Unfallbeteiligten jeweils fahrlässige Verstöße gegen die StVO vor, die in etwa gleich schwer wiegen mögen. Da die Klägerin durch die große Länge des Omnibusses, die sich beim Unfall kausal ausgewirkt hat, eine weit höhere Betriebsgefahr trifft, ist die Haftungsverteilung von 60 % zu 40 % zum Nachteil der Klägerin angemessen.

Da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, legt das Gericht aus Kostengründen die Rücknahme der Berufung nahe. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).“