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StGB I: „Niedriger Beweggrund“ bei Trennung, oder: „Herr Lehrer, ich weiß was…..“

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Und dann heute noch einmal – zum letzten Mal in 2022 – StGB-Entscheidungen.

Ich eröffne den Reigen mit dem BGH, Beschl. v. 06.12.2022 – 5 StR 479/22. Das LG hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung  verurteilt. Dagegen die Revision des Angeklagten, die das BGH nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet veriwrft. Aber: Der BGH meint, sich „ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts“ äußern zu müssen:

„Nach den Feststellungen des Landgerichts versuchte der Angeklagte am 10. Dezember 2021, seine frühere Freundin mit mehreren Messerstichen heimtückisch zu töten und verletzte sie dabei schwer, wobei seine Steuerungsfähigkeit aufgrund des Zusammenwirkens einer Persönlichkeitsstörung und erheblicher Alkoholisierung erheblich vermindert war. Das (weitere) Mordmerkmal eines Handelns aus niedrigen Beweggründen hat das Landgericht unter Hinweis auf zwei Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschlüsse vom 7. Mai 2019 – 1 StR 150/19, NStZ 2019, 518; vom 15. Mai 2003 – 3 StR 149/03, NStZ 2004, 334) unter anderem mit folgender Erwägung abgelehnt: „Dies gilt umso mehr, als die Trennung von der Geschädigten ausgegangen war, die dem Angeklagten zuletzt unmissverständlich deutlich gemacht hatte, dass ihre Beziehung zu Ende sei (‚Es ist aus und vorbei!‘), was als Indiz weiterhin gegen die Annahme niedriger Beweggründe spricht.“

Dieser Erwägung vermag der Senat nicht zu folgen. Niedrig ist ein Beweggrund, der nach allgemeiner sittlicher Würdigung auf tiefster Stufe steht und deshalb besonders verachtenswert ist. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich aufgrund einer Gesamtwürdigung, welche die Umstände der Tat, die Lebensverhältnisse des Täters und seine Persönlichkeit einschließt. Gefühlsregungen wie Wut, Zorn, Ärger, Hass und Rachsucht kommen als niedrige Beweggründe in Betracht, wenn sie nicht menschlich verständlich, sondern Ausdruck einer niedrigen Gesinnung des Täters sind (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 13. November 2019 – 5 StR 466/19, NStZ-RR 2020, 40 mwN).

Ergibt sich das Tötungsmotiv aus einer Trennung vom Ehe-, Lebens- oder Intimpartner, kann für einen niedrigen Beweggrund sprechen, dass der Täter dem anderen Teil aus übersteigertem Besitzdenken das Lebensrecht abspricht (vgl. BGH, Urteil vom 11. November 2020 – 5 StR 124/20, NStZ 2021, 226 mwN), den berechtigten Wunsch nach einem selbstbestimmten Leben bestrafen will (vgl. BGH, Urteil vom 22. Juli 2020 – 5 StR 543/19, NStZ 2020, 617 mwN) oder dass er handelt, weil er die Trennung nicht akzeptiert und eifersüchtig ist (vgl. BGH, Urteil vom 22. März 2017 – 2 StR 656/13, NStZ 2018, 527). Gegen das Vorliegen eines niedrigen Beweggrundes kann dagegen sprechen, dass die Trennung zu tatbestimmenden und tatauslösenden Gefühlen der Verzweiflung und inneren Ausweglosigkeit geführt hat (vgl. BGH, Urteil vom 25. Juli 2006 – 5 StR 97/06, NStZ-RR 2006, 340, 342 mwN). Zu bedenken kann dabei auch sein, dass nicht selten – wie auch hier – der Täter die Trennung selbst maßgeblich zu verantworten hat (vgl. näher MüKo-StGB/Schneider, 4. Aufl., § 211 Rn. 105; ders., NStZ 2022, 543, 544, jeweils mwN).

Der Umstand, dass die Trennung vom Tatopfer ausgegangen ist, stellt entgegen der Auffassung des Landgerichts für sich gesehen kein gegen die Annahme niedriger Beweggründe sprechendes Indiz dar. Mit dem Menschenbild des Grundgesetzes und den Werten des durchweg auf Selbstbestimmung, Gleichberechtigung und gegenseitige personelle Achtung angelegten deutschen Rechts (vgl. zur Relevanz bei der Bewertung eines Tötungsmotivs BGH, Urteil vom 13. November 2019 – 5 StR 466/19, NStZ-RR 2020, 40) ist es aus Sicht des Senats unvereinbar, der legitimen Inanspruchnahme des Rechts auf ein selbstbestimmtes Leben eine derartige Relevanz für die sozialethische Bewertung des Tötungsmotivs zuzusprechen.

Dass das Landgericht mit teilweise rechtsfehlerhafter Begründung die Annahme niedriger Beweggründe abgelehnt hat, beschwert den Angeklagten indes nicht.“

Mir erschließen sich solche Entscheidungen nicht. Revisionsgericht hin oder her. Aber: Was soll das? Will man dem LG zeigen, dass es etwas falsch gemacht hat. Warum? Wenn es darauf nicht ankommt. Mein Vorsitzender während der Erprobung beim OLG Hamm hätte mir die Akten um die Ohren gehauen, bei einer solchen: „Herr Lehrer, ich weiß was, Entscheidung“.

Volltext des Urteils des KG zum sog. „Tiergartenmord“, oder: Ein „geschichtliches Dokument“ als „Vorhersage“?

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Es ist schon später am Tag und dann noch ein Posting im BOB. Aber ich denke, die Entscheidung, die ich vorstellen möchte, ist es wert, jetzt und heute vorgestellt zu werden und nicht irgendwann in den nächsten Tagen.

Es handelt sich um das KG, Urt. v. 15.12.2021 – (2) 3 StE 2/20-1 (2/20). Am Aktenzeichen kann man erkennen, dass es sich um ein Urteil in einem Staatsschutzverfahren handelt, das ich hier vor- und den Volltext einstelle. Es ist das Verfahren um den sog. Tiergartenmord. Ich denke, dass man zu dem Geschehen nicht viel schreiben muss, das sollte jedem bekannt sein. Und wem es nicht bekannt ist, der kann im KG-Urteil nachlesen, worum es sich handelt.

Das Urteil ist in meinen Augen im Übrigen ein geschichtliches Dokument und – leider – im Grunde genommen auch eine Vorhersage. Denn es weist einige Parallelen zu den unfassbaren aktuellen Geschehnissen in der Ukraine auf, wie Missachtung von Menschenleben, Missachtung der Souveränität eines anderen Staates, Lügen, Desinformation, usw. Alles das, was wir in Zusammenhang mit dem Angriffskrieg von Russland auf die Ukraine gerade erleben. Und deshalb meine ich, dass viele Leser und Leserinnen des Blogs Interesse an der Lektüre des Urteils haben dürften. Es ist allerdings – darauf weise ich hier schon hin – im Original-PDF rund 88 Seiten lang. Man kann es also nicht mal so eben nebenbei lesen. Und das sollte man auch nicht tun. Dazu ist es m.E. zu interessant. Im Übrigen zeigt uns das Urteil: Wenn wir (noch) aufmerksamer hingeschaut und hingehört hätten, hätten wir vielleicht vieles von dem, was derzeit geschieht, ahnen können. Aber wahrscheinlich hätten wir nicht geglaubt, dass es passieren würde.

Ich habe davon abgesehen, hier einzelne Passagen aus dem Urteil zu zitieren bzw. einzustellen. Aber ich empfehle die Ausführungen des Senats zu den „niedrigen Beweggründen i.S. des “ 211 StGB und auch die zu den Äußerungen des Präsidenten der Russischen Föderation Putin zu dem Geschehen in Berlin. Beides lesenswert.

Im Übrigen: Schon am 16.12.2021 am Tag nach der Verkündung des Urteils schalt das russische Außenministerium das Urteil als „in höchstem Maße nicht objektiv“ und es trage „den Charakter eines politischen Auftrags“. Dem „unschuldigen Staatsbürger“ bleibe der „Anspruch auf Berufung gegen das ungerechte Urteil beim Bundesgerichtshof vorbehalten“ (vgl. hier die Erklärung auf der Homepage der russischen Botschaft in Berlin).

Die „Berufung“ beim BGH ist dann aber wohl lieber doch nicht eingelegt worden, denn das Urteil ist am 23.12.2021 durch Fristablauf rechtskräftig geworden.

Zwei Anmerkungen noch:  Das Original-PDF weist nach der Liste eingezogener Gegenstände ein Inhaltsverzeichnis auf, dass den schnellen Sprung in einzelne Kapitel ermöglicht (hat). Diese Möglichkeit ist leider durch das Einstellen des Volltextes verloren gegangen.

Und: Das Urteil ist mir ohne Leitsätze übersandt worden. Ich habe mir erlaubt, dem Urteil zwei Leitsätze voranzustellen. Nicht weil ich es besser weiß, sondern weil alle von mir eingestellten Entscheidungen mit Leitsätzen versehen sind.

Und schließlich: Dank an den Einsender, der ungenannt bleiben möchte und daher auch ungenannt bleibt.

Mord – niedriger Beweggrund?

© Dan Race - Fotolia.com

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Machen wir heute mal zum Wochenauftakt – ist ja nur eine kurze „Arbeitswoche“ – etwas schwerere Kost, nämlich einmal „Kapsachen“, und zwar Mord. Und zwar den BGH, Beschl. v.  26.03.2014 – 2 StR 505/13, in dem der BGH das landgerichtliche Urteil aufgehoben hat, weil das LG – so der BGH – das Tatabestandsmerkmal der „niedrigen Beweggründe“ ggf. verkannt hat. Ausgangspunkt war folgender Sachverhalt:

 „1. Nach den Feststellungen des Landgerichts waren die Angeklagten Lebensgefährten, sie lebten unter Obdachlosen und waren alkoholabhängig. Am 30. April 2012 wurde ihnen in ihrer vorübergehenden Unterkunft ein Hausverbot erteilt. Sie luden ihre Habe in einen Einkaufswagen und verließen die Unterkunft, um zunächst gemeinsam mit anderen Obdachlosen die Zeit im Freien zu verbringen und dann in einer Unterführung zu übernachten. Der Angeklagte F. hatte den Verdacht, dass der zum Kreis der Obdachlosen gehörende S. an einem sexuellen Kontakt mit der Angeklagten B. interessiert sei. Deshalb war er eifersüchtig und aggressiv. Er drohte damit, den gehbehinderten S. umzubringen. Ein anderer Obdachloser konnte zunächst eine Eskalation verhindern. Nachdem sich die Angeklagten in eine nahe gelegene Unterführung zurückgezogen hatten, ging der stark alkoholisierte S. auf seinem Weg zu einem „Übernachtungscontainer“ auf die Unterführung zu, weil er dort Stimmen hörte. Der Angeklagte F. erkannte eine Gelegenheit, S. „mit dem Tode zu bestrafen“, nahm ihn in den „Schwitzkasten“ und versuchte, ihn durch Genickbruch zu töten. Dabei brach er ihm die Kehlkopfhörner sowie das Zungenbein und ließ das Opfer zu Boden fallen. Dann trat der Ange-klagte F. den Bewusstlosen ins Gesicht, zog ihn gemeinsam mit der An-geklagten B. einige Meter von der Unterführung weg auf den gepflasterten Weg, wo er weiter auf Kopf und Oberkörper des Opfers eintrat. Durch die Tritte erlitt das Opfer umfangreiche Zertrümmerungen der Gesichtsknochen sowie Rippenbrüche, „wollte“ aber aus der Sicht des Täters „einfach nicht verrecken“. Die Angeklagte B. erkannte die mit Tötungsvorsatz ausgeführten Handlungen und befürchtete, dass sie erhebliche strafrechtliche Folgen für ihren Lebensgefährten haben könnten. Sie zerschlug eine kleine Flasche, nahm ein Bruchstück des Glases, trat an das Opfer heran und schnitt ihm mehrfach in den Hals. Danach fühlte sie ihm den Puls, bis dieser nicht mehr spürbar war. Der Angeklagte F. trat auch danach noch auf das Opfer ein, holte einen Hammer und schlug dem bereits Verstorbenen damit mehrfach auf den Kopf.

Die Revision der Angeklagten B. hatte mit der Sachrüge Erfolg, die des Angeklagten F. übrigens auch, aber aus anderem Grund. Nach Auffassung des BGH tragen die Urteilsgründe den Schuldspruch wegen Mordes aus niedrigen Beweggründen nicht. Sie lassen vielmehr – so der BGH – besorgen, dass das LG von einem falschen Maßstab ausgegangen sei.

Auf das äußere „Tatbild“ einer brutalen Tötung kommt es dafür nicht an, sondern auf eine Gesamtwürdigung aller äußeren und inneren für die Hand-lungsantriebe des jeweiligen Täters maßgeblichen Faktoren (vgl. Senat, Urteil vom 19. Oktober 2001 – 2 StR 259/01, BGHSt 47, 128, 131). Auch ist die vom Landgericht hervorgehobene „Solidarität“ der Angeklagten B. mit dem Angeklagten F. nicht von Belang, weil eine Zurechnung des von dem Mittäter verwirklichten Mordmerkmals der niedrigen Beweggründe nach § 25 Abs. 2 StGB nicht möglich ist. Mittäter einer vorsätzlichen Tötung können wegen Tot-schlags oder Mordes unterschiedlich beurteilt werden (vgl. BGH, Urteil vom 25. Juli 1989 – 1 StR 479/88, BGHSt 36, 231, 233). Ein Handeln aus niedrigen Beweggründen ist für jeden Mittäter der vorsätzlichen Tötung gesondert zu prü-fen. Daran sind die Überlegungen der Schwurgerichtskammer durch die Her-vorhebung einer „Solidarität“ der Angeklagten B. mit ihrem Lebensgefähr-ten zum Teil vorbeigegangen.

Im Übrigen hat das Landgericht Gesichtspunkte hervorgehoben, die eine Bewertung des Motivs als besonders verachtenswert nicht rechtfertigen. Aus der „Beziehung zum Opfer“ lässt sich für die Angeklagte B. , die „ein freundschaftliches Verhältnis“ zu dem Getöteten gehabt hatte, kein niedriger Beweggrund ableiten. Insoweit ist auch die „Vorgeschichte der Tat“ ohne Aussagekraft.“

„Gewaltorgie“ – „Niedriger Beweggrund“?

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Das LG Verden verurteilt die Angeklagten u.a. wegen versuchten Mordes. Als Mordmerkmal wird ein „niedriger Beweggrund“ angenommen. Der BGH, Beschl. v. 21.02.2013 – 3 StR 496/12 – teilt insoweit aus den landgerichtlichen Feststellungen mit, dass das LG festgestellt hat,  „dass die alkoholisierten Angeklagten in der Verdener Innenstadt auf den dort schlafenden T. trafen. Sie schlugen und traten in einer vom Landgericht nachvollziehbar als „Gewaltorgie“ bezeichneten Aktion immer wieder wuchtig auf ihn ein, auch gegen seinen Kopf. Dadurch verursachten sie massive Verletzungen, die ohne eine umgehende, nur durch das zufällige Auffinden des bewusstlosen Opfers ermöglichte medizinische Versorgung binnen kurzer Zeit zum Tode geführt hätten.“

Der BGH sieht Defizite bei der Bejahung des niedrigen Beweggrundes, und zwar hinsichtlich der subjektiven Seite:

„Die Bewertung, dass sie dabei aus niedrigen Beweggründen handelten, hält der revisionsrechtlichen Prüfung indes nicht stand. Das Landgericht hat bei der Annahme niedriger Beweggründe nämlich allein auf das objektiv äußerst brutale Tatgeschehen abgestellt, ohne die für die einzelnen Angeklagten maßgeblichen subjektiven Beweggründe zu erörtern. Die Beurteilung, ob ein Beweggrund „niedrig“ ist, setzt aber regelmäßig zunächst die Feststellung der Tatmotive voraus. Daran fehlt es hier.

Zwar geht die Strafkammer im Ansatz zutreffend davon aus, dass die Beurteilung niedriger Beweggründe einer Gesamtwürdigung bedarf, die alle äußeren und inneren für die Handlungsantriebe des Täters maßgeblichen Faktoren einschließt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 2. Dezember 1987 – 2 StR 559/87, BGHSt 35, 116, 127; vom 1. März 2012 – 3 StR 425/11, NStZ 2012, 691, 692). Jedoch teilt das Urteil die tatsächlichen Beweggründe der Angeklagten nicht mit. Auch aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe und der Feststellung, den Angeklagten sei zu Beginn des Geschehens unausgesprochen klar gewesen, dass man dem Geschädigten „nunmehr bei dieser Gelegenheit eine Abreibung verpassen wollte“, ergibt sich nicht, welche Motive für die Täter maßgeblich waren. Es bleibt insbesondere offen, ob und gegebenenfalls für welchen der Täter handlungsleitend war, dass der Geschädigte mehrere Jahre vor der Tat die Mutter des Angeklagten A. über einen längeren Zeitraum körperlich misshandelt hatte. Wäre dies für die Tatmotivation maßgeblich gewesen, hätte es jedenfalls in die erforderliche Gesamtwürdigung einbezogen werden müssen, wenngleich je nach den weiteren Umständen auch Gefühlsregungen wie Wut, Ärger, Hass und Rache als niedrige Beweggründe in Betracht kommen können (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Juli 2010 – 4 StR 180/10, NStZ 2011, 35 mwN).“

Offene Heimtücke? Ja das geht…

Offene Heimtücke. Geht das? Ja das geht und kann dann zur Annahme von § 211 StGB führen. Der BGH hat dazu gerade ausgeführt,  dass Heimtücke auch vorliegen kann, wenn der Täter dem Opfer offen feindselig entgegentritt und es dann überrascht. Ein Opfer kann danach auch dann arglos sein, wenn der Täter ihm zwar offen feindselig entgegentritt, die Zeitspanne zwischen dem Erkennen der Gefahr und dem unmittelbaren Angriff jedoch so kurz ist, dass keine Möglichkeit bleibt, dem Angriff irgendwie zu begegnen. Für das bewusste Ausnutzen der Arglosigkeit genügt es, wenn sich der Täter bewusst ist, einen durch seine Ahnungslosigkeit gegenüber einem Angriff schutzlosen Menschen zu überraschen.

Eine Tötung in dem Bewusstsein, keinen Grund für die Tötung zu haben oder zu brauchen, stellt zudem einen niedrigen Beweggrund dar, wenn der Täter meint, nach eigenem Gutdünken über das Leben des Opfers verfügen zu können. Es kommt nicht darauf an, ob der Angeklagte seine Motive selbst als „niedrig“ bewertet. Eine Anzeigeerstattung durch das Opfer gegenüber dem Täter als Tötungsmotiv ist ebenfalls als auf tiefster Stufe stehend anzusehen wegen des krassen Missverhältnisses zwischen Anlass und Tat.

Nachzulesen im BGH, Urt. v. 19.10.2011 – 1 StR 273/11