Beweiserhebungen im Bußgeldverfahren können, insbesondere wenn es um die Erstattung von Sachverständigengutachten geht, erhebliche Kosten verursachen, die ggf. über den Kostenansatz später auf den Betroffenen zukommen. Der wird sich, wenn er ggf. rechtzeitig von einer beabsichtigten Beweiserhebung erfährt, überlegen, ob es sinnvoll ist, das Verfahren fortzusetzen oder ob er nicht besser Rechtsbehelfe zurücknimmt und so das Verfahren beendet.
Mit den Folgen einer unterlassenen Benachrichtigung bzw. Anhörung eines Betroffenen im Bußgeldverfahren befasst sich dann der OLG Stuttgart, Beschl. v. 26.10.2023 – 4 Ws 368/23.
Gegen den Betroffenen war wegen einen Abstandsverstoßes ein Bußgeldbescheid mit einer Geldbuße in Höhe von 75 EUR erlassen worden. Der Betroffene hat dagegen Einspruch eingelegt. Nach Eingang der Akten beim AG bestimmte der Amtsrichter Termin zur Hauptverhandlung auf den 09.02.2023 und ordnete das persönliche Erscheinen des Betroffenen an. Der Betroffene bat sodann um Prüfung einer Entscheidung im Beschlussverfahren und der Verhängung einer Geldbuße von 55 EUR. Der Amtsrichter ordnete aber zur Hauptverhandlung die Ladung eines Sachverständigen an mit dem Beweisthema „vorwerfbarer Abstandsverstoß aus technischer Sicht“, dem die Akten übersandt wurden.
Mit Schreiben vom 31.01.2023 nahm der Betroffene den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid zurück. Bereits vor Eingang der Rücknahme hatte der Amtsrichter den Sachverständigen mit E-Mailnachricht vom selben Tag gebeten, die Bearbeitung des Gutachtenauftrags einzustellen, da der Betroffene die Einspruchsrücknahme in einem zuvor geführten Telefonat angekündigt hatte. Am 10.02.2023 bezahlte der Betroffene den im Bußgeldbescheid festgesetzten Gesamtbetrag.
Mit Kostenrechnung vom 09.02.2023 wurde der Betroffene u.a. zur Zahlung der von dem Sachverständigen mit Rechnung vom 01.02.2023 geltend gemachten Kosten in Höhe von 2.025,98 EUR aufgefordert. Hiergegen legte der Verteidiger Erinnerung ein. Die hat das AG zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Betroffenen hatte beim LG keinen Erfolg. Die dagegen gerichtete weitere Beschwerde des Betroffenen (§ 66 Abs. 4 S. 1 GKG) hat das OLG als zulässig und begründet angesehen.
Das OLG begründet seine Entscheidung „sehr fein“. Ich verweise wegen der Einzelheiten auf den Volltext und stelle hier nur den Leitsatz ein:
Dem Betroffenen ist im (gerichtlichen) Bußgeldverfahren vor der Anordnung kostenträchtiger Beweiserhebungen rechtliches Gehör zu gewähren. Die Nichtgewährung ist daher als offensichtlicher Verfahrensverstoß zu behandeln, der die Nichterhebung der durch die Beweiserhebung entstandenen Verfahrenskosten zur Folge hat.