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Mord III: Wenn die Ehefrau den Ehemann verbrennen will, oder: Tötung mit einem gemeingefährlichen Mittel

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Und als dritte Entscheidung dann noch der BGH, Beschl. v. 10.02.2021 – 1 StR 500/20 – zum Mord bzw. zur Tötung mit einem gemeingefährlichen Mittel. Das LG hat die Angeklagte wegen Mordes in Tateinheit mit Brandstiftung mit Todesfolge verurteilt. Dagegen die Revision, die Erfolg hatte.

„Nach den Feststellungen des Landgerichts wohnte die 84-jährige Angeklagte mit ihrem neun Jahre jüngeren geschiedenen Ehemann alleine in dessen Haus, das etwa zehn bis 15 Meter von benachbarter Wohnbebauung entfernt

Am Vormittag des 17. Januar 2020 forderte sie ihren geschiedenen Ehemann auf, sich für sein Verhalten am Vorabend zu entschuldigen. Aus Enttäuschung über seine fehlende Gesprächsbereitschaft versetzte sie ihm mit einem Fleischklopfer mindestens einen Schlag auf die linke Kopfseite, um ihn zu verletzen. Er nahm ihr den Fleischklopfer aus der Hand und wählte den Notruf. Nicht ausschließbar äußerte er dabei, dass er sie „jetzt endlich da habe, wo er sie haben wolle“ und sie nun „einweisen“ bzw. in die „Klapse“ bringen lassen werde. Im Rahmen seines Telefonats mit der Rettungsleitstelle forderte ihn die Angeklagte mehrfach erfolglos auf, von der Verständigung der Rettungskräfte abzusehen. Schließlich erkannte sie, dass er sich nicht davon abbringen lassen würde und befürchtete, nun tatsächlich das Haus verlassen zu müssen. Sie beschloss ihn zu töten, ging auf den Balkon und füllte Benzin aus einem dort stehenden Kanister in einen kleinen Eimer. Dann betrat sie das Wohnzimmer und schüttete es in Richtung des dort immer noch mit der Leitstelle telefonierenden Ex-Ehemannes, der von einem Teil des Benzins am Oberkörper getroffen wurde. Der Rest sammelte sich zu seinen Füßen. Dann warf sie ein entzündetes Streichholz in seine Richtung. Wie von ihr beabsichtigt, entzündete sich das Benzin. Auch ihr ExEhemann geriet in Brand, teilte dies der Leitstelle mit und bat flehentlich um das Erscheinen der Feuerwehr bis die Verbindung schließlich abbrach.

Die Angeklagte hatte sich mittlerweile auf den Balkon gesetzt und wurde dort von den sechs Minuten nach dem Abbruch des Telefonats eintreffenden Rettungskräften angetroffen. Auf deren Ansprache reagierte sie nicht. Der Notarzt stellte den Tod ihres Ex-Ehemannes fest. Todesursächlich waren die Verbrennungen fast der gesamten Körperoberfläche in Kombination mit einer Rauchgasvergiftung und Sauerstoffmangel. Einer der Feuerwehrleute erlitt beim Heraustragen der Leiche ohne Atemschutzgerät eine leichte Rauchgasintoxikation.

Der flächige Bodenbrand des hölzernen Fußbodens im Wohn- und Esszimmer erfasste auch die Möblierung und führte zu einem partiellen Deckeneinbrand. Ohne Eingreifen der Feuerwehr wäre es innerhalb weniger Minuten zu einem Brand des ganzen Gebäudes gekommen.

II.

1. Der Schuldspruch wegen Mordes hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Annahme einer Tötung mit einem gemeingefährlichen Mittel (§ 211 Abs. 2 StGB) wird von den Urteilsgründen mit Blick auf die hierfür erforderliche Gefährdung einer unbestimmten Mehrzahl von Menschen nicht getragen.

a) Das Mordmerkmal der Tötung mit einem gemeingefährlichen Mittel ist erfüllt, wenn der Täter ein Tötungsmittel einsetzt, das in der konkreten Tatsituation eine unbestimmte Mehrzahl von Menschen an Leib und Leben gefährden kann, weil er die Ausdehnung der Gefahr nicht in seiner Gewalt hat. Dabei ist nicht allein auf die abstrakte Gefährlichkeit eines Mittels abzustellen, sondern auf seine Eignung und Wirkung in der konkreten Situation unter Berücksichtigung der persönlichen Fähigkeiten und Absichten des Täters (st. Rspr.; BGH, Beschlüsse vom 12. November 2019 – 2 StR 415/19 Rn. 7 und vom 14. April 2020 – 5 StR 93/20 Rn. 7, jeweils mwN). Das Mordmerkmal hat seinen Grund in der besonderen Rücksichtslosigkeit des Täters, der sein Ziel durch die Schaffung unberechenbarer Gefahren für eine unbestimmte Anzahl von Personen durchsetzen will (BGH, Beschluss vom 14. April 2020 – 5 StR 93/20 Rn. 7 mwN), obwohl er die Umstände, die die Gemeingefahr begründen, kennt (§ 16 Abs. 1 StGB).

Der subjektive Tatbestand dieses Mordmerkmals setzt voraus, dass der Täter die mangelnde Beherrschbarkeit der Wirkung des Tötungsmittels und die daraus resultierende Möglichkeit der Gefährdung einer unbestimmten Zahl von Personen an Leib oder Leben kennt oder jedenfalls ernsthaft für möglich hält und einen solchen Gefahreneintritt wünscht oder wenigstens billigend in Kauf nimmt (BeckOK-StGB/Eschelbach, 48. Ed., § 211 Rn. 72).

b) Nach den Feststellungen erstrebte die Angeklagte lediglich den Tod ihres Ex-Ehemannes. Die Urteilsgründe bieten keine Anhaltspunkte dafür, dass sie darüber hinaus damit rechnete und billigte, dass das Feuer ? soweit dies tatsächlich möglich gewesen wäre – auf bewohnte Nachbargebäude übergreifen oder Rettungskräfte der Feuerwehr gefährden könnte, was die Annahme des Mordmerkmals wegen der Gefährdung einer unbestimmten Mehrzahl von Personen hätte rechtfertigen können.

Zudem hätte die Strafkammer auch darlegen müssen, weshalb sie sich zwar von der subjektiven Tatseite des Mordmerkmals der Tötung mit einem gemeingefährlichen Mittel hat überzeugen können, nicht aber vom Vorliegen der inneren Tatseite des Mordmerkmals „grausam“. Hierzu hat die Strafkammer ausgeführt, sie habe sich nicht zweifelsfrei von dem Vorliegen der inneren Tatseite einer grausamen Tatbegehung überzeugen können, weil sich die Angeklagte zur Tatzeit in einer psychosozialen Belastungssituation befunden habe, erhebliche Existenzängste gehabt hätte, aufgrund ihrer demenziellen Erkrankung in ihrer Steuerungsfähigkeit erheblich eingeschränkt gewesen sei und sich so einer „Gemengelage an psychischen Einflüssen“ ausgesetzt gesehen habe.

Diese „Gemengelage“ besteht aber bei dem Mordmerkmal „mit einem gemeingefährlichen Mittel“ in demselben Maße. Auch hier hätte es deshalb der Erörterung bedurft, ob es der Angeklagten infolge ihres Gesamtzustandes möglich war, die ihr bekannten objektiven Umstände zutreffend einzuordnen. Die Erwägung der Strafkammer, dass es – wenn ein Übergreifen des Brandes auf andere Gebäude ausgeschlossen gewesen sein sollte – jedenfalls „für jeden verständigen Täter auf der Hand“ liege, dass Feuerwehrkräfte beim Brand eines Wohnhauses an Leib oder Leben gefährdet werden könnten und der Sachverständige ausdrücklich klargestellt habe, dass dies auch der Angeklagten bewusst gewesen sei, genügt als Begründung nicht, weil sie nicht auf das tatsächliche (individuelle) Vorstellungsbild der Angeklagten abstellt.“

Mord II: Wenn das Opfer ggf. die Gefahr erkannt hat, oder: Mordmerkmal der Heimtücke

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In der zweiten „Mord-Entscheidung“, dem BGH, Beschl. v. 21.01.2021 – 4 StR 337/20 – nimmt der BGH zum Mordmerkmal der Heimtücke Stellung. Das LG hatte den Angeklagten nur wegen Totschlags seiner Ehefrau verurteilt. Dagegen die Revision der StA mit dem Ziel der Verurteilung des Angeklagten Heimtückemordes. Die Revision hatte Erfolg:

„Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft ist begründet. Die Beschwerdeführerin beanstandet zu Recht, dass die Strafkammer das Mordmerkmal der Heimtücke mit nicht tragfähigen Erwägungen verneint hat.

1. Heimtückisch handelt, wer in feindseliger Willensrichtung die Arg- und dadurch bedingte Wehrlosigkeit des Opfers bewusst zur Tötung ausnutzt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 14. Juni 2017 – 2 StR 10/17, BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 41; vom 4. Juli 1984 – 3 StR 199/84, BGHSt 32, 382 , 383 f.; Beschluss vom 2. Dezember 1957 – GSSt 3/57, BGHSt 11, 139 , 143). Arglos ist ein Opfer, das sich keines erheblichen Angriffs gegen seine körperliche Unversehrtheit versieht. Die Arglosigkeit führt zur Wehrlosigkeit, wenn das Opfer aufgrund der Überraschung durch den Täter in seinen Abwehrmöglichkeiten so erheblich eingeschränkt ist, dass ihm die Möglichkeit genommen wird, dem Angriff auf sein Leben erfolgreich zu begegnen oder ihn wenigstens zu erschweren. Das ist der Fall, wenn das Opfer daran gehindert ist, sich zu verteidigen, zu fliehen, Hilfe herbeizurufen oder in sonstiger Weise auch durch verbale Äußerungen auf den Täter einzuwirken, um den Angriff zu beenden (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 26. März 2020 – 4 StR 134/19, NStZ 2020, 609 Rn. 13 mwN; Urteil vom 15. November 2017 – 5 StR 338/17, NStZ 2018, 97 , 98; Beschlüsse vom 19. Juni 2008 – 1 StR 217/08, NStZ 2009, 29 , 30; vom 7. April 1989 – 3 StR 83/89, BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 8; Urteile vom 21. Januar 1970 – 3 StR 182/69, GA 1971, 113 ; vom 21. Dezember 1951 – 1 StR 675/51, BGHSt 2, 60 , 61).

Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen der Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers ist grundsätzlich der Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs. Dies gilt indes nicht uneingeschränkt. So ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt, dass bei einer von langer Hand geplanten und vorbereiteten Tat das heimtückische Vorgehen im Sinne des § 211 Abs. 2 StGB auch gerade in den Vorkehrungen liegen kann, die der Täter ergreift, um eine günstige Gelegenheit zur Tötung zu schaffen, sofern diese bei der Ausführung der Tat noch fortwirken. Für die Erfüllung des Heimtückemerkmals ausreichend ist, dass der mit Tötungsvorsatz handelnde Täter das Tatopfer im Vorbereitungsstadium der Tat unter Ausnutzung von dessen Arglosigkeit in eine Lage aufgehobener oder stark eingeschränkter Abwehrmöglichkeiten bringt und die so geschaffene Lage bis zur Tatausführung ununterbrochen fortbesteht. Ob das Opfer zu Beginn des Tötungsangriffs noch arglos war, ist in diesen Sachverhaltskonstellationen ohne jede Bedeutung (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 11. November 2020 – 5 StR 124/20 Rn. 10 f.; Beschlüsse vom 26. März 2020 – 4 StR 134/19, aaO; vom 31. Juli 2018 – 5 StR 296/18, BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 42; vom 6. November 2014 – 4 StR 416/14, NStZ 2015, 31 ; Urteil vom 10. Februar 2010 – 2 StR 503/09, NStZ 2010, 450 ; Beschluss vom 6. Mai 2008 – 5 StR 92/08, BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 36; Urteile vom 1. Juni 1988 – 2 StR 168/88, BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 6; vom 4. Juli 1984 – 3 StR 199/84, BGHSt 32, 382 , 386 f.; vom 17. Januar 1968 – 2 StR 523/67, BGHSt 22, 77 ).

Für das in subjektiver Hinsicht für einen Heimtückemord erforderliche Ausnutzungsbewusstsein genügt es schließlich, dass der Täter die die Heimtücke begründenden Umstände in dem Sinne in ihrer Bedeutung für die Tatausführung erfasst hat, dass ihm bewusst geworden ist, einen durch seine Ahnungslosigkeit gegenüber dem Angriff schutzlosen Menschen zu überraschen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 18. Juni 2020 – 4 StR 482/19, NStZ 2020, 602 Rn. 53; vom 14. Juni 2017 – 2 StR 10/17, aaO).

2. Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe halten die Erwägungen der Strafkammer zur Ablehnung des Mordmerkmals der Heimtücke einer rechtlichen Prüfung nicht stand.

a) Soweit das Landgericht die Arglosigkeit des Tatopfers verneint hat, weil L. B. nach den getroffenen Feststellungen möglicherweise bereits vor dem ersten mit Tötungsabsicht abgegebenen Schuss mit einem gewalttätigen Vorgehen des Angeklagten gegen sie rechnete, liegt den Ausführungen ein zu enges Verständnis des Mordmerkmals der Heimtücke zugrunde. Die Strafkammer hat bei ihren Überlegungen vielmehr übersehen, dass die für eine heimtückische Tötung erforderliche Arglosigkeit des Opfers in Fällen, in denen der mit Tötungsvorsatz handelnde Täter das ahnungslose Opfer planmäßig in eine bis zur Tatbegehung fortbestehende Lage zumindest stark eingeschränkter Abwehrmöglichkeiten gebracht hat, nicht dadurch in Frage gestellt wird, dass das Opfer die ihm drohende Gefahr noch vor Beginn des eigentlichen Tötungsangriffs erkennt. Die Strafkammer hätte sich daher näher mit der Frage befassen müssen, ob der bereits am 4. März 2019 bedingt gefasste Tatplan des Angeklagten darauf abzielte, seine ihn ahnungslos in seiner Wohnung aufsuchende Ehefrau im Falle des Scheiterns seiner Umstimmungsversuche noch in der Wohnung unter Ausnutzung ihrer wehrlosen Lage mit den bereitgelegen Schusswaffen zu töten (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Mai 2008 – 5 StR 92/08, BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 36). Ein solcher Tatplan liegt angesichts der getroffenen Feststellungen, wonach der bedingt zur Tötung entschlossene Angeklagte die geladenen Schusswaffen in der Erwartung, dass seine Ehefrau ihn in Bälde wieder besuchen werde, in der Flurkommode verwahrte, um sie bei Bedarf zur Hand zu haben und gegen seine Frau richten zu können, jedenfalls nicht fern. Für den Tattag hat das Landgericht zudem festgestellt, dass der Angeklagte vor dem abgesprochenen Besuch seiner Ehefrau mit der entscheidenden Konfrontation bei dieser Begegnung rechnete, er an seinem zuvor bedingt gefassten Tatentschluss festhielt und für dessen Ausführung die Waffen in greifbarer Nähe wusste. Dass sich die Strafkammer nicht davon hat überzeugen können, dass der Angeklagte das entscheidende Gespräch gezielt im Wohnzimmer der Wohnung herbeiführte, macht die Erörterung eines auf die Tötung innerhalb der Wohnung abzielenden Tatplans nicht entbehrlich.

b) Die Ausführungen des Landgerichts zum fehlenden Ausnutzungsbewusstsein des Angeklagten leiden an demselben Erörterungsmangel. Auch bei der Prüfung, ob der Angeklagte die Arg- und Wehrlosigkeit des Tatopfers bewusst zur Tötung ausnutzte, hätte die Strafkammer in ihre Überlegungen mit einbeziehen müssen, ob der Tatplan des Angeklagten gerade dahin ging, seine ihn ahnungslos aufsuchende Ehefrau unter Ausnutzung ihrer wehrlosen Situation in der Wohnung mit den bereitgelegten schussbereiten Pistolen zu töten.

c) Schließlich begegnet die Begründung, mit der das Landgericht eine Wehrlosigkeit des Tatopfers verneint hat, durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Denn die tatsächliche Annahme der Strafkammer, das Tatopfer habe bei dem Zusammentreffen mit dem Angeklagten im Bereich der Wohnzimmertür vor dem ersten mit Tötungsabsicht abgegebenen Schuss noch die Möglichkeit gehabt, den Angeklagten durch eine kurze Bemerkung umzustimmen, beruht auf einer Beweiswürdigung, die sich unter Berücksichtigung des eingeschränkten revisionsrechtlichen Prüfungsmaßstabs (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 7. Juni 1979 – 4 StR 441/78, BGHSt 29, 18 , 20 ff. mwN; Franke in Löwe/ Rosenberg, StPO , 26. Aufl., § 337 Rn. 117 ff. mwN) als nicht tragfähig erweist. Einen der revisionsgerichtlichen Kontrolle unterliegenden Rechtsfehler weist eine Beweiswürdigung unter anderem dann auf, wenn der Tatrichter an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit überspannte Anforderungen stellt, indem er mit Blick auf den Zweifelssatz zugunsten des Angeklagten von Annahmen ausgeht, für deren Vorliegen das Beweisergebnis keine konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte erbracht hat (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 26. April 2018 – 4 StR 364/17 Rn. 8; vom 21. November 2017 – 1 StR 261/17 Rn. 20; vom 29. September 2016 – 4 StR 320/16, NStZ-RR 2016, 380 , 381; vom 12. Februar 2015 – 4 StR 420/14, NStZ-RR 2015, 148 ). So liegt der Fall hier. Dafür, dass zwischen dem Zusammentreffen im Bereich der Wohnzimmertür und dem ersten mit Tötungsabsicht abgefeuerten Schuss eine zeitliche Zäsur lag, die es dem Tatopfer ermöglicht hätte, erfolgversprechend verbal auf den Angeklagten einzuwirken, um ihn von seinem Tötungsvorhaben abzubringen, bietet das in dem angefochtenen Urteil mitgeteilte Beweisergebnis keinerlei tatsächliche Grundlage. Insbesondere gibt die vom Landgericht als glaubhaft gewertete Schilderung des Angeklagten in seiner noch in der Tatnacht durchgeführten polizeilichen Vernehmung, wonach er mit den aus dem Sideboard im Flur geholten Pistolen in das Wohnzimmer zurückgekehrt sei und seiner ihm entgegenkommenden Ehefrau die Kleinkaliberpistole vor ihren Kopf auf die Stirn gehalten und zweimal abgedrückt habe, für eine solche zeitliche Unterbrechung des Handlungsablaufs keinen Anhalt.“

Mord I: Durch Tötung Versorgung in der JVA angestrebt, oder: Mord aus Habgier?

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Heute dann StGB, und zwar drei Entscheidungen zum Mord (§  211 StGB).

Ich beginne mit dem BGH, Beschl. v. 19.05.2020 – 4 StR 140/20. Der ist schon etwas älter, ich habe ihn leider immer wieder übersehen. In dem Beschluss befasst sich der BGH mit der Frage beschäftigen, ob das Mordmerkmal der Habgier auch dann erfüllt ist, wenn ein Angeklagter eine schwere Straftat begeht, um eine staatliche Versorgung in einer JVA zu erhalten.

Das LG hatte das bejaht, der BGH hat sich dem angeschlossen:

„2. Das Landgericht hat das Mordmerkmal der Habgier zutreffend bejaht.

a) Habgier bedeutet ein Streben nach materiellen Gütern oder Vorteilen, das in seiner Hemmungslosigkeit und Rücksichtslosigkeit das erträgliche Maß weit übersteigt und das in der Regel durch eine ungehemmte triebhafte Eigensucht bestimmt ist (vgl. BGH, Urteile vom 22. Oktober 1957 . 1 StR 435/57, BGHSt 10, 399; vom 2. September 1980 . 1 StR 434/80, BGHSt 29, 317 ff.; und vom 22. Januar 1981 . 4 StR 480/80, NJW 1981, 932). Voraussetzung hierfür ist, dass sich das Vermögen des Täters . objektiv oder zumindest nach seiner Vorstellung . durch den Tod des Opfers unmittelbar vermehrt oder dass durch die Tat jedenfalls eine sonst nicht vorhandene Aussicht auf eine Vermögensvermehrung entsteht (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Februar 1993 . 1 StR 49/93, BGHR § 211 Abs. 2 Habgier 4).

b) Diese Voraussetzungen sind nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen erfüllt.

Nach dem Vorstellungsbild des Angeklagten war die Tatbegehung allein auf eine langfristige Versorgung durch eine staatliche Einrichtung und damit auf eine Verbesserung seiner Vermögenslage im Sinne eines rücksichtslosen Gewinnstrebens ausgerichtet. Der Annahme der Habgier stehen die mit der erstrebten Inhaftierung verbundenen persönlichen Einschränkungen des Angeklagten nicht entgegen, weil diese in seiner Vorstellung nur eine untergeordnete Rolle spielten und der angestrebte Vermögensvorteil für den Angeklagten das maßgebliche Tatmotiv war.

Für die Annahme einer Tötung aus Habgier ist ferner unerheblich, dass der erstrebte Vermögensvorteil nicht unmittelbar aus dem Vermögen des Opfers stammen sollte (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Februar 2004 . 5 StR 281/03). Ebenso steht einem Mordversuch aus Habgier nicht entgegen, dass der Angeklagte eine staatliche Versorgung auch auf legale Weise durch Beantragung von Sozialleistungen hätte erreichen können. Einen funktionalen Zusammenhang zwischen Tötung und Vermögensvermehrung in dem Sinne, dass der Angriff auf das Leben aus Sicht des Täters unerlässliches Mittel zur Zielerreichung ist, setzt das Mordmerkmal nicht voraus; entscheidend ist vielmehr die Motivation des Täters (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Januar 2004 . 2 StR 391/03, NStZ 2004, 441; MünchKommStGB/Schneider, 3. Aufl., § 211 Rn. 62; Safferling in Matt/ Renzikowski, StGB, 2. Aufl., § 211 Rn. 15).“

Verkehrsrecht I: Zweites BGH-Urteil im „Berliner Raser-Fall“, oder: Dritter Durchgang erforderlich

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Nach dem gestrigen „Pflichti-Tag“ heute dann ein Tag mit verkehrsrechtlichen Entscheidungen.

Zunächst weise ich in dem Zusammenhang – der Vollständigkeit halber – auf das BGH, Urt. v. 18.06.20220 – 4 StR 482/19 – hin.  Das ist die zweite Entscheidung des BGH im sog. Berliner Raserfall. Ich erinnere: Es geht um ein Autorennen im Februar 2016 in der Berliner Innenstadt. Dabei ist es auf dem Kudamm im Kreuzungsbereich mit einer anderen Straße zu einem Zusammenstoß mit dem Pkw eines andern Verkehrsteilnehmer gekommen, der noch an der Unfallstelle verstorben ist.

Das LG Berlin hatte nach einer ersten Hauptverhandlung wegen Mordes verurteilt. Der BGh hatte auf die Revision hin aufgehoben und zurückverwiesen. In der erneuten Hauptverhandlung ist dann wiederum eine Veurteilung wegen Mordes erfolgt. Dagegen dann nochmals die Revision.

Nun hat der BGH im Urt. v. 18.06.2020 die Revision des Angeklagte, der mit dem Fahrzeug des Getöteten zusammengestoßen ist, verworfen. Auf die Revision des anderen am Rennen Beteiligten, der ebenfalls wegen Mordes verurteilt war, hat er hingegen das Urteil aufgehoben und nochmals zurückverwiesen. Da das für BGHSt vorgesehene Urteil recht lang ist, will ich es hier nicht einstellen, sondern verweise auf den Volltext. Ich zitiere hier nur aus der PM 78/2020 des BGH:

„Die Revision des am Unfall unmittelbar beteiligten Angeklagten hat der Senat verworfen. Er hat bei diesem Angeklagten insbesondere den Schuldspruch wegen Mordes bestätigt und lediglich eine Schuldspruchkorrektur vorgenommen.

Das Landgericht hat maßgeblich aus der außergewöhnlichen Gefährlichkeit des Fahrverhaltens des Angeklagten und der damit einhergehenden und von ihm erkannten Unfallträchtigkeit auf die billigende Inkaufnahme eines schweren Verkehrsunfalls mit tödlichen Folgen für den Unfallgegner und damit auf ein bedingt vorsätzliches Handeln dieses Angeklagten geschlossen. Es ist dabei den hohen Anforderungen an die Prüfung der vorsatzkritischen Aspekte gerecht geworden, die dieser Fall in besonderem Maße aufwarf. Die Strafkammer hat insoweit insbesondere bedacht, dass schon wegen der mit einem Unfall verbundenen Eigengefährdung des Angeklagten das Tatbild von einem typischen vorsätzlichen Tötungsdelikt abwich. Auch mit dem Handlungsmotiv des Angeklagten, den Rennsieg davonzutragen, der durch einen Unfall zwangsläufig vereitelt würde, hat es sich ausreichend auseinandergesetzt.

Bei Prüfung der Eigengefahr als vorsatzkritischen Umstand hat das Landgericht zu Recht nur auf das tatsächlich eingetretene Unfallgeschehen abgestellt. Es hat tragfähig begründet, dass der Angeklagte diesen Unfallhergang als möglich erkannte, die hiervon ausgehende Gefahr für sich selbst aber als gering einschätzte und hinnahm. Der Senat hat unter diesen Umständen die Erörterung der Frage, ob dem Angeklagten, als er den Entschluss fasste, das Rennen trotz der erkannten Unfallgefahr fortzusetzen, auch andere Unfallszenarien mit einem möglicherweise für ihn höheren Gefahrenpotential vor Augen standen, für entbehrlich erachtet.

Auch dem Handlungsmotiv des Angeklagten, das Rennen zu gewinnen, hat das Landgericht mit tragfähiger Begründung keine vorsatzausschließende Bedeutung beigemessen. Es hat belegt, dass der Angeklagte erkannte, das Rennen nur bei maximaler Risikosteigerung auch für Dritte unter Zurückstellung aller Bedenken gewinnen zu können, und ihm deshalb die Folgen des bewusst hochriskanten Fahrverhaltens gleichgültig waren.

Auch die Bewertung der Tat als Mord ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Zwar weist die Beweiswürdigung des Landgerichts zur subjektiven Seite des Mordmerkmals der Tötung mit gemeingefährlichen Mitteln durchgreifende Rechtsfehler auf. Da das Landgericht die Mordmerkmale der Heimtücke und der Tötung aus niedrigen Beweggründen rechtsfehlerfrei bejaht hat, wirkt sich dies auf den Strafausspruch aber nicht aus.

Das Urteil gegen diesen Angeklagten ist damit rechtskräftig.

Auf die Revision des Mitangeklagten, dessen Fahrzeug nicht mit dem des Unfallopfers kollidierte, hat der Senat das Urteil, soweit es diesen Angeklagten betrifft, insgesamt aufgehoben. Die Verurteilung wegen mittäterschaftlich begangenen Mordes konnte keinen Bestand haben, weil die Beweiswürdigung des Landgerichts die Feststellung eines gemeinsamen, auf die Tötung eines Menschen gerichteten Tatentschlusses nicht trägt. Das Landgericht hat sich lediglich mit dem Vorsatz betreffend einen durch den Mitangeklagten selbst verursachten Unfall auseinandergesetzt. Nicht belegt ist die mittäterschaftliche Zurechnung der Tat des Unfallverursachers. Dass die Angeklagten – wie das Landgericht gemeint hat – während des Zufahrens auf die Kreuzung den auf das Straßenrennen ausgerichteten Tatplan konkludent auf die gemeinsame Tötung eines anderen Menschen erweiterten, liegt angesichts ihrer Fokussierung auf das Rennen auch fern.

Gegen diesen Angeklagten wird das Landgericht deshalb in einem dritten Rechtsgang nochmals zu verhandeln haben.“

Also: Dritter Durchgang

Mord III: Freiwilliger Rücktritt vom Mordversuch, oder: „Herr seiner Entschlüsse“ geblieben?

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In der dritten Entscheidung, dem BGH, Beschl. v. 14.01.2020 – 2 StR 284/19 – geht es schließlich um die Frage der Freiwilligkeit des Rücktritts von einem Mordversuch. Das LG hatte die Annahme von Freiwilligkeit abgelehnt. Das beanstandet der BGH:

„1. Der Schuldspruch wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit besonders schwerem räuberischen Diebstahl und gefährlicher Körperverletzung hat keinen Bestand, weil das Landgericht einen Rücktritt des Angeklagten von dem versuchten Tötungsdelikt nicht rechtsfehlerfrei ausgeschlossen hat.

a) Nach den Feststellungen des Landgerichts traf der Angeklagte am 26. Juli 2018 gegen 4.45 Uhr mit der Geschädigten Z. , derer er sich zu diesem Zeitpunkt gewaltsam bemächtigt hatte, um mit ihr . nach Ende ihrer Beziehung . zu reden und sie für sich zurückzugewinnen, auf den in einem Gebüsch schlafenden Geschädigten P. . Der Angeklagte führte in seiner rechten Hand ein Messer. Ihm kam die Idee, P. dessen Geld zu entwenden. Er zog dem schlafenden Geschädigten das Portemonnaie aus der Gesäßtasche und steckte es in seine Gürteltasche. Sodann durchsuchte er dessen Rucksack nach Stehlenswertem. Als er den Rucksack wieder auf den Boden legte, erwachte P. . Um sich den Besitz der Geldbörse zu sichern und die befürchtete Gegenwehr des Geschädigten im Keim zu ersticken, stach der Angeklagte unvermittelt viermal kraftvoll auf P. ein, wobei er dessen Tod zumindest billigend in Kauf nahm.

Der völlig überraschte Geschädigte sprang nach dem vierten Stich plötzlich auf und lief in Richtung einer nahegelegenen Böschung. Der Angeklagte setzte ihm etwa zwei bis drei Meter nach und versetzte ihm noch einen weiteren Stich in die linke Schulter. Es gelang dem Geschädigten, die Böschung zu einer Straße hochzulaufen. In dieser Situation ließ der Angeklagte von dem Geschädigten ab, weil er nicht gleichzeitig diesen weiterverfolgen und die Geschädigte Z. , der sein Interesse in erster Linie galt, überwachen konnte. Er entschloss sich daher, mit der Geschädigten Z. seinen Weg fortzusetzen und P. nicht weiter zu verfolgen. Der lebensgefährlich verletzte Geschädigte wurde kurz darauf von Passanten gefunden und gerettet.

Das Landgericht ist – rechtsfehlerfrei . von einem unbeendeten Tötungsversuch ausgegangen. Es hat einen strafbefreienden – freiwilligen . Rücktritt verneint, weil der Angeklagte „zwangsläufig und notgedrungen von dem Nebenkläger abgelassen (habe) …, um die Zeugin Z. weiter im Auge behalten zu können, ihr keine Fluchtmöglichkeit zu geben und um mit ihr zur Verfolgung seines angestrebten Ziels, sie zurückzugewinnen und für sich zu haben, den Weg fortzusetzen“. Damit habe er „nicht aus selbst gesetzten Motiven von der weiteren Tatbegehung Abstand genommen“. Zudem habe bei einer weiteren Verfolgung die Gefahr bestanden, entdeckt zu werden. Schließlich liege auch ein fehlgeschlagener Versuch vor.

b) Die Erwägungen des Schwurgerichts, mit denen es einen strafbefreienden Rücktritt vom Tötungsversuch abgelehnt hat, halten rechtlicher Prüfung nicht stand.

aa) Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 StGB kann der Täter eines versuchten Delikts durch die Aufgabe der weiteren Tatausführung strafbefreiend vom Versuch zurücktreten, wenn er freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt. Freiwilligkeit in diesem Sinne liegt vor, wenn der Täter „Herr seiner Entschlüsse“ geblieben ist und er die Ausführung seines Verbrechensplans noch für möglich hält, er also weder durch eine äußere Zwangslage daran gehindert, noch durch seelischen Druck unfähig geworden ist, die Tat zu vollbringen (st. Rspr.; vgl. etwa Senat, Beschluss vom 3. April 2014 – 2 StR 643/13, NStZ-RR 2014, 241; BGH, Urteile vom 28. September 2017 – 4 StR 282/17, juris Rn. 10; vom 10. April 2019 – 1 StR 646/18, juris Rn. 8, jeweils mwN). Erst wenn durch von außen kommende Ereignisse aus Sicht des Täters ein Hindernis geschaffen worden ist, das der Tatvollendung zwingend entgegensteht, ist er nicht mehr Herr seiner Entschlüsse und eine daraufhin erfolgte Abstandnahme von der weiteren Tatausführung als unfreiwillig anzusehen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 10. April 2019 – 1 StR 646/18, aaO).

bb) Hieran gemessen tragen die Feststellungen des Landgerichts den Ausschluss eines strafbefreienden, freiwilligen Rücktritts des Angeklagten nicht. Weder war er durch objektive Umstände noch aufgrund seiner psychischen Verfassung daran gehindert, dem bereits schwer verletzten Geschädigten weiter nachzusetzen und seine Tötungshandlung fortzusetzen. Dass dem Angeklagten die Weiterverfolgung des Geschädigten nicht möglich war, ohne die Geschädigte Z. , der sein vorrangiges Interesse galt, aus den Augen zu lassen, steht der Freiwilligkeit nicht entgegen. Denn die Freiwilligkeit des Rücktritts wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Angeklagte nicht aus einem sittlich billigenswerten Motiv von weiteren Angriffen auf sein Opfer absieht, sondern nur deshalb, weil er sein weiteres Opfer, nicht entkommen lassen will (vgl. Senat, Urteil vom 29. September 2004 – 2 StR 149/04, NStZ 2005, 150, 151). Die Abstandnahme von der weiteren Tatausführung erweist sich hier als das Ergebnis einer nüchternen Abwägung, bei der der Angeklagte Herr seiner Entschlüsse blieb.

cc) Einem Rücktritt steht auch nicht entgegen, dass der Angeklagte nicht die Durchführung seines gesamten strafrechtlich relevanten Vorhabens aufgab, sondern nur darauf verzichtete, den Geschädigten P. weiter zu verfolgen, und stattdessen seine Tat zum Nachteil der Geschädigten Z. fortsetzte. Zwar kann grundsätzlich nur derjenige strafbefreiend zurücktreten, der die Durchführung des kriminellen Entschlusses im Ganzen und endgültig aufgibt. Diese Erwägung betrifft aber stets nur den Entschluss, von der Vollendung eines bestimmten Verbrechens oder Vergehens im Sinne eines gesetzlich umschriebenen Straftatbestandes abzusehen (BGH, Urteil vom 13. Februar 1985 – 3 StR 481/84, BGHSt 33, 142, 144 f.; Senat, Beschluss vom 13. Januar 1988 – 2 StR 665/87, BGHSt 35, 184, 186 f.; vgl. auch BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2017 – 4 StR 539/17, juris Rn. 6; Beschluss vom 5. Juni 2019 – 1 StR 34/19, juris Rn. 18 f. mit Anm. Kudlich in JA 2020, 64, 66 und Anm. Schiemann in NJW 2019, 3662). Dementsprechend steht einem Rücktritt nicht entgegen, wenn der Täter den zunächst Geschädigten nicht weiterverfolgt, um sich einem anderen Opfer zuzuwenden, dessen Tötung er für vordringlich erachtet (vgl. Senat, Beschluss vom 13. Januar 1988 – 2 StR 665/87, aaO).

dd) Auch dass der Angeklagte mit der Flucht des P. sein weiterge- hendes, mit Blick auf den Tötungsversuch außertatbestandliches Ziel der Beutesicherung erreicht hatte, rechtfertigt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs weder die Annahme eines Fehlschlags noch der Unfreiwilligkeit (vgl. zur außertatbestandlichen Zielerreichung BGH, Beschluss vom 19. Mai 1993 – GSSt 1/93, BGHSt 39, 221, 230 ff.; Senat, Beschluss vom 26. Juni 2019 – 2 StR 110/19, NStZ-RR 2019, 271).

ee) Einem freiwilligen Rücktritt des Angeklagten vom Tötungsdelikt steht schließlich auch nicht die Feststellung der Strafkammer entgegen, dass dem Angeklagten die Gefahr drohte, bei der Verfolgung des P. entdeckt zu werden. Abgesehen davon, dass sich die Urteilsgründe nicht dazu verhalten, ob der Angeklagte die aus Sicht der Strafkammer bestehende objektive Gefahr der Entdeckung in sein Vorstellungsbild aufgenommen hatte, kann die Gefahr einer Entdeckung erst dann die Annahme einer Freiwilligkeit des Rücktritts hindern, wenn unvorhergesehene äußere Umstände dazu geführt haben, dass bei einem weiteren Handeln das Risiko, angezeigt oder bestraft zu werden, unvertretbar ansteigen würde (vgl. BGH, Urteile vom 22. Oktober 2013 – 5 StR 229/13, NStZ-RR 2014, 9, 10 und vom 28. September 2017 – 4 StR 282/17, StraFo 2018, 31 f. mwN). Allein die Erhöhung des Entdeckungsrisikos steht der Annahme der Freiwilligkeit im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 1 StGB nicht von vornherein entgegen, da der Täter in der Zeit bis zum Eintreffen von feststellungsbereiten Dritten noch ungehindert weitere Ausführungshandlungen vornehmen kann, ohne dass damit für ihn eine beträchtliche Risikoerhöhung verbunden sein muss (vgl. BGH, Beschluss vom 7. März 2018 – 1 StR 83/18, NStZ-RR 2018, 169, 170 mwN). Umstände, die die Vorstellung des Angeklagten belegen könnten, er sei von einer unvertretbaren Risikosteigerung im Falle einer Verfolgung des P. ausge- gangen, hat die Strafkammer indes nicht festgestellt.

ff) Da dem Angeklagten nach seiner Vorstellung die weitere Ausführung der Tötungshandlung möglich war, scheidet auch die Annahme eines Fehlschlags aus (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2018 – 4 StR 493/18, juris Rn. 7 mwN). Fehlgeschlagen ist ein Versuch erst dann, wenn dem Täter die Herbeiführung des Erfolgseintritts nach der letzten Ausführungshandlung im unmittelbaren Handlungsfortgang und mit naheliegenden Mitteln objektiv nicht mehr möglich ist und er dies erkennt, oder wenn er den Erfolg subjektiv nicht mehr für möglich hält (BGH, Beschluss vom 19. Mai 1993 – GSSt 1/93, BGHSt 39, 221, 228). Entgegen der Ansicht des Landgerichts kann der Tatplan des Angeklagten für die Annahme eines Fehlschlags nur insoweit eine Rolle spielen, als der Täter nach dem Scheitern seiner bisherigen Bemühungen die Notwendigkeit erkennt, Tathandlung und -ablauf grundlegend zu ändern oder ein ganz anderes als das bisher verwendete Tatmittel einzusetzen (BGH, Beschluss vom 23. Juli 2013 – 3 StR 205/13, juris Rn. 7). Der Angeklagte hatte jedoch nach seiner Vorstellung die Möglichkeit, P. nachzusetzen, um diesem weitere Messerstiche zuzu- fügen.

c) Der aufgezeigte Rechtsfehler bedingt die Aufhebung des an sich rechtsfehlerfreien Schuldspruchs wegen des tateinheitlich verwirklichten besonders schweren räuberischen Diebstahls in weiterer Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung.“