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Rückforderung des Rechtsschutzversicherers – „venire contra factum proprium“

Werden die Rechtsschutzversicherer nicht gerne gelesen haben, was das LG Wuppertal ihnen in LG Wuppertal, Urt. v. 26.07.2011 – 16 S 10/11 ins Stammbuch geschrieben hat.

Danach gilt: Wird von der Rechtsschutzversicherung eine Gebühr, über deren Voraussetzungen in Rechtsprechung und Literatur Streit besteht, ohne Vorbehalt gezahlt, dann kann sich die RSV nach einer streitentscheidenden höchstrichterlichen Entscheidung nicht darauf berufen, es sei zu Unrecht gezahlt worden. Mit einem Rückforderungsbegehren verhält sie sich dann widersprüchlich und setzt sich in Widerspruch zu ihrem bisherigen Verhalten.

In der Sache ging es um den unseligen Streit um das Entstehen der Nr. 4141 VV RVG, wenn ein Strafverfahren eingestellt und das Verfahren an die Verwaltungsbehörde abgegeben wird. Der BGH hatte in den Fällen gegen die gesamte h.M. entschieden, was die RSV wohl überrascht hatte. Da wollte man sich das Geld dann schnell wiederholen. Das hat das LG Wuppertal zutreffend abgelehnt.

Aber vielleicht tröstet es die RSV:  Die dem Verfahren zugrunde liegende Streitfrage, ob in vergleichbaren Konstellationen die Nr. 4141 VV RVG entsteht oder nicht, hat sich die für die Zukunft wohl erledigt. Der Referentenentwurf für das 2. KostRMoG sieht vor, dass in Nr. 4141 VV RVG eine Klarstellung dahin erfolgt, dass die Nr. 4141 VV RVG auch in diesen Fällen anfällt.

Erfreuliches aus Wuppertal: SV-Kosten bleiben bei der Staatskasse.

Manchmal gibt es ja auch Erfreuliches zu berichten. So z.B. über einen Beschluss des LG Wuppertal (Beschl. v. 25.11.2009 – 26 Qs 309/09). Es geht um ein OWi-Verfahren, in dem dem Betroffenen eine Geschwindigkeitsüberschreitung zur Last gelegt wird. Der Betroffene bestreitet die Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung, es wird ein SV-Gutachten eingeholt, das den Betroffenen bestätigt und man folgt dem Sachverständigen mit der Folge, dass die vorwerfbare Geschwindigkeitsüberschreitung unter 21 km/h liegt. Der Betroffene wird verurteilt und beantragt dann, die Kosten des SV nicht tragen zu müssen. Das LG gibt ihm Recht, und zwar wie folgt:

„Gemäß §§ 46 Abs. 2 OWiG, 465 Abs. 2 StPO sind mit Untersuchungen verbundene besondere Auslagen und die in diesem Zusammenhang entstandenen notwendigen Auslagen des Betroffenen ganz oder teilweise der Staatskasse aufzuerlegen, wenn sie zu seinen Gunsten ausgefallen sind und es unbillig wäre, ihn mit diesen Kosten zu belasten.

Dies ist hier hinsichtlich des auf Antrag des Betroffenen eingeholten Sachverständigengutachtens der Fall.

Der Betroffene hat sich nicht grundsätzlich gegen den Tatvorwurf gewehrt, sondern geltend gemacht, die Geschwindigkeitsmessung sei wegen einer Schrägfahrt um mindestens 2 km/h zu hoch ausgefallen, so dass ihm maximal eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 19 km/h vorgeworfen werden könne.

Das auf seinen Antrag hin eingeholte Sachverständigengutachten hat seine Darstellung bestätigt. Dem ist das Gericht in seiner Entscheidung gefolgt.

Bei dieser Sachlage wäre es unbillig, ihn gleichwohl mit den in diesem Zusammenhang entstandenen erheblichen besonderen Auslagen zu belasten, denn sie sind nur deshalb entstanden, weil dem Betroffenen letztlich zu Unrecht eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 21 km/h vorgeworfen worden ist.“

Schöne Entscheidung, die zur Nachahmung herausfordert.