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Unfallflucht, oder: Der Beschuldigte muss nicht schlauer als die Polizei sein…

entnommen wikimedia.org Urheber Opihuck

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Einer der Regelfälle des § 69 StGB ist nach Abs. 2 Nr. 3 die Entziehung der Fahrerlaubnis in dne Fällen des unerlaubten Entfernens vom Unfallort nach einem Unfall mit einem bedeutenden Sachschaden. Bei der Problematik spielen häufig zwei Fragen eine Rolle: Nämlcih einmal die Wertgrenze für den bedeutenden Schaden und dann dass der unfallflüchtige Beschuldigte von der unfallbedingten Verursachung eines bedeutenden Schadens wusste oder vorwerfbar nicht wusste. Das arbeitet der LG Krefeld, Beschl. v. 23.03.2016 – 21 Qs-13 Js 170/16-47/16 – noch einmal schön heraus:

Die Kammer kann allerdings derzeit nicht feststellen, dass auch die weiteren Voraussetzungen des §§ 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB erfüllt sind. Nach der genannten Norm ist nicht nur dringender Tatverdacht hinsichtlich einer Tat nach § 142 StGB erforderlich, sondern der Täter muss auch gewusst haben oder wissen können, dass bei dem Unfall an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist. Insoweit kommt eine Anwendung der genannten Norm nur in Betracht, wenn der Unfallflüchtige von der unfallbedingten Verursachung eines bedeutenden Schadens wusste oder vorwerfbar nicht wusste (LG Bonn DAR 1991, 35; LG Oldenburg ZfS 1981, 191). Allein aus der nachträglichen Feststellung eines bedeutenden Schadens ergibt sich nicht ohne weiteres, dass dieser auch der Höhe nach bei laienhafter Betrachtung erkennbar war (Fischer, StGB, 62. Auflage 2015, § 69 Rn. 27; AG Saalfeld DAR 2004, 168). Entscheidend ist vielmehr, dass der Unfallflüchtige die objektiven Umstände erkennen konnte, die die rechtliche Bewertung des Schadens als bedeutend begründen (OLG Naumburg NZV 1996, 204). Derzeit dürfte – in Anknüpfung an die Rechtsprechung zur Wertgrenze des § 315c StGB – ein Sachschaden ab 1.300,00 € als bedeutend i.S.v. § 69 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 2 StGB anzusehen sein (OLG Hamm NZV 2011, 356; OLG Hamburg ZfS 2007, 411; OLG Jena NStZ-RR 2005, 183; OLG Dresden NJW 2005, 2633). Die Kammer verkennt dabei nicht, dass in der Rechtsprechung mitunter auch andere Wertgrenzen vertreten werden (LG Frankfurt/Main NStZ-RR 2009, 215: 1.400,00 €; LG Hamburg DAR 2007, 660: 1.500,00 €; LG Berlin NZV 2006, 106: 1.100,00 €, LG Düsseldorf DAR 2003, 103: 1.250,00 €). Vorliegend weist das durch die Geschädigte vorgelegte Sachverständigengutachten zwar einen Schaden i.H.v. 1625,17 € EUR aus, dass die Erheblichkeit dieses Schadens für die Beschuldigte auch erkennbar war, ist indessen nicht hinreichend sicher feststellbar. Auf den vom Fahrzeug des Geschädigten gefertigten Lichtbildern, ist zwar eine Beschädigung, insbesondere am Kotflügel erkennbar, als erheblich oder gravierend stellt sich diese Beschädigung indessen nicht da. Sie lässt eher auf einen nicht bedeutenden Streifschaden schließen. Dies gilt besonders vor dem Hintergrund, dass zum Tatzeitpunkt Dunkelheit herrschte.

Dieses Ergebnis wird hierbei weiter dadurch gestützt, dass auch die eingesetzten Polizeibeamten von einem Schaden von nicht mehr als 700 EUR ausgingen.“

Der Beschluss zeigt: Die Einschätzung der Schadenshöhe durch die den Unfall aufnehmenden Polizeibeamten kann als von (mit)entscheidender Bedeutung sein. Denn, warum soll der Beschuldigte schlauer als die Polizei sein?