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Teilkaskoversicherung: Schadensersatz gibts auch bei nicht aufklärbarer „Stehlrichtung“

Diebstahl.pngOb im Fall einer Beschädigung eines Fahrzeuges aufgrund eines Einbruches mit nicht aufklärbarer Stehlrichtung des Täters ein Anspruch aus einer Teilkaskoversicherung besteht, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Die Frage musste jetzt das LG Frankfurt/Oder im LG Frankfurt/Oder, Urt. v. 11.01.2016 – 16 S 98/15 – entscheiden. Da war das Kfz des Klägers, das bei der Bekl teilkaskoversichert war, aufgebrochen worden. Aus ihm waren nur zwei USB-Sticks entwendet worden. Der Kläger hatte den Teilkaskoversicherer wegen der bei dem Einbruch entstandenen Kfz-Schäden von knapp 1.000 € in Anspruch genommen. Das AG hat die Klage abgewiesen, da nicht festzustellen sei, dass der Täter das Kfz selbst oder mitversicherte Teile habe entwenden wollen. Der Kläger vertrat die Ansicht, dass es ausreiche, wenn der Täter bei dem Einbruch beabsichtigt habe, überhaupt etwas Stehlenswertes mitzunehmen und ist in die Berufung gegangen. Er hatte Erfolg:

„Ob in einem solchen Fall einer Beschädigung eines Fahrzeuges aufgrund eines Einbruches mit nicht aufklärbarer Stehlrichtung des Täters ein Anspruch aus einer Teilkaskoversicherung besteht, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass kein Versicherungsfall in der Teilkaskoversicherung anzunehmen sei, wenn bei einem als solchen feststehenden Einbruch offen bleibe, ob die Entwendung versicherter oder nicht versicherter Objekte bezweckt war (OLG Köln, Urteil vom 25.10.1994 – VersR 1995, 1995, 1350) allerdings für einen Fall, in dem alles dafür sprach, dass eine nicht versicherte Geldkassette aus einem Imbisswagen entwendet werden sollte; ebenso Krischer in: Müchner Kommentar zum VVG, 2011, KraftfahrtV Rn. 187). Demgegenüber wird vertreten, dass der Bedingungswortlaut der AKB 2008 nicht hinreichend deutlich mache, dass Diebstahls- und Schutzobjekt identisch sein müssten. Die danach gebotene kundenfreundliche Auslegung der AKB gebiete es daher, auch Schäden am Fahrzeug beim Diebstahl von nicht versichertem Gepäck abzudecken (Blumberg, NZV 1997, 105; Knappmann in: Prölss/Martin, VVG 29. Auflage 2015, AKB 2008, A.2.2. Rn. 9; AG München NJW-RR 2010, 332; AG Essen SP 2000, 98). Eine vermittelnde Ansicht nimmt an, dass zumindest wenn von außen kein auffallendes Gepäckstück sichtbar sei, die Absicht, alles „Stehlenswerte“ mitzunehmen und damit auch versicherte Teile, unterstellt werden könne (LG Aurich, VersR 2010, 1178; ähnlich Stadler in: Stiefel/Maier, Kraftfahrtversicherungsrecht, 18. Auflage 2010, AKB A N. 2.2. Rn. 75).

Die Kammer schließt sich der zuletzt genannten Auffassung an, so dass es einer Entscheidung zu einer den Wortlaut erweiternden Auslegung der AKB 2008 nicht bedarf. Nur bei einem äußeren Schadensbild, das auf die ausschließliche Absicht der Mitnahme eines nicht versicherten Gegenstandes (z. B. von außen wahrnehmbare Gepäck- oder Kleidungsstücke) hindeutet, kann das Vorliegen eines Versicherungsfalles nicht angenommen werden. Bleibt nach dem äußeren Schadensbild aber offen, ob der Einbruch der Mitnahme von versicherten oder nicht versicherten Gegenständen gegolten hat, wäre es unangemessen dem Versicherungsnehmer die Beweislast dafür aufzubürden, dass die Entwendung versicherter Gegenstände beabsichtigt war. Zur Aufklärung der inneren Willensrichtung des Einbrechers bedürfte es der – im Regelfall und so auch vorliegend nicht erreichbaren – Aussage des Täters. Eine solche Beweislastverteilung zulasten des Versicherungsnehmers würde – wie im Falle des kaum zu führenden Nachweises des Diebstahles eines Fahrzeuges (vgl. hierzu Krischer, a. a. O., Rn. 188) – zu einer Entwertung des Versicherungsschutzes führen. Auch insoweit ist der Versicherungsvertrag so auszulegen, dass er eine von den Vertragsparteien nach der Interessenlage gewollte Beweiserleichterung für den Versicherungsnehmer beinhaltet (so die ständige Rechtsprechung des BGH zur Entwendung des Fahrzeuges selbst, vgl. BGH NJW-RR 2000, 315 m.w.N.).

Akteneinsicht im Bußgeldverfahren – Es gibt kein Urheberrecht

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Zu einem weinenden und einen lachenden Auge hat bei mir der LG Frankfurt/Oder, Beschl. v. 23.07.2012 – 23 Qs 54/12 geführt, der sich mal wieder mit der Akteneinsicht im Bußgeldverfahren befasst hat.

Warum ein weinendes Auge? Nun, das LG hat sich in der Frage der Zulässigkeit der Beschwerde der Fraktion in der Rechtsprechung angeschlossen, die davon ausgeht, dass der Zulässigkeit der Beschwerde gegen die Versagung der Akteneinsicht in noch nicht bei der Akte befindlichen Unterlagen (Bedienungsanleitung, Lebensakte und Beschilderungsplan) § 305 Satz 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG entgegen steht. Ist m.E. nicht richtig, aber muss man hinnehmen. Und es führt eben zu mehr Unruhe in der Hauptverhandlung durch Beweisanträge und/oder Aussetzungsanträge.

Warum ein lachendes Auge? Nun, das LG hat es mit den Ausführungen zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels nicht gut sein lassen, sondern hat sich trotz seiner Rechtsauffassung noch zu der Frage geäußert, inwieweit dem Betroffenen und seinem Verteidiger ein Akteneinsichtsrecht zusteht. Dabei bezieht es sich ua. auf die Entscheidungen des LG Ellwangen und des AG Hildesheim, über die, wenn ich das richtig sehe, wir hier zu erst berichtet hatten.

Dem Verteidiger des Betroffenen steht gemäß § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 147 StPO ein Akteneinsichtsrecht zu, das alle Akten und Aktenteile umfasst, auf die der Schuldvorwurf in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht gestützt wird, die zur Aufklärung des Sachverhaltes beitragen und die zur Begründung des Ausspruchs über die Rechtsfolgen herangezogen werden (vgl. Karlsruher Kommentar zum OWiG; 3. Aufl., Rdnr. 97 zu § 60).

 Dies dürfte insbesondere für den Beschilderungsplan den Tatort betreffend als auch für die Bedienungsanleitung des im vorliegenden Fall verwendeten Messgerätes gelten.

 Sofern sich Unterlagen, die für den Betroffenen belastend oder entlastend relevant sein können, nicht in den Ermittlungs- oder Sachakten, sondern in anderen Akten oder bei anderen Behörden befinden, müssen auch diese den Akten und damit allen Verfahrensbeteiligten zugänglich gemacht werden. Ansonsten könnte der Anspruch des Betroffenen auf rechtliches Gehör verletzt werden. Denn ohne Kenntnis von der Bedienungsanleitung des Messgerätes ist es dem Verteidiger unmöglich, den Polizeibeamten, der die betreffende Geschwindigkeitsmessung vorgenommen hat, als Zeugen zur ordnungsgemäßen Handhabung des Messgerätes zu befragen (vgl. LG Ellwangen in DAR 2011, 418 ff; LG Lübeck in DAR 2011, 713).

 Entsprechendes gilt für den Beschilderungsplan des Tatortes, aus dem sich die Aufstellung von Verkehrszeichen zur Tatzeit ersehen lässt und der damit erst eine korrekte Einordnung der Tatgeschehnisse ermöglicht.

 Da davon auszugehen ist, dass sich das Original der Bedienungsanleitung für das Messgerät bei der Verwaltungsbehörde — hier der Bußgeldstelle der Gemeinde Hoppegarten — befindet und dort im Hinblick auf andere Bußgeldverfahren auch verbleiben muss, dürfte aus Praktikabilitätsgründen die Beiziehung einer beglaubigten Kopie der Bedienungsanleitung ausreichend sein, die zur Akte genommen werden kann

 Hiergegen dürften auch keine durchgreifenden Bedenken urheberrechtlicher Art bestehen, denn die Bedienungsanleitung für das hier verwendete Messgerät beschreibt lediglich vorgegebene technische Zusammenhänge auf eine handwerklich definierbare Weise und ist keine eigenständige geistige Schöpfung ihres Autors (vgl. LG Ellwangen, a.a.O.). Darüber hinaus ist von einer zumindest konkludenten Einräumung entsprechender Nutzungsrechte durch den Hersteller mit dem Verkauf des Messgerätes an die Verwaltungsbehörde auszugehen (§ 31 Abs. 5 UrhG), da jedem Hersteller von solchen Geräten bekannt ist, dass die mit den Geräten durchgeführten Messungen Gegenstand von Verwaltungs- und Gerichtsverfahren sind und insofern der Prüfung — auch durch Einsichtnahme in die Bedienungsanleitung — unterliegen (vgl. AG Hildesheim in juris: Beschluss vom 29.12.2011 zum Az: 31 OWi 27/11).

 Über das Begehren des Verteidigers auf Beiziehung dieser Unterlagen, das als Anregung einer Beweisermittlung im weiteren Sinn verstanden werden kann, hat das Amtsgericht im Rahmen der Vorbereitung der Hauptverhandlung und der dort zu treffenden Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden (§ 219 StPO). Sollte der Anregung des Verteidigers vor der Hauptverhandlung nicht entsprochen werden, bleibt es diesem unbenommen, in der Hauptverhandlung einen entsprechenden Beweisantrag zu stellen.

Schöner Beschluss des LG. Natürlich gibt es auch noch andere, so den AG Schleiden, Beschl. v. 13.07.2012 – 13 OWi 92/12 (b) AG Aurich, Beschl. v. 06.07.2012 – 5 OWi 1647/12 . Das wollen wir hier nicht verschweigen.