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OWI II: Abstandsverstoß, oder: Länge der Messtrecke und Vorsatz

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Die zweite Entscheidung, das AG Landstuhl, Urt. v. 20.04.2021 – 2 OWi 1233/21 – hat einen Abstandsverstoß zum Gegenstand. Das AG geht von einenm Abstand von weniger als 3/10 des halben Tachowerts aus. Es nimmt zu zwei Fragen Stellung:

„Soweit der Betroffene die Kürze der gemessenen Strecke bemängelt hat, ist dies rechtlich irrelevant. Ein in der obergerichtlichen Rechtsprechung tatsächlich über einen gewissen Zeitraum diskutierter Streitpunkt war die Frage, über welchen Beobachtungszeitraum und welche gefahrene Strecke die Abstandsunterschreitung festzustellen war. Mal wurde bei einer Dauer von drei Sekunden eine Messstrecke von 150m für ausreichend erachtet (OLG Hamm NZV 2013, 203), mal von nur 140m (OLG Hamm NStZ-RR 2013, 318). Allerdings erfolgte dies stets unter der Einschränkung, dass es auf das Vorliegen einer „nicht nur ganz vorübergehenden“ Abstandsunterschreitung nur dann ankomme, wenn Verkehrssituationen in Frage stünden, wie etwa das plötzliche Abbremsen des Vorausfahrenden oder der abstandsverkürzende Spurwechsel eines dritten Fahrzeugs, die kurzzeitig zu einem sehr geringen Abstand führen, ohne dass dem Nachfahrenden allein deshalb eine schuldhafte Pflichtverletzung angelastet werden könne. Die Einschränkung der „nicht nur ganz vorübergehenden Abstandsunterschreitung“ ist dem Gesetz jedoch nicht zu entnehmen und auch die Rechtsprechung des BGH stellt bzgl. dieser Formulierung auf die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ab (BGHSt 22, 341; König in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, § 4 StVO, Rn. 22). Deshalb wurde schon vor einigen Jahren entschieden bzw. bekräftigt, dass tatbestandsmäßig im Sinne einer vorwerfbaren Abstandsunterschreitung gem. §§ 4 Abs. 1 S. 1, 49 Abs. 1 Nr. 4 StVO; § 24 StVG bereits handelt, wer zu irgendeinem  Zeitpunkt seiner Fahrt objektiv pflichtwidrig und subjektiv vorwerfbar den im einschlägigen Bußgeld-Tatbestand gewährten Abstand unterschreitet (OLG Hamm BeckRS 2015, 02211; OLG Koblenz ZfS 2016, 652; OLG Karlsruhe ZfS 2016, 531; OLG Oldenburg NZV 2018, 45). Der Tatrichter muss zwar den Betroffenen entlastende Umstände auch konkret ausschließen (OLG Hamm NZV 2013, 203; OLG Rostock NZV 2015, 405; OLG Karlsruhe ZfS 2016, 531). Denn ein plötzliches Abbremsen oder ein plötzlicher Spurwechsel würde die Pflichtwidrigkeit des Verstoßes entfallen lassen (OLG Stuttgart NZV 2008, 40). Ein solcher Ausschluss entlastender Umstände ist hier jedoch eindeutig gegeben. Die Feststellungen zu Verstoß und Ausnahmesituation können anhand der Videoprints für den Nahbereich sowie mittels des Messvideos für den Fernbereich erfolgen (OLG Hamm NZV 1994, 120). Die hier erfolgte Inaugenscheinnahme insbesondere des Messvideos hat keinerlei Sondersituation im Verkehrsgeschehen offenbart, sondern nur den beharrlich hinter dem vorausfahrenden Fahrzeug fahrenden Betroffenen.“

Und dann zum Vorsatz:

„Eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Nichteinhaltung des Mindestabstandes kann zwar in der Regel nicht allein mit dem Ausmaß der Abstandsunterschreitung begründet werden (OLG Bamberg BeckRS 2017, 127422). Ohne Vorliegen konkreter dagegen sprechender Anhaltspunkte muss jedoch – wie hier – davon ausgegangen werden, dass einem Fahrzeugführer das Unterschreiten des Sicherheitsabstandes jedenfalls dann bewusst gewesen ist und er dies zumindest billigend in Kauf genommen hat, wenn er über einen Zeitraum, in dem er den Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug bei gehöriger Aufmerksamkeit wahrnehmen, mittels der in der Fahrschülerausbildung üblicherweise gelehrten Methoden (2-Sekunden-Test für Außerortsverkehr, Anzahl der Fahrzeuglängen oder Anzahl der zwischen den Fahrzeugen befindlichen Leitpfosten) überprüfen und korrigieren konnte, bei nicht abnehmender Geschwindigkeit des vorausfahrenden Fahrzeugs lediglich einen Abstand von weniger als 3/10 des Tachowertes einhält, so dass ein Schätzfehler fernliegt und die Begründung von Fahrlässigkeit gleichsam rechtsfehlerfrei nicht mehr möglich wäre (OLG Karlsruhe BeckRS 2019, 24494; AG Helmstedt Urt. v. 17.12.2019 – 15 OWi 912 Js 57459/19). So liegt der Fall hier. Der Betroffene hat über einen Zeitraum von mehr als zwei Sekunden, denn auch insoweit ist der Fernbereich des Messvideos in die Würdigung mit einzubeziehen, mit nicht bemerkenswert variierendem Abstand zum Vorderfahrzeug ein Fahrverhalten an den Tag gelegt, das nur als bedingt vorsätzlich eingestuft werden kann. Er hätte hier problemlos und sei es nur durch moderate Verringerung der eigenen Geschwindigkeit, den gebotenen Abstand herbeiführen können, hat dies jedoch vorwerfbar unterlassen und dies auch billigend in Kauf genommen. Auch die vorhandene und zeitnah begangene Voreintragung zeigt, dass der Betroffene entgegen des Vortrags des Verteidigers sehr wohl zum Zwecke des schnelleren Fortkommens Verkehrsregeln missachtet, was wiederum eine indizielle Bestätigung für die Einschätzung des Fahrverhaltens als vorsätzlich erlaubt.“