Wer auf der Kirmes stürzt, kommt schnell in den Verdacht, dass er vielleicht „einen über den Durst getrunken“ hat. Aber: Das muss natürlich nicht sein. Ursache können vielmehr auch nicht genügend gegen Stolpern und Stürzen gesicherte Versorgungsleitungen der Kirmesfahrgeschäfte sein. Und daher stellt sich in den Fällen dann schnell die Frage, wie die zu verlegen sind/waren und ob ggf. die Verkehrssicherungspflicht verletzt ist. Dazu das OLG Hamm, Urt. v. 24.03.2015 – 9 U 114/14 – mit den Leitsätzen:
- Im Bereich eines Kirmesplatzes zur Versorgung der Fahrgeschäfte mit Strom und Wasser verlegte Leitungen sind so zu führen, dass das dem Besucher grundsätzlich bekannte bestehende Stolper- und Sturzrisiko durch eine sorgfältige Verlegung bzw Abdeckung der Leitungen möglichst minimiert wird.
- Diesen Anforderungen genügt es nicht, wenn die Versorgungsleitungen beliebig ohne erkennbare Streckenführung und ohne Sicherung gegen unbeabsichtigte Lageveränderungen lose verlegt werden.
- Haben mehrere Schausteller durch unsorgfältige Verlegung ihnen zuzuordnender Versorgungsleitungen jeweils ihre Verkehrssicherungspflichten verletzt, und lässt sich nicht feststellen, welche der unsachgemäß verlegten Leitungen nach Lageveränderung zum Sturz des Geschädigten geführt hat, lassen sich die bestehenden Urheberzweifel nach § 830 Abs. 1 S. 2 BGB überwinden.
Aber:
„Die Klägerin muss sich allerdings gem. § 254 Abs. 1 BGB ein mit 50% zu bemessendes Eigen- bzw. Mitverschulden entgegenhalten lassen.
Dass die Versorgungsleitungen im Jahre 2009 nicht ortsfest, fixiert oder abgedeckt verlegt waren, war der Klägerin als Anliegerin im Unfallzeitpunkt bekannt. Denn die Kirmes begann bereits am 18.09.2009, so dass der im Gegensatz zu den Vorjahren, in denen die Leitungen mit Kabelbindern zusammengefasst gewesen seien, unzureichende Verlegungszustand der Klägerin bereits seit einigen Tagen bekannt war. Einschränkungen der Sichtverhältnisse werden von der Klägerin für den Unfallzeitpunkt, 16:00 h am 20.09.2009, nicht behauptet. Aufgrund der Erfahrungen der zurückliegenden Tage hätte die Klägerin sich in besonderer Weise auch durch Blicke nach unten und zu beiden Seiten davon überzeugen müssen, ob sie gefahrlos den Gehsteig würde betreten können, oder ob ein oder mehrere im Bereich des Treppenabsatzes verlaufende Versorgungsleitungen ihren Laufweg kreuzten.“