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VR II: Urteilsfeststellungen beim Alleinrennen, oder: Wir wollen das Fahrverhalten des Täters kennen

Und im zweiten Posting dann gleich noch einmal etwas vom KG, nämlich der KG, Beschl. v. 01.03.2024 – 3 ORs 16/24 – 161 SRs 4/24 – zu den Urteilsfeststellungen bei „Alleinrennen“ (§ 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB). Mal wieder.

Das AG hat den Angeklagten wegen verbotenen Kraftfahrzeugrennens „mit fahrlässiger Gefährdung von Leib und Leben eines anderen Menschen oder fremder Sachen von bedeutendem Wert“  verurteilt. Zugleich hat es dem Angeklagten die Fahrerlaubnis entzogen, seinen Führerschein eingezogen und eine Sperre für die Wiedererteilung von sechs Monaten festgesetzt. Schließlich hat das Amtsgericht auch den bei der Tat verwendeten PKW VW Passat eingezogen.

Das AG hat festgestellt, dass der am 03.02.2023 auf einer Fahrstrecke von etwa zwei km Länge ein sogenanntes Einzelrennen durchgeführt und im Zusammenhang mit einem Spurwechsel einen anderen Verkehrsteilnehmer dazu veranlasst zu haben, bis zum Stillstand abzubremsen.

Die hiergegen gerichtete Sprungrevision des Angeklagten hatte mit der Sachrüge Erfolg. Das KG rügt unzureichende Feststellungen:

„1. Die Feststellungen erweisen nicht, dass der Angeklagte den Grundtatbestand des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB verwirklicht hat.

a) Nach dieser Regelung macht sich strafbar, wer sich im Straßenverkehr als Kraftfahrzeugführer mit nicht angepasster Geschwindigkeit und grob verkehrswidrig und rücksichtslos fortbewegt, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen. Bei der Anwendung des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB gilt, dass gerade dessen weite Fassung vor dem Hintergrund des Bestimmtheitsgebots (Art. 103 Abs. 2 GG) möglichst klar konturierte Feststellungen des für erwiesen erachteten Sachverhalts erfordert (vgl. Senat StraFo 2019, 342 = VRS 135, 267 = NZV 2019, 314 [m. zust. Anm. Quarch]; NJW 2019, 2788 m. Anm. Zopfs; DAR 2020, 149 = NZV 2020, 210; StV 2022, 29 [Volltext bei juris]). Vor dem Hintergrund der weiten gesetzlichen Formulierung dürfen sich Unschärfen bei der Sachverhaltsermittlung nicht einseitig zum Nachteil des Angeklagten auswirken (vgl. Senat StV 2022, 29 [Volltext bei juris]).

b) Die Urteilsfeststellungen leiden, wie dies bei ähnlichen Fallkonstellationen immer wieder vorkommt (vgl. Senat StV 2022, 29 [Volltext bei juris]), daran, dass sie zu weiten Teilen nicht das Fahrverhalten des Angeklagten darstellen, sondern dasjenige des verfolgenden Polizeifahrzeugs. Über dieses soll sich das Rechtsmittelgericht erschließen, welches Fahrverhalten dem Angeklagten zur Last fällt. Bei den Urteilsfeststellungen zu schildern ist aber nicht vorrangig das den Polizeibeamten zur Verfolgung abgenötigte Fahrverhalten, sondern dasjenige des (vorausfahrenden) Täters, welches das Tatgericht nach freier richterlicher Beweiswürdigung für tatbestandsmäßig hält. Hiervon hat sich zuvörderst der Tatrichter selbst ein Bild zu machen, das er im Urteil niederzulegen und dem Revisionsgericht zu vermitteln hat (vgl. Senat StV 2022, 29 [Volltext bei juris]).

Hier heißt es in den Urteilsfeststellungen, der Fahrer des Polizeifahrzeugs habe „stark beschleunigen“ müssen, „um zu dem PKW Passat aufzuholen, wobei der digitale Tachometer des Polizeifahrzeugs 87 km/h anzeigte“. „Trotzdem“, so heißt es weiter, „entfernte sich der PKW immer weiter“ (UA S. 3). Im gleichen Duktus heißt es später, die polizeilichen Zeugen seien dem Angeklagten weiter gefolgt, mit einer „abgelesenen Geschwindigkeit von 95 km/h“ bzw., dass „der Tachometer 85 km/h anzeigte“ (alles UA S. 3). Schließlich heißt es: „Die Polizeibeamten verfolgten den Angeklagten (…) mit einer Geschwindigkeit von 80 km/h“ (UA S. 4).  All diese Schilderungen betreffen das Fahrverhalten des Polizeifahrzeugs. Ersichtlich soll das Rechtsmittelgericht daraus Schlussfolgerungen in Bezug auf die Fahrweise des Angeklagten und die von diesem erzielte Geschwindigkeit ziehen. Diese Folgerungen auszuformulieren und sie – in der Beweiswürdigung – zu begründen, ist aber die ureigene Aufgabe des Tatgerichts. Wenn es, wie hier, unterschiedliche Möglichkeiten gibt, die Beweise zu würdigen, ist das Revisionsgericht weder befugt noch in der Lage, dies zu tun.

Hier bleibt unklar, welche vom Angeklagten tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit, die sowohl für den äußeren Tatbestand des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB als auch für die subjektiv erforderliche „Höchstgeschwindigkeitserzielungsabsicht“ zentral ist, das Tatgericht für erwiesen erachtet. Die Feststellung, der Tachometer des Polizeifahrzeugs sei digital, sagt nichts darüber aus, ob er geeicht war und ob das Amtsgericht einen Toleranzabzug vorgenommen hat. Dieser hätte bei einem geeichten Geschwindigkeitsmesser geringer ausfallen können als bei einem ungeeichten. Bei letzterem wird – zudem unter jedenfalls in Bezug auf Messstrecke und Abstand im Ansatz standardisierten Bedingungen – von der Rechtsprechung in Bußgeldsachen überwiegend 20% in Abzug gebracht (vgl. Senat DAR 2015, 99).

In diesem Zusammenhang gilt es nicht, einen Rechtssatz mit dem Inhalt zu formulieren, diese Grundsätze seien auf die Feststellung einer Straftat nach § 315d StGB ohne Abweichung zu übertragen. Vielmehr können in Bezug auf Geschwindigkeiten auch valide Schätzungen versierter – ggf. zur Verkehrsüberwachung eingesetzter – polizeilicher Zeugen erwartet werden (vgl. allg. BayObLG NZV 2001, 139; OLG Hamm NZV 1998, 169) und vom Tatgericht in freier richterlicher Beweiswürdigung sogar ohne Abschlag übernommen werden (vgl. Senat StV 2022, 29 [Volltext bei juris]). Aber die Urteilsfeststellungen müssen das Ergebnis dieser Überlegungen in Form der für erwiesen erachteten Geschwindigkeit mitteilen, und im Rahmen der Beweiswürdigung ist klarzustellen, ob ein Toleranzabzug vorgenommen wurde. Unterbleibt dies, bedarf es regelmäßig einer Erklärung.

Nicht bei den Feststellungen, sondern im Rahmen der Beweiswürdigung teilt das Amtsgericht mit, von welcher tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeit es ausgeht, nämlich „von bis zu 100 km/h auf einer Strecke von 2 km“ (UA S. 6 u.). Sollte es sich hierbei um eine zusätzliche Urteilsfeststellung handeln, so setzt sie sich in Widerspruch zu den zuvor getroffenen Feststellungen (UA S. 3 – 4), und zudem fehlt ihr eine tragende Beweiswürdigung. Zwar hat einer der polizeilichen Zeugen „von gefahrenen Geschwindigkeiten bis 100 km/h“ gesprochen (UA S. 5). Insoweit fehlt es aber, wie dargelegt, an einer Überprüfung der Validität. Insbesondere wäre mitzuteilen gewesen, ob die Geschwindigkeit mit einem geeichten Tachometer ermittelt und ob ein Toleranzabzug vorgenommen worden ist.“

Auch hier: Immer wieder.

Und bei der Segelanweisung bzw. dem Teil: Wir wollen die Sache nicht wieder sehen, führt das KG aus:

„2. Für den weiteren Verfahrensgang weist der Senat auf Folgendes hin:

a) Gegen die auf § 315f StGB gestützte Einziehung eines vom Täter bei der Tat geführten PKW ist im Grundsatz nichts zu erinnern. Allerdings wird das Amtsgericht zu beachten haben, dass es sich um eine Ermessensentscheidung handelt, die im Hinblick auf die Tat und die Persönlichkeit des Täters entsprechend zu begründen ist (vgl. hierzu NK-GVR/Quarch, a.a.O., § 315f StGB Rn. 1). Dies ist hier unterblieben. Das angefochtene Urteil erwähnt lediglich das Baujahr des Fahrzeugs (2011) (UA S. 7).

b) Die Einziehung hat den Charakter einer Nebenstrafe und stellt damit eine Strafzumessungsentscheidung dar. Wird dem Täter auf diese Weise ein Gegenstand von nicht unerheblichem Wert entzogen, so ist dies ein bestimmender Gesichtspunkt für die Bemessung der daneben zu verhängenden Strafe und insoweit im Wege einer Gesamtbetrachtung der den Täter treffenden Rechtsfolgen angemessen zu berücksichtigen (vgl. BGH NStZ 2020, 214). Sollte das Amtsgericht erneut zur Einziehung des vom Angeklagten geführten PKW gelangen, so wird es bei der Strafzumessung deutlich zu machen haben, dass es dies als bestimmenden Gesichtspunkt erkannt und berücksichtigt hat.

c) Schließlich ist auch fraglich, ob die bisherigen Feststellungen die Verurteilung wegen der Qualifikation des § 315d Abs. 2 StGB tragen. Die Anforderungen an die hierzu erforderliche konkrete Gefährdung entsprechen denjenigen des § 315b und § 315c StGB (vgl. NK-GVR/Quarch, 3. Aufl., § 315d StGB Rn. 13). Eine konkrete Gefährdung liegt vor, wenn die Tathandlung über die ihr innewohnende latente Gefährlichkeit hinaus in eine kritische Situation geführt hat, in der die Sicherheit einer bestimmten Person oder Sache so stark beeinträchtigt wurde, dass es nur noch vom Zufall abhing, ob das Rechtsgut verletzt wurde oder nicht. Notwendig ist die Feststellung eines „Beinahe-Unfalls“, also eines Geschehens, bei dem ein unbeteiligter Beobachter zu der Einschätzung gelangt, es sei „noch einmal gut gegangen“ (vgl. BGH NStZ 2023, 415).

Die hierzu im Urteil festgestellte Verkehrssituation ist wenig klar. Geschildert wird ein Fahrstreifenwechsel des Angeklagten, in dessen Folge sowohl dieser als auch ein anderer Fahrzeugführer bis zum Stillstand abbremsen mussten. Allerdings erschließt sich der Vorgang nicht gänzlich, zumal die Fahrzeuge des Angeklagten und des anderen Verkehrsteilnehmers offenbar nebeneinander zum Stehen kamen. Das auf diese Weise geschilderte Verkehrsgeschehen ist jedenfalls nicht ohne Weiteres als „Beinaheunfall“ einzustufen, zumal unklar bleibt, ob der andere Fahrer aus einer nicht ganz geringen Geschwindigkeit und zudem stark abbremsen musste. „

OWi I: Mal wieder elektronisches Gerät, oder: Erfüllen Digitalkameras die Voraussetzungen?

Bild von Hans Braxmeier auf Pixabay

Nach einem „Owi-Erholungstag“ dann heute noch einmal drei OWi-Entscheidungen.

Ich starte mit dem KG, Beschl. v. 09.11.2020 – 3 Ws (B) 262/20 –, mal wieder zu § 23 Abs. 1a StVO. Es geht um die Frage: Ist eine Digitalkamera ein elektronisches Gerät im Sinne des § 23 Abs.1a StVO? Das KG hat die Frage bejaht:

2. Auch die erhobene Sachrüge erfordert die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des sachlichen Rechts nicht, weil der vorliegende Einzelfall keine Veran-lassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch zu schließen; auch klärungsbedürftige Rechtsfragen sind nicht ersichtlich.

a)  Zwar ist eine „Elektro-Kamera mit Flachbildschirm und diversen Menu-Optionen“ (gemeint offenkundig: Digitalkamera), die der Betroffene ausweislich der Urteilsfest-stellungen während der Fahrt in der rechten Hand hielt und auf der er tippte, in § 23 Abs. 1a StVO nicht ausdrücklich aufgeführt. Sie ist jedoch sprachlich zwanglos als ein der Organisation dienendes elektronisches Gerät im Sinne von § 23 Abs.1a StVO zu erfassen.

Der Gesetzgeber hat mit Einführung der 53. Verordnung zur Änderung straßenrecht-licher Vorschriften vom 6. Oktober 2017 § 23 Abs.1a StVO grundlegend reformiert. Im Kern hat er das bisher geltende „Handyverbot“ auf sämtliche technische Geräte der Kommunikations-, Informations- und Unterhaltungselektronik ausgeweitet. So werden in Satz 2 des Absatzes 1a der Vorschrift konkrete Gerätearten aufgezählt.

In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist hinreichend geklärt und bedarf deshalb keiner (weiteren) Entscheidung durch den Senat, dass die Aufzählung in § 23 Abs.1a Satz 2 StVO lediglich Beispiele enthält und nicht abschließend ist (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 18. Juni 2019 – III-4 RBs 191/19 –, juris; Eggert in Frey-mann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, § 23 StVO Rn. 21; Will, NJW 2019, 1633 m.w.N.), wie schon die Formulierung „auch“ und „insbesondere“ deutlich macht. Mithin können neben den in Satz 2 genannten Geräten auch dort nicht ge-nannte elektronische Geräte, die der „Kommunikation, Information oder Organisati-on“ dienen oder zu dienen bestimmt sind (vgl. § 23 Abs. 1a Satz 1 StVO), unter die Verbotsnorm fallen (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 18. Juni 2019 a.a.O.; Fromm, MMR 2018, 68). Denn der Gesetzgeber hat einen technikoffenen Ansatz gewählt, um etwaige Neuentwicklungen ebenfalls erfassen zu können (vgl. BR-Drucksache 556/17, S. 27). Ergänzend bietet die in der Drucksache aufgenommene beispielhafte Aufzählung weiterer elektronischer Geräte (BR-Drucksache a.a.O.), z.B. Touch-screens, elektronische Terminplaner, Diktiergeräte, E-Book-Reader, MP3-Player, DVD-Player und Walkman, insoweit, begrenzt durch den Wortlaut der Vorschrift eine Verständnis- und Auslegungshilfe (vgl. Eggert a.a.O. § 23 Rn. 23; Fromm a.a.O.). Vor diesem Hintergrund hat z.B. das OLG Köln (vgl. Beschluss vom 5. Februar 2020 – 1 RBs 27/20 –) entschieden, dass auch eine Fernbedienung für ein stationäres Na-vigationsgerät, anders als Ladekabel oder eine sog. „Powerbank“ (dazu vgl. OLG Hamm DAR 2019, 632), ein elektronisches Gerät im Sinne der Norm darstellt.

Auch bei einer Digitalkamera handelt es sich um ein elektronisches Gerät im Sinne der Vorschrift, nämlich eine Kamera, die als Aufnahmemedium anstatt eines Films (Analogkamera) ein digitales Speichermedium verwendet und das Bild zuvor mittels eines elektronischen Bildwandlers (Bildsensor) digitalisiert (vgl. Wikipedia-Artikel „Di-gitalkamera“, zuletzt abgerufen am Entscheidungstag). Die Digitalkamera dient als Gerät der Unterhaltungselektronik nicht nur dazu, Fotografien anzufertigen, sondern auch dazu, Datensätze, nämlich einzelne, wieder aufrufbare und auf dem Display der Kamera abbildbare Fotos, zu speichern, über den Flachbildschirm wiederholt anzu-sehen und zu organisieren. Eben auch diesem Zweck dient die Menüführung der Kamera, deren Funktion damit über die eines reinen Fotoapparates hinausgeht. Nach Ordnungs- und Speicherfunktion sowie Bedienung ist die Digitalkamera ohne Weiteres einem elektronischen Terminplaner oder einem MP3-Player vergleichbar.

b) Obergerichtlich ist auch geklärt, welche Handlungen im Einzelnen die Voraussetzun-gen des § 23 Abs. 1a StVO erfüllen. So ist das bloße Aufnehmen oder Halten eines elektronischen Gerätes – ohne das Hinzutreten eines Benutzungselementes – nicht ausreichend, den Tatbestand des § 23 Abs. 1a StVO zu erfüllen (vgl. z.B. Senat, Beschluss vom 31. Juli 2020 – 3 Ws (B) 165/20 –; Beschluss vom 14. August 2019 – 3 Ws (B) 273/19 –, juris; OLG Hamm, Beschluss vom 28. Februar 2019 – III-4 RBs 30/19 –, juris; OLG Stuttgart, Beschluss vom 3. Januar 2019 – 2 Rb 24 Ss 1269/18 –, juris). Erforderlich ist vielmehr ein Zusammenhang des Aufnehmens oder Haltens mit einer der Bedienfunktionen des Gerätes, also mit seiner Bestimmung zur Kom-munikation, Information oder Organisation (vgl. König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht 45. Aufl., § 23 StVO Rn. 32).

Eine Benutzung des Gerätes ist bereits bei Ablesen der Uhrzeit oder des Ladezu-standes (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 7. Februar 2019, 3 Ss (OWi) 8/19, BeckRS 2019, 1556), bei Betätigung einer Taste zur bloßen Kontrolle der Funktionstüchtigkeit des Gerätes (vgl. Senat, Beschluss vom 14. Mai 2019 – 3 Ws (B) 160/19 –, juris), beim Aufnehmen eines Mobiltelefons während der Fahrt zum Auslesen einer gespei-cherten Telefonnummer (vgl. OLG Hamburg NZV 2016, 485) oder bei einer Handha-bung mit Bezug zu einer der Funktionstasten (vgl. OLG Hamburg NZV 2016 a.a.O.) gegeben. Der Feststellung, welche Bedienfunktion konkret genutzt worden ist, bedarf es nicht (vgl. Senat, Beschluss vom 14. August 2019 a.a.O.).

Damit lässt sich das vom Amtsgericht festgestellte Tippen auf der in der Hand gehal-tenen „Elektro-Kamera mit Flachbildschirm und diversen Menu-Optionen“ unter die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Nutzung von elektronischen Geräten im Sinne des § 23 Abs.1a StVO bereits aufgestellten Leitsätze subsumieren. Insbe-sondere ist eine Digitalkamera mit Flachbildschirm nicht einem reinen Taschenrech-ner vergleichbar, bei dem fraglich sein könnte, ob die bloße Eingabe einer Rechen-operation und deren anschließendes Ablesen einem Informationszweck im Sinne des § 23 Abs.1a StVO unterfällt (ablehnend OLG Oldenburg, Beschluss vom 25. Juni 2018 – 2 Ss (OWi) 175/18 –, juris; befürwortend OLG Hamm, Beschluss vom 18. Juni 2019 a.a.O.). Klärungsbedürftige Fragen bestehen deshalb im vorliegenden Fall nicht.

c) Die hier festgestellte Verkehrsordnungswidrigkeit ist am 19. November 2019 und damit vor dem Inkrafttreten der 54. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrecht-licher Vorschriften vom 20. April 2020 (BGBl. I 2020, 814) begangen worden, wes-halb es auf die geltend gemachte Nichtigkeit der Novelle wegen einer Verletzung des Zitiergebots nicht ankommt.
Soweit der Angeklagte möglicherweise außerdem geltend machen will, dass die durch das Amtsgericht angewendete StVO vom 6. März 2013 (BGBl. I 2013, S.367) nichtig sei, folgt der Senat dem nicht. Entgegen einer teilweise vertretenen Ansicht hält der Senat die erfolgte Bezugnahme in der Eingangsformel der Verordnung auf § 6 Abs. 1 Nr. 3 StVG mit den dort genannten Buchstaben für eindeutig. Eine Bezug-nahme auf den ersten Halbsatz des § 6 Abs. 1 Nr. 3 StVO erübrigt sich (vgl. Senat, Beschluss vom 20. Oktober 2020 – 3 Ws (B) 249/20 –; OLG Oldenburg, Beschluss vom 8. Oktober 2020 – 2 Ss (OWi) 230/20 –, juris).“